Tichys Einblick
Die CDU hat die Mitte verlassen

CDU und Linke in Thüringen: Die Regierung der Rentner

Thüringens Rentner haben die Regierung Ramelow gewählt und die CDU vor dem Absturz bewahrt. Bürger im aktiven Berufsleben, die Kinder erziehen und das Gros der Steuern entrichten, lehnen den Schwenk der CDU nach Grünlinks ab.

Mike Mohring und Bodo Ramelow

imago Images

ARD und ZDF haben mit der Linkspartei in Thüringen gemeinsam, dass sie im Grunde nur noch von den über Sechzigjährigen, besonders aber von den über Siebzigjährigen gewählt werden – auf der Fernbedienung oder auf dem Wahlschein.

So entschieden sich für die Linken, genauer für den Amtsinhaber Bodo Ramelow 41 % der Wähler ab 70 Jahren, und 38 % der Über-60-Jährigen. Es ist die Zielgruppe, die sich mehrheitlich noch brav von den Nachrichtensendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks informieren lässt. In dieser Hinsicht, könnte man spotten, haben die Öffentlich-Rechtlichen ihren Klassenauftrag erfüllt.

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Bei der CDU zeigt sich ein ähnliches Bild. Sie bekommt in den Altersklassen ab 60 die größte Zustimmung, nämlich 22 % bei den Über-60-Jährigen und bei den Über-70-Jährigen 26 % der Stimmen. Den niedrigsten Wert verbuchen sowohl die Linken als auch die CDU bei den 18- bis 24-Jährigen. Viel wichtiger ist aber, dass sowohl Linke als auch die CDU in Thüringen bei den 25- bis 59-Jährigen, bei denjenigen, die im Beruf stehen, die Hauptlast der Steuern und für ihre Familien, ihre Kinder die Verantwortung tragen, bei den Leistungsträgern der Gesellschaft also, die geringste Zustimmung erfahren. Über die Grünen muss man nicht schreiben, die spielen in Thüringen keine Rolle und werden dennoch weiterregieren zum Schaden der Natur, zum Schaden der Umwelt.

Interessant ist aber folgendes Ergebnis: Die AfD erreicht in der Altersklasse der 18- bis 24-Jährigen bereits die meisten Wähler und baut diesen Vorsprung bei den 25- bis 59-Jährigen sogar noch aus. Ein Drittel der 35- bis 44-Jährigen hat in Thüringen AfD gewählt. In dieser Altersklasse kommt die CDU nur auf 22 % und die Linke nur auf 23 % der Stimmen. Hinzu kommt, dass in dieser Altersgruppe die Linken und die CDU am stärksten von den Beamten und den Angestellten im öffentlichen Dienst gewählt werden, nicht von den Selbständigen. Anhand der Zahlen bekommt der von der AfD benutzte Begriff der „Altparteien“ noch eine ganz andere Bedeutung.

Die Zahlen ergeben folgendes Bild: Thüringens Rentner haben die Regierung Ramelow gewählt und die CDU vor dem Absturz bewahrt. Es ist indes keine Entscheidung für die Zukunft. Die AfD ist in der Mitte der Gesellschaft und zwar mehrheitlich bei den Leistungsträgern angekommen. Dazu paßt, dass auch die FDP bei den Jungen am häufigsten gewählt wurde – und bei den Rentnern am wenigsten Stimmen erhielt: In der Altersgruppe der 18 – 24jährigen wählten 13 % die Liberalen, bei den über 60- wie auch bei den über 70-Jährigen nur 3%. Offensichtlich haben der liberal-konservative Kurz der thüringischen FDP und das wirtschaftliche Leistungsversprechen verfangen; Leistungserbringer wählen anders als Leistungsempfänger.

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Genau hier liegt für die CDU der eigentliche Befund der Wahl und die strategische Aufgabe. Mit ihrer Wendung nach links hat die Merkel-Laschet-CDU zumindest im Osten die bürgerliche Mitte aufgegeben. Die Bürger, die im aktiven Berufsleben stehen, die Kinder erziehen, die das Gros der Steuern entrichten, lehnen den Schwenk der CDU nach Grünlinks ab. Sie sehen ihre Interessen nicht mehr von der CDU vertreten – und werden von der Regierungsbildung in Sachsen darin sogar noch bestätigt. Sachsen hat mehrheitlich bürgerlich und konservativ gewählt und bekommt aller Voraussicht nach, wenn es die grüne Basis nicht in letzter Sekunde noch verhindert, weil ihr der Koalitionsvertrag nicht grün genug ist, eine linksgrüne Regierung mit einem CDU-Ministerpräsidenten. Das erzeugt Enttäuschung auch über Sachsens Landesgrenzen hinaus.

Übrigens sehen die Zahlen nach Altersgruppen mutatis mutandis in Sachsen und Brandenburg ähnlich aus, nur dass in Brandenburg die SPD die Stelle der Linken einnimmt. Sowohl in Sachsen als auch in Brandenburg überflügelt die AfD bei den 35 bis 59 alten alle anderen Parteien.

In allen drei Bundesländern können nur in den Altersgruppen ab 60 Jahren aufwärts SPD, Linke und CDU die meisten Wähler für sich gewinnen. Demographisch reicht das noch, politisch, strategisch und demokratietheoretisch stellt das jedoch ein seriöses Problem dar.

Ramelows Wahlsieg in Thüringen darf als Ausnahmeerscheinung gelten und ist für die Perspektive der Linkspartei nicht typisch. Die Grünen spielen in Sachsen und in Thüringen im Wählerwillen keine Rolle, auch wenn sie wohl mitregieren werden. Die Bäume der Grünen wachsen in Brandenburg nicht in den Himmel. Ähnlich steht es mit der SPD in Sachsen und Thüringen. Die CDU trudelt in den Abwärtstrend und dürfte der SPD folgen, wenn sie sich nicht endlich als Partei der sozialen Marktwirtschaft, als Deutschlandpartei, als Partei der politischen Vernunft, als bürgerliche Partei, als eine Partei, die ihre drei Strömungen wieder ausbalanciert, versteht. Wenn die CDU beklagt, dass sich die bürgerliche Mitte auflöst, so hat sie zuvor die bürgerliche Mitte mit der Strategie der asymmetrischen Demobilisierung und ihrem Grünschwenk selbst aufgegeben.

In einem Wort: will die CDU Volkspartei bleiben, hat sie die Interessen der Bürger, die zwischen 25 und 59 Jahre alt sind, zu vertreten, denn von ihnen hängt es ab, wie es Deutschland geht.

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