Die Union hat nach dem 23. Februar ihre Wahlversprechen vergessen, in der Hoffnung, dass die Wähler es ihr gleichtun. Das überraschte nur ein wenig in der Radikalität, in der sie in die Wahlversprechensamnesie fiel. In den Koalitionsverhandlungen räumt die Union in nie gesehener Schamlosigkeit und im kalten Verrat an ihren Wählern alle Positionen der Mitte. Sie gibt die Mitte frei und begibt sich ins linke Lager. Fortan und für eine gewisse Zeit wird die Mitte keine politische Vertretung mehr haben. Der Wähler wird – wenn er weiter frei entscheiden kann – nur noch zwischen den Grünen und Linken auf der einen und der AfD auf der anderen Seite wählen können.
Die Sozialdemokratie ist keine Partei mehr, sondern nur noch Nostalgie, in der Praxis hüpft sie zwischen grünen und linken Inhalten, die sich teils überlappen, hin und her. Die Union ist vollauf damit beschäftigt, jede Kontur zu verwischen und ihre Rundungen noch runder zu machen. Es dämmert langsam – für manchen zu langsam, aber so verlaufen nun einmal politische Prozesse – immer mehr Bürgern, dass jede Stimme für die Union und auch für die (Un-) Freien Wähler eine Stimme für Rotgrün, für den Block der sich allein demokratisch nennenden Parteien ist.
Laut INSA wählten am nächsten Sonntag noch 26 Prozent die Union. Die AfD könnte 23 Prozent der Stimmen, die SPD 16 Prozent, die Grünen 12 Prozent und die Linke 10 Prozent erreichen. Das BSW läge bei fünf Prozent, die FDP bei drei Prozent. Die Zahlen im linken Lager sind stabil, ein Prozentpunkt für die eine Partei mehr bedeutet in der Regel ein Prozentpunkt für die andere Partei weniger. Gegen 38 Prozent Rotgrünrot stünden 49 Prozent Schwarzblau. Man kann davon ausgehen, dass die AfD die CDU in der Wählergunst überrundet hat, denn zieht man ca. sechs Prozent für die CSU ab, dann läge die CDU mit 20 Prozent bis maximal 21 Prozent inzwischen weit hinter der AfD mit 23 Prozent. YouGov hatte am 26. März ebenfalls 26 Prozent für die Union gemessen, aber 24 Prozent für die AfD. Über Allensbach muss man nicht ernsthaft reden.
Die CDU, aber auch die SPD bewahrt vor dem Absturz nur noch eine Wählerschaft jenseits der 60, die in einem wirklichkeitsentfremdeten Verhältnis den öffentlich zwangsfinanzierten, grünen Medien blind vertrauen. Sie halten die Propaganda der rotgrünaffinen Medien für die Wirklichkeit. Weil diese Medien, hinzu kommen noch ein paar Zeitungen, rotgrüne Weltsichten und -inhalte propagieren, wird Rotgrün geschützt und will Schwarzrot jetzt diese Medien, die ihre Weltsicht zur veröffentlichten Wirklichkeit erheben, um damit die wirkliche Wirklichkeit aus der Wahrnehmung zu verdrängen, mit Steuergeldern unterstützen, während man kritische Medien zensieren möchte. Schwarzrot will den Sektor der Staatsmedien vergrößern. Wo immer weniger überzeugt werden kann, sollen immer mehr überwältigt werden.
Doch die Unwirklichkeit eines Zustandes kann nur aufrechterhalten werden, wenn man die Wirklichkeit kriminalisiert. Übrigens kann man sogar bei Karl Marx nachlesen, dass die Forderung, die Illusionen über einen Zustand aufzugeben, die Forderung ist, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Das heißt, die Aufrechterhaltung des Brandmauerzustandes bedarf im Umkehrschluss der Illusionen, die nicht durch kritische Berichterstattung platzen dürfen. Dass in den Verhandlungen zwischen Union und SPD große Einigkeit auf zwei Feldern herrscht, in der Frage der Verschuldungsorgie und in der Frage der Zensur kritischer Medien nebst Einschränkung der Meinungsfreiheit, kann daher nicht verwundern. Verwundern sollte auch nicht, wenn demnächst auch Witze verboten werden, weil der Witz die zur Kunstform erhobene „Fake News“ an sich ist – freilich häufig zur Verdeutlichung der Verformungsbemühungen der Realität.
Was die Zahlen aber bis jetzt besagen, ist, dass die Berliner Republik fragil ist. Sie ist fragil, weil zunehmend Macht ersetzen soll, wo es an Legitimität mangelt. Die CDU jedenfalls hat ihre besten Tage hinter sich. Noch verschließt sie die Augen davor, dass sie in nicht allzu ferner Zukunft die 20-Prozent-Marke reißen wird.