Tichys Einblick
Erneut ein Kommunikationsversagen der CDU

Claudia Pechstein und der Ärger um ihren Auftritt in Uniform

Die Rede von Claudia Pechstein auf dem CDU-Grundsatzkonvent hat das eigentliche Anliegen des Parteitages medial in den Hintergrund gedrängt. Es ist dies nicht das erste Kommunikationsversagen, das die CDU mit ihrer mangelnden Weitsicht selbst verursacht.

IMAGO / IPON

Eine Sechseinhalb-Minuten-Rede der fünffachen Eisschnelllauf-Olympiasiegerin und vormaligen CDU-Bundestagskandidatin Claudia Pechstein (51) auf dem „CDU-Grundsatzkonvent“ vom 17. Juni in Berlin hat das eigentliche Anliegen dieses Parteitages medial und in den sozialen Netzwerken völlig in den Hintergrund gedrängt. Claudia Pechstein hatte in ihrer Rede vier Minuten lang über die Bedeutung des Vereinssports, das Ehrenamt und die bedenkliche Bewegungsarmut junger Leute gesprochen. Sie hat dabei geltend gemacht, dass gerade im Sport das Prinzip „Leistung lohnt sich“ gelte.

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Dann wandte Claudia Pechstein das Prinzip „Leistung“ mehr oder weniger direkt auf 300.000 unberechtigte Asylbewerber in Deutschland an. Pechstein kritisierte auch, dass sich viele Menschen im öffentlichen Leben, etwa in Verkehrsmitteln, nicht mehr sicher fühlen könnten. Schließlich forderte sie ihre Partei, die CDU, für die sie 2021 erfolglos für den Bundestag kandidiert hatte, auf, „Familienpartei“ zu sein. Wörtlich sagte sie, Kinder bräuchten Mama und Papa. Wenn die CDU das vernachlässige, sei sie nicht mehr Volkspartei.
Familien und Asyl für CDU-Spitzen bloße Nebensächlichkeiten?

CDU-Chef Friedrich Merz nannte Pechsteins Rede „brillant“. CDU-Vize Karin Prien sah das anders, sie rührte keine Hand zum Beifall, meinte zudem, die CDU solle keine Debatten um „Nebensächlichkeiten“ (!) führen. CDU-Quoten-Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magas polterte: „Thema verfehlt“. Allerdings drängt sich schon auch die Frage auf: Warum gibt es in der ersten und zweiten Reihe der CDU niemanden, der solche wahrlich nicht marginalen Probleme ausspricht?

In der Folge kaprizierte sich die veröffentlichte und die in den „sozialen“ Netzblasen lancierte Meinung auf die Frage, ob Claudia Pechstein diese Rede – was sie getan hatte – in der Uniform der Bundespolizistin als Polizeihauptmeister hätte halten dürfen. Schnell war denn auch der Vorwurf im Raum, dass Pechstein das Neutralitätsgebot verletzt habe. Die Bundespolizei selbst kündigte umgehend eine Prüfung des „Falles“ an. Fragen des Asylmissbrauchs und der Bedeutung der Familie waren damit vom Tisch gewischt.

CDU-Management hätte Frau Pechstein von der Uniform abraten müssen

Wir haben Rainer Wendt gefragt, den Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), wie er Pechsteins Auftritt in Uniform beurteilt. Wendt ist übrigens auch CDU-Mitglied. Wendt sagte gegenüber TE: „Frau Pechstein ist leider falsch beraten worden … Bei politischen Veranstaltungen geht das nun einmal nicht, weil nicht einmal der Eindruck entstehen darf, dass die Bundespolizei sich nicht an ihre Verpflichtung zur Neutralität halte. Die Vorschriften der Bundespolizei sind da eindeutig. Ob es aber auch zu disziplinarischen Konsequenzen führt, wie manche jetzt vorschnell schildern, wird die dienstrechtliche Untersuchung zeigen. Die Bundespolizei hat richtig und schnell reagiert und eine solche Untersuchung eingeleitet, die durchaus mehrere Wochen dauern kann.“

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Wendt fügte an: „Die Reaktion aus den politischen Parteien ist durchschaubar; manche wollen einfach vom Inhalt dessen, was Frau Pechstein gesagt hat, ablenken und beschäftigen sich deshalb lautstark mit der Uniformfrage. Frau Pechstein hat richtigerweise auf Versagen und Versäumnisse bei der Migrationspolitik und auf die Ängste vieler Menschen vor Gewalt im öffentlichen Raum hingewiesen, dazu sagen Ampelpolitiker kein Wort. Genau das aber war das Thema.“

Dass Claudia Pechstein in Uniform auftrat, ist übrigens auch ein Versagen des CDU-Managements. CDU-Chef Merz oder sein Generalsekretär hätten Frau Pechstein vom Tragen der Uniform abraten müssen, weil zu erwarten war, wie Pechsteins Uniform politisch instrumentalisiert würde und öffentlich den ganzen CDU-Konvent überschattete. Dass Claudia Pechstein Bundespolizistin ist, wusste ohnehin jeder bei diesem Konvent. Sie hätte in Zivil auftreten und sagen können: „Sie wissen, dass ich Bundespolizistin bin, aber das spielt hier keine Rolle. Ich spreche hier als CDU-Frau.“

Immer wieder produziert die CDU Kommunikationspannen

Es ist dies aber nicht die erste Kommunikationspanne, die sich die CDU mit ihrer Schläfrigkeit bzw. ihrer mangelnden Weitsicht selbst eingehandelt hat. Wir erinnern uns: Da gewinnt die CDU am Sonntag, 12. Februar, mit 28,2 Prozent eindeutig die Wiederholungswahl in Berlin und lässt SPD und Grüne (jeweils 18,4 Prozent) deutlich hinter sich. Aber was macht tags darauf der Bundesvorstand der CDU: Statt erst einmal den Erfolg medial auszukosten, verkündet sie ein Parteiausschlussverfahren gegen Hans-Georg Maaßen. Medial dominierte schließlich – wie zu erwarten – dieses Thema. Will sagen: Oft ist dem CDU-Management nicht mehr zu helfen.


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