So nach und nach beglücken uns die Parteien mit ihren Wahlprogrammen für die
anstehende Bundestagswahl. Manche der arrivierten Parteien sind schon zu „Potte“ gekommen (etwa die SPD), andere haben einen Entwurf vorgelegt (GRÜNE).
Und die größte der (Noch-)Volksparteien, die CDU, in Bayern die CSU? Sie machen es ganz schlau. Sie entdecken „Gemeinsamkeiten“ – und die Basis. Anders als in früheren Jahren will die CSU neben dem gemeinsamen Wahlprogramm mit der Union keinen zusätzlichen „Bayern-Plan“ vorlegen. Aber das war der Stand im Februar 2021, als sich CSU-Mann Söder noch Hoffnungen auf die Kanzlerkandidatur machte. Mittlerweile heißt es aus der Ecke der CDU vorsichtiger: Mit einem Bayernplan wie 2017 rechne man in der CDU derzeit nicht. Damals, 2017, hatte sich die CSU in der Flüchtlingsfrage bewusst abgegrenzt und war unter dem damaligen Parteichef Seehofer auf Konfrontationskurs zu Angela Merkel gegangen.
Am 20. und 21. Juni 2021 nun wollen sich die Präsidien beider Parteien in Berlin treffen, um das gemeinsame Bundestagswahlprogramm zu erstellen. Grundsätze scheinen schon festgezurrt. Da fehlt nur noch der basisdemokratische Anstrich. Und der läuft bereits unter „Zusammenmachen“. Oder schleicht dort dahin.
Laschet lädt „Macherinnen und Macher“ zu 11 Thementischen
Das liest sich – offenbar weil man sich eine eigene Version in „leichter Sprache“ ersparen will – dann so: „Deutschland braucht einen Innovationsschub. Einen Neustart in mehreren Bereichen. Dafür haben Armin Laschet und die CDU neue Ideen entwickelt. Damit wir die Herausforderungen unseres Landes erfolgreich meistern. Und dafür braucht es auch Dich. Denn große Ziele erreicht man nur zusammen. Mach mit: Dein Deutschland. Deine Ideen.“ Und weiter: „Armin Laschet und die CDU laden Dich ein, Dich mit uns an den Tisch zu setzen. Bring Deine Ideen für Deutschlands Zukunft ein. Du willst selbst an unseren digitalen runden Tischen Platz nehmen und mit anderen diskutieren? Dann schick uns jetzt Deine Ideen. Bringen wir Deine und unsere Ideen zusammen. Was braucht es jetzt in Deutschland? Mach mit – legen wir gemeinsam die wichtigsten Zukunftsaufgaben für unser Land fest.“
Und da kommen sie auch schon im Kreis angeordnet, also ohne Priorisierung (wie man heute sagt) zum Vorschein, die 11 Thementische: Bürokratieabbau und Verwaltung, Bildung, Familie, Klima- und Umweltschutz, Wirtschaft und Arbeit, Innere Sicherheit, Bauen und Wohnen, Innovation und Forschung, Europa und Internationales, Stadt und Land, Gesundheit und soziale Absicherung.
Wir haben uns mal nur zwei Bereiche näher angeschaut: Erstens die „Innere Sicherheit“: Dort hat man schon mal vollmundig erklärt, worum es gehen soll. Um „Geltendes Recht konsequent durchsetzen, und zwar „in allen Bereichen und gegenüber allen, analog und digital“, um „Polizisten und andere Einsatzkräfte noch besser vor tätlichen Angriffen schützen“, um „Null Toleranz gegenüber organisierter Kriminalität und Clankriminalität“ und um „Gefahren im Cyberraum/Internet abwehren.“ Wenn das mal wieder keine hohlen Nüsse sind! Waren CDU/CSU nicht 16 Jahre in der Verantwortung?
Schauen wir uns zweitens den Thementisch „Europa und Internationales“ an: Hier heißen die vorweggenommenen Plädoyers: für eine „handlungsfähigere EU, in der Entscheidungen schneller, transparenter, effizienter und effektiver getroffen werden.“ Für eine „europäische Forschung, Innovation und Technologie“, für eine „europäische Außen- und Sicherheitspolitik.“ Für eine „kluge Außenpolitik“, was immer „klug“ heißt. Für eine Stärkung der Bündnisse und internationalen Organisationen sowie der Transatlantischen Partnerschaft mit den USA. Und: Für einen Ausbau und eine Modernisierung der „Instrumente unserer vernetzten Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik“. Die Bundeswehr ist den Unionisten nicht einmal ein eigenes Unterkapitel wert. Naja, nach 16 Jahren Verteidigungsministern der Union steht ja alles zum Besten! Von den Schulden der EU ist auch nicht die Rede, auch nicht von keiner Schuldenunion.
Soweit wenigstens strukturell in etwa im Bilde, machten wir uns auf, konstruktiv mitzuarbeiten. Wir haben mal testweise zwei Ideen eingegeben: „Ich möchte ein Verbot der Gender-Sprache in Schule, Hochschule und Kommunalverwaltung.“ Und: „Ich möchte ein eigenes Kapitel zur Bundeswehr.“
Man wird geduzt – wie bei Genossen und Freitagshüpfern
Die umgehende Antwort war umwerfend – wieder per „Du“, obwohl ich ausdrücklich geschrieben hatte, ich wolle nicht geduzt werden: „Großartig, dass Du eine konkrete Idee einbringen willst!“ „Super! Bitte beschreibe in ein paar Sätzen Deine Idee zum Thema „_____“. „Ausgezeichnet! Wenn Du möchtest, kannst Du hier noch einen Anhang mit uns teilen. (max. 10 MB) Alternativ kannst Du diesen Schritt auch überspringen!“ Ich habe den Schritt übersprungen, denn die Mühe, all meine TE-Beiträge zu den beiden von mir angesprochen Themen zu übermitteln, wollte ich mir ersparen. Würde der betriebseigene Kindergarten wohl gar nicht verstehen.
Aber es war des kindergärtnerischen Lobes noch nicht genug: „Hallo, herzlichen Dank. Deine Idee ist bei uns eingegangen. Momentan sammeln wir die Ideen aus ganz Deutschland. Die besten Ideen werden wir dann – hoffentlich auch mit Dir – an einem unserer runden Tische diskutieren. Wir melden uns! Dein Team aus dem Konrad-Adenauer-Haus.“ Und: „Vielen Dank! Deine Meinung zu den großen Zukunftsaufgaben ist bei uns angekommen. Wir freuen uns darauf, die Ergebnisse so bald wie möglich mit Dir zu teilen. Eine Frage hätten wir vorher noch an Dich: Kennst du jemanden, der uns seine Einschätzung auch unbedingt mitteilen sollte? Dann kannst Du den Themen-Barometer ganz einfach per Whatsapp nutzen. Mit herzlichen Grüßen – Dein Team aus dem Konrad Adenauer Haus. „Manchmal gab es auch kein Lob, dann hieß es einfach: „Hoppla! Wir haben überall nachgesehen!
Leider konnte der angegebene Eintrag nicht gefunden werden, oder er wurde schon bestätigt.“
Man merkt: Während der CDU-Vorsitzende Laschet wenigstens die „Macherinnen“ und Macher“ siezt, scheint sich der Herr CDU-„General“ Ziemiak noch nicht so richtig von der Jungen Union, in der er Vorsitzender war, abgenabelt zu haben. Oder es hat bei ihm der infantile, distanzlose „Slang“ der Spezialdemokraten und der Grünen samt Friday-for-Future-Hüpfer abgefärbt. Nein, liebe Union, so nicht, wer sich mit Distanzlosigkeit und Puerelismus gemein macht, ist aus der Postadoleszenz in die Pubertät regrediert. Oder aber wir haben da etwas falsch verstanden: Am 26. September wird gar kein Bundestag gewählt, sondern ein Schülerparlament – am Ende mit einer übermotivierten „grünen“ Ex-Abiturientin als Kanzlerin.