Tichys Einblick
Zur Gewaltenteilung fehlt noch mehr

Ex-Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts für dessen besseren Schutz

Wo bleibt die Forderung der Gewaltenteilung, dass Berufspoliker als Verfassungsrichter ebenso unzulässig sein sollten wie die Bestellung von Verfassungsrichtern durch Politiker, Parteien und Parlamente?

dts

Die früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle und Hans-Jürgen Papier, wollen einen besseren Schutz von Grundgesetz und Verfassungsgericht: „Es ist dringend nötig, die Institution des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz weiter abzusichern“, sagte Papier dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Das Bundesverfassungsgericht ist schließlich eines der fünf Verfassungsorgane, seine grundlegenden Regelungen gehören ins Grundgesetz.“

Voßkuhle erklärte, es sei „kein Zufall“, dass weltweit Verfassungsgerichte unter Druck geraten. „Sie sind es, die die Machthaber bremsen, nach einem Wahlsieg das demokratische System umzubauen“, sagte er dem RND. „Auch wir sollten deshalb überlegen, unser Verfassungsgericht zusätzlich abzusichern“, so Voßkuhle. „Eine Reihe von Regelungen für das Gericht sind allein im Bundesverfassungsgerichtsgesetz enthalten, das man mit einfacher Mehrheit ändern kann.“

Auch Papier sieht das als Risiko. „Es besteht die Gefahr, dass das Verfassungsgericht dann grundlegend verändert wird“, warnte der emeritierte Professor. „Beispielsweise ist zur Besetzung des Gerichts im Grundgesetz wenig gesagt. Nicht einmal, dass seine Mitglieder ausnahmslos Juristen sein müssen und hauptamtlich tätig sind, nichts zur Zahl der Mitglieder, nichts zur Amtszeitbegrenzung und nichts zur Wiederwahl“, so Papier. „Eine einfache Mehrheit könnte das Gericht mit eigenen Leuten nach Änderung des Gesetzes fluten, könnte es weitgehend politisieren.“

Tja, Herr Papier, in diesem Statement vermisse ich an der Spitze Ihrer Monita, dass Berufspoliker als Verfassungsrichter ebenso unzulässig sein sollten wie die Bestellung von Verfassungsrichtern durch Politiker, Parteien und Parlamente, also durch jene, deren Tun nicht zuletzt von Verfassungsrichtern überwacht und korrigiert werden muss. Eine unabhängige Justiz muss vom Souverän Bürger gewählt werden, ebenso wie die Ankläger statt der politisch weisungsgebundenen „Staatsanwälte“.


Aktueller Verfassungsgerichtspräsident ist seit 2020 Stephan Harbarth, sein direkter Vorgänger war von 2010 bis 2020 Andreas Voßkuhle. Er hatte von Hans-Jürgen Papier (2002-2010) übernommen, dessen Vorgängerin Jutta Limbach seit 1994 amtiert hatte und die 2016 verstorben ist. Am kommenden Donnerstag begehen die Vertreter der Verfassungsorgane in Berlin einen Staatsakt anlässlich des 75. Jahrestags der Ausrufung des Grundgesetzes.

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