Ende 2020 sorgte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff für einen Paukenschlag, indem er den neuen Rundfunkbeitrag nicht im Landtag zur Abstimmung stellte. Haseloff zog damit die Konsequenzen aus dem Widerstand seiner eigenen CDU-Fraktion gegen die geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrages um 86 Cent. Ostdeutschland sei nicht gut genug repräsentiert im Angebot der Öffentlich-Rechtlichen, kreideten CDUler in Magdeburg dem Rundfunk an – außerdem hatte man mit SPD und Grünen im Koalitionsvertrag „Beitragsstabilität“ vereinbart. So verhinderte Sachsen-Anhalt das Inkrafttreten der Beitragserhöhung, welches von der Zustimmung aller 16 Landtage abhängt. Dagegen zogen ARD, ZDF und Deutschlandfunk vor das Verfassungsgericht – mit Erfolg. Nun erzwingt Karlsruhe die Erhöhung des Rundfunkbeitrages auf 18,36 Euro.
Denn mit dem Urteil stärkt das Verfassungsgericht das Selbstverständnis der öffentlich-rechtlichen als Institution von Verfassungsrang – und definiert ihren Finanzbedarf als grundgesetzlichen Auftrag. Allein die KEF, die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, entscheidet jetzt, wieviel Sie monatlich an „Panorama“, „Fernsehgarten“ und „das Traumschiff“ abdrücken müssen. Jede Beitragserhöhung muss zwangsweise durch die Landtage mitgetragen werden, die Abstimmung darüber verkommt zu einer rein symbolischen, quasi einem Verwaltungsakt, das Ergebnis steht vorher fest. Das neue, sündhaft teure WDR-Funkhaus würde ab heute auf einem Fundament aus Grundgesetzen gebaut – der Gebührenrundfunk und seine Ansprüche stehen über dem Wählerwillen. Damit ist die letzte Entkoppelung der Sender von ihren Zuschauern gerichtlich bestätigt.
Das Urteil zur Beitragserhöhung fällte der umstrittene erste Senat des Bundesverfassungsgerichts, dem der ehemalige CDU-Politiker Stephan Harbarth vorsitzt. Das Gericht war wegen seiner fragwürdigen Urteile in letzter Zeit scharf kritisiert worden – so zum Beispiel das Abwatschen von Beschwerden gegen die Corona-Maßnahmen oder das weitreichende, sogenannte „Klima-Urteil“. Auf eine echte Entscheidung bezüglich der vielfach kritisierten „Bundesnotbremse“ wartet man indes schon lange. An der Aufgabe, die Regierung an die Gesetze zu binden, scheint man in Karlsruhe kein Interesse zu haben. Man versteht sich viel mehr als verlängerter Arm der Bundesregierung und will offenbar den Weg gehen, den die US-Demokraten schon seit langem für den US-Supreme Court vorsehen: Der linke Richter als unanfechtbarer König des Guten.