Dass Berlin in einer Sache mal besser agiert als andere, kann man sich im Kalender rot anstreichen. Doch es gibt sie, die seltenen Ausnahmen: nämlich bei den Konsequenzen aus der Skandal-Wahl 2021. Nun sollte man sein Lob vielleicht nicht zu früh ausschütten, denn ein abschließendes Urteil und eine offizielle Wahlwiederholung stehen noch nicht fest. Doch zumindest hat man kommuniziert, dass eine vollständige Wiederholung der Abgeordnetenhauswahlen in Aussicht steht.
Eng könnte es für Monika Grütters (CDU) in Reinickendorf und Stefan Gelbhaar (Grüne) in Pankow werden. Sie gewannen ihr Direktmandat mit nur wenigen Prozenten Vorsprung. Die viel entscheidendere Frage bleibt dagegen das Schicksal der Linkspartei. Sie schaffte es bei der letzten Bundestagswahl nur mit drei Direktmandaten ins deutsche Parlament – zwei davon kommen aus Berlin.
Dass diese Konstellation aber nicht wackeln wird, liegt weniger an dem guten Abschneiden der Linken und der damit angeblichen geringen Wahrscheinlichkeit des Wiedereinzugs in Parlament. Sie liegt vielmehr in der Verzögerungstaktik der Regierungsparteien. Denn auch wenn am Freitag der Wahlprüfungsausschuss am Freitag entscheidet, so wird die Causa Berlin nicht an einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht herumkommen. Die juristischen Mühlen mahlen langsam. In dem Fall rechnet man mit einer Wiederholung er Bundestagswahl in Berlin frühestens im Jahr 2024.
Ein solches Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts wird aber gerade durch den unausgegorenen Vorschlag der Ampel-Parteien provoziert. Die Oppositionsparteien haben deswegen angekündigt, den Entwurf nicht zu unterstützen. Patrick Schnieder, CDU-Obmann im Ausschuss, sagte, dass es eine Wiederholung in mindestens 1.200 Wahllokalen geben müsse. Es ginge der Ampel nicht um rechtliche, sondern parteipolitische Erwägungen, insbesondere FDP und Grüne bangten um ihre Mandate. Der Wahlprüfungsausschuss sei zu einem „politischen Basar“ verkommen. Freilich widersprechen die Ampelparteien diesen Vorwürfen.
Berlin wird damit wieder ein Stückchen diverser. Dieses Mal mit einem Hauch Thüringen. Zu einer angekündigten Auflösung des Landtags und einer Neuwahl kam es dort bekanntlich nie.