Im Grundgesetz (GG), das ja jetzt mehr oder weniger bemüht zum 75. Geburtstag gefeiert wird, steht in Artikel 3 (1): „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Das gilt damit auch für das nachgeordnete Strafgesetzbuch (StGB).
Sollte gelten! Die „Ampel“-Exponenten scheinen das anders zu sehen. Sie wollen diesen GG-Artikel mutmaßlich delegitimieren: mit einem Sonder-Strafrecht für Angriffe auf politische oder sonstige Exponenten oder auch mit besonders harten Strafen für bestimmte Straftaten bzw. Täter.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hat sich nun für letzteres stark gemacht. Beim „Demokratiefest“ im Kanzleramt sagt sie soeben: Die besoffenen Gröler von Sylt sollen die Höchststrafe bekommen. Was meint sie: Todesstrafe (die abgeschafft ist), „Lebenslang“ mit Sicherungsverwahrung, 15 Jahre oder „nur“ 5 Jahre für Volksverhetzung laut § 130 Strafgesetzbuch?
Nun ja, die protokollarisch „Zweite“ im Staat ist keine Juristin. Aber das sagt gar nichts, denn Parteigenossin und Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist immerhin und zumindest auf dem Papier Juristin. Wo ist der Unterschied?
Nein, es ist im wahrsten Sinn des Wortes verrückt, was dieses mediale und politische Deutschland derzeit aus einem besoffenen, gewiss widerlichen Gegröle auf Sylt macht. Keine ÖRR-Nachricht, die nicht damit beginnt! Kein „Sachverständiger“, der sich nicht vor Kamera und Mikro hat zerren lassen! Sind wir wieder so weit? Wie in „Potsdam“ im November 2023 oder gar wie in „Wannsee“ im Januar 1942?
Es sind monomanische Erregungsrituale, die über Deutschland mal wieder herunterprasseln. „Monomanisch“ heißt: rasend (manisch) auf ein einziges (mono) Thema fixiert. Klar, wenn man intellektuell und politisch sonst nichts zu bieten hat, ist ein solches Sauffest willkommen. Sollen damit Staatsschutz, Ermittlungsbehörden, Staatsanwälte und Richter schon einmal eingenordet werden? Sollen sie sofort wissen, was man von ihnen erwartet? Es zeugt jedenfalls von wenig Souveränität, wenn die Politik- und Medienschaffenden mal wieder unisono in ein orchestriertes Chorheulen einstimmen. Paralleluniversum eben!
Eigentlich sollte der Grundsatz gelten: In eine noch nicht einmal richtig ermittelte Tat oder in ein bei weitem noch nicht abgeschlossenes rechtsstaatliches Verfahren sollte niemand von außen eingreifen. Aber das zählt nicht in einem Land, in dem es mit der Gewaltenteilung ohnehin nicht mehr ganz so weit her ist.
In einem Land, in dem eine Kanzlerin 2020 aus dem fernen Südafrika die Wahl eines Thüringer Ministerpräsidenten für „unverzeihlich“ erklärt und eine Wiederholung der Wahl fordert. In einem Land, in dem Vergewaltiger und Mörder das Gericht nach einem Strafprozess auf freiem Fuß verlassen. In dem ein Mann, der die ÖRR-Zwangsgebühren nicht zahlen will, 181 Tage im Knast sitzt. In dem Islamisten ungestraft die Einführung eines Kalifats und der Scharia verlangen dürfen. In dem (inkl. EU-Kommission) Milliarden versaubeutelt werden. In dem ein propalästinensischer Mob straflos Israel den Tod wünschen und Israelfahnen verbrennen kann. Zweierlei Maß! Für das Rechts- und Unrechtsbewusstsein der Menschen ist das nicht gerade förderlich.
Das Strafgesetz hat gewiss einen „generalpräventiven“ Zweck. Wo aber greift dieser Zweck, wenn es ein Zwei-Klassen-Strafrecht gibt? Wenn es Opfer zweiter und erster Klasse, reziprok Täter erster und zwei Klasse gibt.
Zurück zur „Zweiten“ im Staate: Nun hat sie endlich ein zweites Mal eine Schlagzeile. Eine erste hatte sie mit der Einberufung eines „Bürgerrates“ zum umwerfenden Thema „Ernährung“. Jaja, diese Republik hatte in 75 Jahren ihres Bestehens bislang inkl. Bärbel Bas 14 Bundestagspräsidenten.
Darunter waren mindestens drei, die „Köpfe“ waren und – auch wenn es nicht immer allen gefiel – etwas zu sagen hatten, auch rhetorisch anspruchsvoll: Karl Carstens (1976 bis 1979), Norbert Lammert (2005 bis 2017), Wolfgang Schäuble (2017 bis 2021). Eine war darunter, die von 1988 bis 1998 meinte, zu allem etwas sagen zu müssen: Rita Süssmuth. Nun haben wir eine, die einfach mal etwas sagt.