Tichys Einblick
Wie lange bleibt sie Verteidigungsministerin?

Helikopter-Mutter: Christine Lambrecht tritt von einem Fettnäpfchen ins nächste

Christine Lambrecht ist noch nicht einmal ein halbes Jahr im Amt, und schon hat sie so viele Peinlichkeiten und Verirrungen auf dem Kerbholz wie halbwegs seriöse Minister nach zwei Amtszeiten nicht.

IMAGO/Political Moments

Christine Lambrecht (SPD, 56) ist seit 8. Dezember 2021 Bundesministerin der Verteidigung. Eigentlich wollte sie nach 23 Jahren als Bundestagsabgeordnete und vier Jahren als Justiz- bzw. Kurzzeit-Familienministerin aus der Politik aussteigen. Deshalb hat sie sich zur Bundestagswahl 2021 auch nicht mehr um ein Bundestagsmandat beworben.

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Aber dann brauchte der angehende Kanzler Scholz eine weitere SPD-Frau im Kabinett. Und da fiel sein Blick auf Christine Lambrecht. Mit Bundeswehr und Sicherheitspolitik hatte die zwar nie etwas am Hut. Aber Quote ist ja längst wichtiger als Qualität. Diesem Prinzip musste der einzige SPD-Hochkaräter in Sachen Bundeswehr, der vormalige Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels, weichen.

Und nun fremdelt die amtierende Verteidigungsministerin mit ihrer Aufgabe vor sich hin – vermutlich bis zum (baldigen?) Ende ihrer Ministerzeit mit diesem Amt. Wir ersparen es uns, die Peinlichkeiten und Verirrungen der Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt (IBUK) im Detail aufzulisten und nennen nur Stichworte:

Nun also „Sylt“. Am 13. April flog Christine Lambrecht mit einem Regierungshubschrauber von Berlin aus dorthin. Einen Zwischenstopp hatte sie, damit alles schön amtlich aussah, in Stadum beim Bataillon Elektronische Kampfführung. Der Hubschrauber landete dazu im 13 Kilometer entfernten Ladelund. Praktischerweise an der dänischen Grenze und rund 40 Kilometer Luftlinie von Sylt entfernt. Dorthin ging es dann per Helikopter weiter in den Urlaub auf Sylt. Clever eingefädelt. Man hat ja ein Recht auf Privatleben, wiewohl die Linken schon seit 1968 sagen, auch das Private sei politisch. Lambrecht gehört diesem Links-Spektrum an und sie wird von dort jetzt eingeholt.

Alles easy! Vielleicht, wenn da bei den Flügen von Berlin via Ladelund nach Sylt nicht Lambrechts Sohn Alexander (21) mit an Bord gewesen wäre (mit der Bahn hätte er fast 6 Stunden absitzen müssen), er nicht stolz wie Oskar Bilder aus dem Flieger in sozialen Netzwerken gepostet hätte und es nicht tagelang ein Hickhack um die Frage gegeben hätte, ob die Mitnahme des Lambrecht-Sohnes in einer Regierungsmaschine denn rechtlich sauber abgerechnet worden sei.

Mal hieß es „noch nicht“, dann hieß es, es seien 150 Euro, ein andermal es seien 261 Euro dafür erstattet worden. So etwas müsste eine Ministerin eigentlich geräuschlos und ordentlich über die Bühne bringen. Erfahrung hat sie ja damit, denn ihr Sohn hatte Frau Lambrecht ja zu deren Zeiten als Justizministerin bereits siebenmal in einem Regierungsflieger begleitet. Nicht nur am Rande: Eine Flugstunde mit einem Regierungshubschrauber schlägt mit rund 5.300 Euro zu Buche.

Fettnäpfchen über Fettnäpfchen. Tollpatschig bis zum geht nicht mehr! Und dann behielt sich die Ministerin gegenüber der recherchierenden Tageszeitung Die Welt auch noch rechtliche Schritte vor. Tags darauf aber meinte sie, sie werde Konsequenzen ziehen, „damit solche Vorwürfe nicht mehr möglich seien“. Ein zwielichtiger Satz! Ansonsten wittert Lambrecht eine „Kampagne“ und wird darin von SPD-Größen bestätigt, die meinen, man müsse sich in der Politik eigentlich um wichtigere Dinge kümmern.

Das persönliche Problem der Ministerin scheint indes zu sein, dass sie eigentlich gar nicht mehr in die Politik gehen und sich dem Privatleben widmen wollte. Der Boulevard-Presse gestand sie zudem, dass sie ihr Privatleben für Freunde und die Familie gerne auf Facebook postet. Auf den Sohn hat dies wohl abgefärbt. Er postete jüngst eben Bilder aus der Regierungsmaschine. Selfies waren es offenbar nicht, so dass man rätseln kann, ob die Bilder nicht sogar die Mama geschossen hat.

Bogen überspannt?
Verteidigungsministerin Lambrecht ließ Sohn in Bundeswehr-Hubschrauber nach Sylt kommen
Dass Frau Lambrecht ein inniges Verhältnis zu ihrem Sohn hat, ist natürlich in Ordnung. Das war bei ihr auch immer so. So gab sie denn schon einmal öffentlich bekannt: „Mein Sohn ist im Bundestag groß geworden“, erzählte sie vor rund zehn Jahren im Interview mit der Zeit: „Bis er sechs Monate alt war, habe ich ihn mit in die Fraktionssitzungen und in Ausschüsse genommen. Wenn ich im Plenum saß, haben die Saaldiener manchmal auf ihn aufgepasst.“ Diese Art des Aufwachsens hat Alexander geprägt, schreibt das Medium „Wunderweib“: Denn der Politikersohn ist heute selbst Juso. Klar auch, Mütter sind für ihre Kinder da, vor allem wenn der Vater, hier der frühere SPD-MdB Hans-Joachim Hacker, außen vor bleibt oder bleiben muss. Mit ihm war Christine Lambrecht zwischen 2015 und 2019 verheiratet. Sohn Alexander ist Geburtsjahrgang 2000.

Kurzum: Im Verteidigungsministerium scheint es zumal bei bestimmten Ministerinnen üblich zu sein, sich ganz besonders auch um die eigene Nachkommenschaft zu kümmern. Ursula von der Leyens Sohn David etwa ist bei McKinsey (mittlerweile in San Franzisco) beschäftigt. McKinsey, da war doch was? Ja, McKinsey war der Hauptadressat von der Leyens, als sie für Beraterverträge rund 200 Millionen Euro Steuergeld ausgab. Und auch sonst nimmt man es in der im wahrsten Sinn des Wortes „abgehobenen“ Polit-Kaste nicht immer so ganz ernst mit den Regeln.

Eine süffisante Bemerkung kann sich der Autor dieser Kolumne nicht verkneifen: Im Jahr 2013 konnte ich bei Rowohlt in nachfolgend sechs Auflagen den Bestseller „Helikoptereltern. Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung“ veröffentlichen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich dieses Buch eigentlich einer amtierenden Verteidigungsministerin als Erziehungsberater zukommen lassen müsste. Um ihr den Spiegel vorzuhalten, was mit ihrem Sohn womöglich schiefgelaufen ist. Ich werde es nicht tun. Wenn es der eine oder andere TE-Leser tun will: Ich ersetze das Exemplar mit Widmung.


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