Tichys Einblick
Haushaltsstreit?

Nach uns die Sintflut

Deutschland verliert an Wettbewerbsfähigkeit, tut sich aber schwer, Einsparungen vorzunehmen. Stattdessen will man selbst Tansania mit 86 Millionen Euro bei der Einführung der Krankenversicherung helfen. Man hält sich mit Buchungstricks über Wasser, nach dem Motto: nach uns die Sintflut.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Die Presse inszeniert den großen Haushaltsstreit, der Bundeskanzler meint, dass er den Bundeshaushalt am 3. Juli über die Bühne bekommt. Finanzminister Christian Lindner bremst taktisch klug, denn um so später der Haushalt beschlossen wird, um so höher der Druck zur Einigung ist, um so stärker wird seine Position. Ob der Bundeshaushalt am Ende 452 oder 447 Milliarden Euro umfassen wird, ist noch nicht so ganz klar. Klar ist jedoch, dass die voraussichtlichen Steuereinnahmen, die dem Bundeshaushalt 2025 und der mittelfristigen Finanzplanung bis 2028 zugrunde liegt, von der Steuerschätzung reduziert wurde. Bis 2028 werden 80,7 Milliarden Euro an Steuereinnahmen ausfallen, doch vermutlich werden sich die Steuerausfälle mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung noch vergrößern.

Mehr Stellen im öffentlichen Dienst
Der Staat wächst und wächst und wächst und wächst
Im I. Quartal 2024 stieg mit 4,8 % die Anzahl der Verbraucherinsolvenzen gegenüber dem 1. Quartal 2023. Im Bereich der Unternehmensinsolvenzen kletterte die Anzahl der beantragten Unternehmensinsolvenzen im 1. Quartal 2024 im Vergleich zum 1. Quartal 2023 um 26,5 %. Über ein Viertel mehr Firmen beantragten in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr die Insolvenz. Die hören nicht einfach auf zu arbeiten, die sind tatsächlich insolvent. Hoffentlich erklärt jemand dem Bundeswirtschaftsminister den Unterschied.

Die Schweizer Management-Akademie IMD führt in jedem Jahr eine Untersuchung zur Wettbewerbsfähigkeit durch. Die Studie, die das Schweizer Institut seit 1989 erhebt, beruht auf Daten bspw. von der Weltbank, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Hinzu kommen Interviews mit ca. 4.000 Managern.

Belegte Deutschland in puncto Wettbewerbsfähigkeit noch den 6. Platz, ging es von da ab steil bergab. Im Jahr 2023 fand sich Deutschland auf Rang 22 wieder, in diesem Jahr sieht die Studie Deutschland nur noch auf Platz 24, nachdem Deutschland sich 2021 und 2022 noch auf Platz 15 halten konnte. Als negativ werden u.a. die hohen Kosten, das Steuersystem und die mangelnde Kompetenz der Regierung eingeschätzt. Die größte Kritik erfährt allerdings unter den Negativfaktoren die Ampel-Regierung. Nur 5 % der Manager glauben, dass Deutschland eine fähige Regierung besitzt. Zu den 5 % gehören wahrscheinlich der Chef des BDI, Siegfried Russwurm, und ein paar andere Manger, die an der Regierung, vor allem am Wirtschaftsminister die dicken Subventionsspendierhosen lieben.

Klimapolitik und Wohlstand unvereinbar
Habecks frohe Klimabotschaft
Arturo Bris, Direktor des IMD World Competitiveness Centers, kommentierte die Studie mit der Einschätzung: „Mit dem Blick auf Deutschland ist beunruhigend, dass einige Faktoren sich sehr stark verschlechtert haben“ und fügt hinzu: „Entscheidend ist, dass der Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung zunehmend negativ ist und dass sich in der Folge die Stimmung insgesamt verschlechtert habe.“ Seit 2022 macht sich ebenfalls ein massiver Einbruch der Infrastruktur bemerkbar.

Sieht es für die mittelfristige Finanzplanung schon nicht rosig aus, trübt sich das Bild auch für den Haushalt 2025. Bereits im 1. Quartal 2024 öffnet sich die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben um 24,4 Milliarden Euro. Setzt sich das sofort, bekommt die Regierung ein massives Problem, dem sie nur mit einem Nachtragshaushalt begegnen kann.

In 2025 werden die Ampel-Leute Einsparungen von 24 Milliarden Euro vornehmen müssen, hinzu kommen Steuerausfälle von 11 Milliarden Euro, was sich auf 35 Milliarden Euro addiert, die weniger als geplant auszugeben wären. Finanzminister Lindner verschickte an verschiedene Ministerien deshalb Sparauflagen, die von den zuständigen Ministern prompt mit einer Forderung nach einer Erhöhung ihres Budgets beantwortet wurde. Der Bundestagsabgeordnete der Grünen Konstantin von Notz kommt auf die abenteuerliche Begründung, weshalb mehr Geld benötigt und die Schuldenbremse aufgelöst und wir und unsere Kinder und Kindeskinder bis über die Halskrause verschulden, weshalb wir und unsere Kinder und Kindeskinder zu Schuldsklaven der Hochfinanz werden müssen: „In Zeiten, in denen unsere Freiheit von einem aggressiven Russland und Extremisten aller Couleur so unter Druck gesetzt wird wie derzeit, muss man Gewissheiten auf den Prüfstand stellen – auch die Schuldenbremse in ihrer derzeitigen Form.“ Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze verfällt der sinnfreien Begründung: „Die Entwicklungspolitik muss auf die aktuellen Entwicklungen und internationalen Herausforderungen reagieren können.

Ranking von Schweizer Wirtschaftswissenschaft
Flexibel wie Venezuela - Deutschlands Wirtschaft rutscht weltweit ab
Daher hat das BMZ mehr Mittel als in der Finanzplanung vorgesehen angemeldet, um handlungsfähig zu bleiben.“ Und Annalena Baerbock, die in aller Welt gern empfangen wird, wenn sie Geschenke mitbringt, erklärt nicht weniger sinnfrei, dafür phrasenbewährt: „Es wäre fatal, in ein paar Jahren sagen zu müssen: Wir haben die Schuldenbremse gerettet, aber dafür die Ukraine und die europäische Friedensordnung verloren.“ Ganz davon abgesehen, dass Baerbocks Ministerium inzwischen weniger als deutsches Außenministerium, stärker jedoch als Ukraine-Ministerium wahrgenommen wird, ist die Verteidigung der Ukraine nicht deutsches Staatsziel. Unbenommen bleibt, dass Deutschland die Ukraine im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützt, doch deutsches Staatsziel und Aufgabe der Regierungsmitglieder ist, zum „Wohle des deutschen Volkes“ zu handeln, „seinen Nutzen (zu) mehren, Schaden von ihm (zu) wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes (zu) wahren und (zu) verteidigen“.

Es ist nicht deutsches Staatsziel, Tansania „bei der Einführung einer Krankenversicherung für alle Bevölkerungsteile“ zu unterstützen und dafür 86 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, schon gar nicht, wenn man den zerfallenden Zustand des deutschen Gesundheitswesens in den Blick nimmt.

Sparen hingegen wäre wahrlich leicht. Hier ein paar Anregungen: Beispielsweise kann das Entwicklungshilfeministerium komplett, dem Außenministerium das üppige Geschenkebudget, dem Familienministerium das Programm „Demokratie leben“, das im großen und ganze nur grüne und linke Gesinnungs-NGOs finanziert, die vielen Gleichstellungs-, Diversitäts-, Antirassismus-, Queer- und sonstige Beauftragten, reine Ideologieeinrichtungen wie das Foroutan-Institut und die Gender-Lehrstühle gestrichen werden. Eine erheblich veränderte Migrationspolitik und die Einführung von Sachleistungen würde die Migrationskosten von jährlich über 50 Milliarden Euro auf 25 Milliarden Euro binnen zweier Jahre reduzieren. Die Kürzungen und Streichungen, die sich an dem, was das Land wirklich benötigt, um wieder wirtschaftlich aufzusteigen, und nicht an dem, was sich bestimmte Kräfte aus Gründen einer zweifelhaften Ideologie wünschen, würden dazu führen, dass sich keine Finanzierungslücke im Haushalt öffnet und vor allem im universitären und Forschungsbereich Gelder frei werden für die Förderung von Naturwissenschaft und Technologie, beispielsweise für die Kernforschung.

Rotstift
Rechnungshof mahnt Regierung zu Neuaufstellung des Bundeshaushalts
Das alles wird diese Regierung tunlichst unterlassen, weil nur das die Ampel zu interessieren scheint. Robert Habeck benötigt dreistellige Milliardensummen, um von einer Wirtschaft zu träumen, die nicht entstehen, dafür aber die Wertschöpfung in Deutschland zerstören wird. Annalena Baerbock fühlt sich anscheinend nicht dem deutschen Volk, sondern eher Wolodymyr Selenskyj verantwortlich und überhaupt der ganzen Welt, wie auch Svenja Schulze, die von Fahrradwegen in Peru bis zur Einführung der Krankenversicherung in Tansania und Entwicklungshilfe für Nigeria deutsche Steuergelder verprassen will. Verprassen trifft es in einigen Fällen in der Tat. Nigerias Parlament hat 460 Abgeordnete, für alle Abgeordnete wurde vom Präsidenten Geländewagen gekauft, 150 000 Dollar pro Stück. Laut Spiegel enthält der im letzten Jahr beschlossene Haushalt Nigerias „Mittel für eine Präsidentenjacht, teure Dienstfahrzeuge für das Büro der First Lady und Renovierungsarbeiten im Wohnhaus des Präsidenten …. Die zusätzlichen Ausgaben hatte Tinubu mit »dringenden Problemen« bei Verteidigung und Sicherheit begründet. Die für die Jacht vorgesehenen 6,1 Millionen Dollar etwa seien notwendig, um sie als einsatzfähiges Marineschiff mit spezieller Sicherheitsausrüstung zu erhalten. Dass das Geld mit Zustimmung des Senats dem Etat für Studentenkredite entnommen worden war, schürte den Ärger zusätzlich.“

Deutschland zahlt übrigens für Nigeria 640 Millionen Euro. Auch Lemkes Umweltministerium, das Klimaprojekte fördert, die nicht existieren, könnten einen kräftigen Rotstift vertragen.

Statt zu sparen, wird die Regierung sich zum einen mit Buchungstricks über Wasser halten, möglicherweise die Schuldenbremse aussetzen, wenn sich kein Grund findet, kann man immer Wladimir Putin anführen, ein abenteuerliches Sondervermögen kreieren, wie es der subventionssüchtige Chef des BDIs, Russwurm, verlangt und Ex-Verfassungsrichter und CDU Mitglied Peter Müller sucht zu begründen, oder einfach einen Haushalt beschließen, der nicht funktioniert, um 2026 dann einen Nachtragshaushalt zu erstellen, aber damit kann sich dann schon die neue Regierung herumschlagen, denn 2025 sind Wahlen. Was die Ampel in der Haushaltungsdebatte bietet, sind zweierlei, zum einen Schaukämpfe und zum anderen Identitätskämpfe für die kommenden Wahlkämpfen, um sich bei denen, sie man für seine Wähler hält, beliebt zu machen.

Man bekommt den Eindruck, die Regierung handelt nach dem Motto, so viel Geld auszugeben, als irgend geht, als gebe es kein Morgen – und ein Morgen gibt es für diese Regierung auch nicht, deshalb mag sich mancher sagen: nach mir die Sintflut. Sie gehen, aber das deutsche Volk, diejenigen, die arbeiten und Steuern zahlen, bleiben – und zwar auf deren Schulden sitzen.

Anzeige
Die mobile Version verlassen