Am 14. Oktober beriet der Bundestag das erste Mal über den Entwurf zum Jahressteuergesetzentwurf. Die FDP sprach von einem ganzen Strauß „von wichtigen Entlastungsmaßnahmen, der den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land zugute kommen wird“. Darunter zählte der liberale Abgeordnete Christoph Meyer Steuererleichterungen für Betreiber kleiner Solarstromanlagen auf Wohngebäuden. Der Unionsabgeordnete Olav Gutting ließ sich sogar dazu hinreißen, ein „kleines Lob“ an den Finanzminister Christian Lindner auszusprechen.
Haus & Grund hatte bereits vor der ersten Beratung des Jahressteuergesetzes im Oktober gewarnt. Denn neben den vermeintlichen Entlastungen kommen drastische Erhöhungen der Erbschafts- und Schenkungssteuer hinzu. Der Verband geht von „20 bis 30 Prozent“ bei Wohnhäusern und Eigentumswohnungen aus. Das Gesetz soll noch vor Jahresende verabschiedet werden und dann voraussichtlich ab dem 1. Januar 2023 gelten.
„Bei bestimmten, insbesondere (teil-)gewerblich genutzten Immobilien droht wegen der sich ändernden Wertermittlung sogar eine Verdoppelung“, zitiert die Wirtschaftswoche Haus & Grund. Die neuen Regeln zur steuerlichen Bewertung würden vor allem Immobilien betreffen, die im Ertrags- und Sachwertverfahren bewertet werden. Das betrifft Einfamilien- und Mietwohnhäuser. Opa Herbert wird also vom Staat großzügig erleichtert, wenn er seine Solaranlage montiert. Wenn aber die Solaranlage samt Haus vererbt wird, bittet der Staat die Enkel zur Kasse.
Sibylle Barent, Leiterin Steuer- und Finanzpolitik bei Haus & Grund Deutschland, führte gegenüber dem Magazin aus, dass die Bundesregierung „unauffällig wirkende Stellschrauben“ nutzte. „Nimmt man alle Stellschrauben zusammen, kommen da leicht 20 bis 30 Prozent Steigerung der steuerlichen Werte zusammen. Bei bestimmten Immobilien kann es sogar zu einer Verdoppelung kommen“, erklärt sie.
Tempi passati. Das einzige, was man aus dem verstaubten Wandschrank der Geschichte herauskramt, sind die Hinterzimmergespräche und die zwischen den Zeilen verordneten Steuererhöhungen, die man euphemistisch als Entlastungen deklariert. Die „Ökosoziale Marktwirtschaft“ gibt dem, der dem grünen Zeitgeist folgt, eine gnadenvolle Schonfrist. Der Rest muss sehen, wo er bleibt. Es ist ein System, das damit weder marktwirtschaftlich noch sozial ist.
Wenn selbst die Süddeutsche Zeitung nunmehr von der „Torschlusspanik“ bei Betroffenen und Steuerberatern herrscht, weil „Omas Häuschen“ nur noch schwer zu halten ist, könnte man selbst in der gutsituierten Münchener Schickeria auf die Idee kommen, dass etwas gehörig schief geht in diesem Land. Es erinnert an die Problematik in der Migrationskrise, in der Udo di Fabio darauf hinwies, dass der Oma die Mieterleichterung herzlich egal sein kann, wenn sie in ihrer Wohnung nicht mehr vor Raubüberfällen gefeit ist.
Ähnliches gilt für eine Gesellschaft, in der die Montur von Solaranlagen steuerlich erleichtert wird, aber nachher das Haus wegen horrender Steuern verkauft werden muss. Die vielgepriesene Transformation ist eine Transformation in die Armut. Aber vermutlich wird der Finanzminister auch dafür noch Lob erhalten.