Tichys Einblick

Das Bürgergeld ist ein Fass ohne Boden geworden

Das Bürgergeld entwickelt sich zunehmend zu einem Fass ohne Boden. Etwa die Hälfte der arbeitsfähigen Empfänger von Bürgergeld sind Ausländer. Die Einwanderung treibt diese Statistik in die Höhe und hat die Schallmauer von 4 Millionen überschritten. Nun entbrennt bei Vertretern von CDU/CSU ein Streit um Empfänger aus der Ukraine.

picture alliance / CHROMORANGE | Michael Bihlmayer

Zum Bürgergeld, dessen Kosten und dessen Nutznießern gibt es nahezu wöchentlich neue, noch höhere Zahlen. 2023 wurde mit Gesamtkosten von 23,76 Milliarden für das Bürgergeld kalkuliert. Für 2024 taxierte Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) den Bedarf auf 37,6 Milliarden. Experten rechnen für 2024 mindestens mit 40 Milliarden. Im Jahr 2019 wurden für das Hartz-IV-Vorgängermodell 26,5 Milliarden ausgegeben.

Migration als Fass ohne Boden
Zwei Drittel der Bürgergeldbezieher haben Migrationshintergrund
Nutznießer sind im Mai 2024 insgesamt 4,021 Millionen erwerbsfähige Arbeitslose. Das sind in der Gesamtsumme aller Bezieher 200.000 mehr als Anfang 2023 und 80.000 mehr als im Mai 2023. Rund zwei Drittel der Empfänger sind Ausländer oder haben einen Migrationshintergrund, wie die Bundesagentur bekanntgab. Darunter rund 700.000 Ukrainer. Für die Kostensteigerung ist aber nicht nur die höhere Zahl der Antragberechtigten ursächlich, sondern auch die Erhöhung der Regelsätze: Zum Januar 2024 etwa stiegen die Bezüge um 12 Prozent. Außerdem ist damit zu rechnen, dass die Zahl der Antragsteller noch höher wird. Denn die Arbeitsagentur wirbt mittlerweile sehr spendabel mit dem Slogan: „Einkommen mit Bürgergeld ergänzen“.

Lassen wir außer Betracht, wovor viele Ökonomen warnen: Für viele Berufstätige im Niedriglohnsektor lohnt es sich kaum noch sonderlich zu arbeiten; sie stehen mit Bürgergeld nicht viel schlechter da, zumal Bürgergeld-Empfänger mehr Geld nebenbei verdienen (ohne Kürzung der Regelsätze) dürfen und die Grenze für das Anrechnen von Ersparnissen angehoben wurde.

Wehrpflichtige Ukrainer in Deutschland

So wie Syrer auch
Dänemark: Ukrainische Flüchtlinge sollen zurückkehren, sobald Frieden ist
Derzeit leben in Deutschland 1,16 Millionen Ukrainer als Kriegsflüchtlinge – 700.000 davon mit Bürgergeldanspruch. Unter den 1,16 Millionen enthalten sind laut Ausländerzentralregister (AZR, Stand: 14. April 2024) rund 350.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Davon wiederum rund 132.000 im Grundschulalter (6-11 Jahre), knapp 46.000 im Alter von 12–13 sowie rund 89.000 Jugendliche (14-17). Rund 19 Prozent von allen sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Rund 700.000 empfangen Bürgergeld für sich oder ihre Familien. 70 Prozent der Arbeitsfähigen sind in Kursen. Und: 256.000 Männer im Alter zwischen 18 und 60 sind ebenfalls unter den 1,16 Millionen.

Nun könnte man sagen: 256.000 von 1,165 Millionen Ukrainern in Deutschland sind „nur“ 22 Prozent – oder bezogen auf alle Bürgergeldempfänger gerade eben 6,4 Prozent. Aber die damit verbundenen Kosten für „Bürgergeld“ allein sind es nicht, zumal es der Ukraine zunehmend nicht nur an Waffen und Munition mangelt, sondern auch an Soldaten. Und eigentlich war es seit Kriegsbeginn Ende Februar 2022 Männern in der Altersgruppe von 18 bis 60 nicht mehr erlaubt, die Ukraine zu verlassen.

Die Ukraine will denn auch mit einem Gesetz vom 11. April 2024 insgesamt eine halbe Millionen Soldaten neu rekrutieren. Ausnahmen gelten für Menschen mit Behinderung, Studenten, Väter von drei oder mehr Kindern sowie für alleinerziehende Väter. Die ukrainische Regierung hat ansonsten im April dieses Jahres den Stopp der Ausgabe von Reisepässen im Ausland gestoppt. Somit müssen Männer im wehrfähigen Alter in die Ukraine einreisen, um ihn zu erhalten. So will die Ukraine die Männer zur Rückkehr in ihr Heimatland bewegen. Der Wehrdienst soll drei Jahre dauern, mit dem Anspruch auf eine Rotation der Einsatzbereiche und Urlaub. Wer Musterungs- oder Einberufungsbescheide ignoriert, muss mit Geldstrafen oder Führerscheinentzug rechnen.

Klar, die ukrainische Armee ist erschöpft und braucht Verstärkung. Im Einsatz sind vor allem Freiwillige, zum Teil seit zwei Jahren ohne Pause. Viele sind kriegsmüde, andere verletzt, rund 31.000 sind laut Präsident Wolodymyr Selenskyj gefallen. Derzeit verfügt die Ukraine über etwa 900.000 Soldaten und 1,2 Millionen Reservisten. Zum Vergleich: Russland hat 1,3 Millionen aktive Soldaten und rund zwei Millionen Reservisten.

CDU/CSU will Bürgergeld für wehrpflichtige Ukrainer kappen

Zurück zu den Ukrainern in Deutschland: Wenn wehrpflichtige ukrainische Männer mit Bürgergeld in Deutschland ein auskömmliches Leben führen könne, sind sie kaum bereit, in den Krieg zu ziehen. Dazu ist nun eine entsprechende Debatte entbrannt – vor allem innerhalb der CDU/CSU:

Politik gegen Eigenverantwortung
Warum das Bürgergeld nicht bürgerlich ist
Ukrainische Männer im wehrfähigen Alter, die sich in Deutschland aufhalten, müssen jedoch nicht befürchten, zurückgeschickt zu werden. Alle ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland, auch die Männer, genießen – zunächst bis 2025 – einen vorübergehenden Schutz nach Paragraf 24 des Ausländergesetzes. Dies beinhaltet einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis. Wenn dieser endet, sind die Betroffenen nicht automatisch ausreisepflichtig. Sie können dann Asyl beantragen oder in ein Drittland ausreisen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) machte bereits deutlich, dass Deutschland niemanden gegen seinen Willen zur Wehrpflicht oder zum Kriegsdienst zwingen werde.

Was heißt das für die Ukraine? Will sie – wie auch die Nato – einen Verhandlungs- und keinen Diktatfrieden, so ist sie darauf angewiesen, dass sie Russland in diesem Menschenleben und Material zermürbenden Krieg weiterhin Paroli bietet. Je mehr es freilich Hunderttausenden von wehrpflichtigen Ukrainern möglich ist, im Ausland Unterschlupf zu finden, desto mehr ist Putin der Nutznießer: Weil es der Ukraine an Soldaten fehlt, und weil sich ein Land wie Deutschland sozialpolitisch erschöpft. Auch das ist sehr wohl in Putins Interesse. Siehe allein seine und Lukaschenkos Schleuserpolitik.

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