Tichys Einblick
Von Innenministerin Faeser „weiße Salbe“

Hunderte Bombendrohungen an Deutschlands Schulen – mit gravierenden Folgen

Die Bombendrohungen an Schulen reißen nicht ab. Sie bedeuten eine enorme Belastung für Schüler, Eltern, Lehrer, Polizei, Rettungsdienste und Kriseninterventionsteams. Wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser da sagen kann, es gebe „momentan keine explizite Gefährdung“, das ist ihr ganz persönliches Geheimnis.

Polizeieinsatz an einer Oberschule in Chemnitz nach einer Bombendrohung, 23.10.2023

IMAGO / HärtelPRESS

Wenn es nach Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) geht, erfährt Deutschland wegen des Nahostkonflikts momentan keine explizite Gefährdung durch Islamisten. „Wir haben keine erhöhte, konkrete Gefährdung“, die das Bundeskriminalamt mitgeteilt habe, sagte Faeser. Die Gefährdungslage werde aber „sehr genau“ beobachtet. Naja!

Dass am 24. Oktober in Duisburg mit Tarik S. (29, deutscher Pass, in Bielefeld geboren, Ex-IS-Kämpfer, polizeibekannt) ein Gefährder festgenommen wurde, der womöglich eine Amokfahrt mit einem Lastwagen in eine Pro-Israel-Kundgebung hinein geplant haben könnte? Nochmals ein: Naja! Übrigens kam der Hinweis auf dessen Pläne von einem ausländischen Geheimdienst, der entsprechende Aussagen von Tarik S. aus dem Internet gefischt hatte, konkret aus einem Chat mit einem Partner in Syrien. Deutschland hat so etwas ja nicht im Kreuz. Denn, so ARD-Terrorismusexperte Michael Götschenberg, Deutschland hat weder das Budget noch die rechtlichen Voraussetzungen für eine detaillierte Überwachung des Internets.

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Wie eine Bundesinnenministerin da sagen kann, es gebe „momentan keine explizite Gefährdung“, ist ihr ganz persönliches Geheimnis. Denn zugleich häufen sich die Fälle antisemitischer Übergriffe in Deutschland. Der Bundesverband der Recherche und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) hat errechnet, dass es zwischen dem 7. und 15. Oktober 2023 insgesamt 202 antisemitische Übergriffe gab. Das ist gegenüber dem Vergleichszeitraum 2022 mehr als eine Verdoppelung, und es sind pro Tag fast 30. Dazu gehören jüngst ein versuchter Brandanschlag auf eine Synagoge in Berlin-Mitte, ein Steinwurf auf ein jüdisches Krankenhaus in Berlin-Wedding und brennende Israel-Flaggen.
Chaos an Hunderten von Schulen

Besonders betroffen von mutmaßlich islamistischen Terrordrohungen sind neben einzelnen Medienhäusern, Rathäusern und Landratsämtern vor allem Deutschlands Schulen. Man kommt mit dem Zählen nicht mehr mit, denn tagtäglich melden die Medien, dass wieder eine Schule bereits vor Unterrichtsbeginn gesperrt oder später geräumt werden musste. Keine Region Deutschlands ist ausgenommen. Nun ja, es gibt mehr als 40.000 Schulen in Deutschland. Aber es wäre eine Bagatellisierung des islamistischen Drohterrors, der durch Deutschland schleicht, wenn man hier Prozente errechnen würde. Jeden Tag kommen Bombendrohungen in oft zweistelliger Größenordnung hinzu. Man schaue sich nur einmal die folgenden fünf Meldungen aus der Woche vom 23. Oktober an: hier und hier und hier und hier und hier .

Was ist all den Drohungen gemein, und was sind die Folgen? Die Drohungen gehen fast immer als E-Mails ein. Es kommt zumeist zu Großeinsätzen der Polizei, zur weiträumigen Absperrung des Schulgeländes und zur Absuche der Schule unter anderem mit mehreren Polizeihunden. Je nach Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Drohung werden Schüler in vielen Fällen gar nicht erst in die Schule gelassen, oder aber die Schüler müssen das Gebäude sofort verlassen. Für Tausende Schüler fällt der Unterricht dann für mehrere Stunden oder gänzlich für den betreffenden Tag aus. Je nach Einschätzung der Bedrohungslage durch die Polizei wird vereinzelt auch auf die Räumung einer Schule verzichtet.

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Die Folgen sind über den Unterrichtsausfall hinaus gravierend. Prüfungen können nicht stattfinden. Schüler, Eltern, Großeltern geraten in Panik. Eltern möchten ihre Kinder sofort von der Schule abholen und verstopfen die Zufahrten. Eltern wollen ihre Kinder über das Mobiltelefon erreichen und legen den Mobilfunk lahm. Bei vielen Schülern – je jünger, desto heftiger – bleibt eine generalisierte Angst zurück, die mit Schule assoziiert wird. Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste sind lahmgelegt und für Stunden nur begrenzt einsatzfähig, wenn es andernorts „brennt“. Aber die „Rechnung“ der Täter dürfte aufgehen: Das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung erleidet schweren Schaden, und womöglich steigert sich die Abneigung vieler Menschen gegen Israel und Juden.

Womit müssen die Täter rechnen? Meist mit nichts. Denn sie werden vermutlich oft gar nicht enttarnt, denn ein Großteil der Drohungen dürfte von jenseits der deutschen Grenzen kommen. Sollte ein islamistisch motivierter Täter oder auch ein Trittbrettfahrer erwischt werden, dann droht ihm (theoretisch) die Anwendung von Paragraph 145 (2) Strafgesetzbuch (StGB): „Wer absichtlich oder wissentlich vortäuscht, dass wegen (…) gemeiner Gefahr (…) die Hilfe anderer erforderlich sei, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“ Sofern bei ihm Geld zu holen ist, kann der Täter für die Kosten des Großeinsatzes von Polizei und Rettungsdiensten zur Kasse gebeten werden. Das kann fünfstellige Beträge ausmachen.

Sind die Schulen auf solche Bedrohungen vorbereitet?

Jein! Ja, die Schulen mussten nach den Amokläufen in Schulen in Erfurt (2002, 16 Tote) und Winnenden (2009, 12 Tote) in Kooperation mit Polizei und Rettungsdiensten Evakuierungspläne, Kommunikationspläne, Alarm-Codes und Pläne zur Ertüchtigung der schulinternen Informationskanäle (Rundsprechanlagen, Haustelefone, Sirenentechnik) und dergleichen für den Amok-Fall sowie für den Fall einer Bombendrohung entwickeln und diese mit Probealarmen regelmäßig erproben.

Nein, die Schulen können ansonsten nicht hundertprozentig auf solche Bedrohungen vorbereitet sein. Und aus Schule kann und darf auch kein Hochsicherheitstrakt werden. Bei allen präventiven Maßnahmen, etwa dem fiktiven Erproben von Evakuierungsplänen, ist zudem darauf zu achten, Schüler nicht über Gebühr zu ängstigen. Denn in einem solchen Klima können Bildung und Erziehung nicht gelingen. Allerdings bleibt es die Aufgabe der Schulen, die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für eventuelle Evakuierungen mit den Fachleuten von Polizei, Rettungsdiensten und Kriseninterventionsteams jedes Jahr neu zu analysieren. Routine oder gar einen Schlendrian kann es hier nicht geben.

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