Auch in der Politik scheint die Sorge, dass es zu einem Blackout kommen kann, inzwischen angekommen zu sein. Für den Energieexperten Thomas Eisenhuth ist es ein Alarmzeichen, wenn Wirtschaftsminister Habeck Unternehmen rät, sich Notstromaggregate zuzulegen. „Der Minister zweifelt offenbar an seiner eigenen ideologiegetriebenen Energiepolitik, die nun von der Realität eingeholt wird“, sagte Eisenhuth gegenüber Tichys Einblick.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe gibt Ratschläge für das Verhalten in Katastrophen heraus, worüber Tichys Einblick bereits im März 2020 berichtete. Überschwemmungen, Erdbeben, Ausfall der Strom- und Wasserversorgung, echte und erfundene Pandemien, weltweite Finanzkrisen mit enormen wirtschaftlichen Folgen wie Mangelversorgung und anderweitigen Unruhen können das globale und regionale Gleichgewicht schnell ins Wanken bringen.
Aufklärung kann Menschenleben retten
Viele machen sich kaum bewusst, welche Auswirkungen ein Blackout hat. Über Broschüren, wie die Bundesdrucksache 17/5672 vom 27. April, die den Titel „Gefährdung und Verletzbarkeit moderner Gesellschaft – am Beispiel eines großräumigen und langandauernden Stromausfalls“ wurde kaum berichtet. Der ehemalige Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Christian Unger, fasste im Jahr 2020 die Ergebnisse noch einmal zusammen: „Nach 24 Stunden ohne Strom hätten wir katastrophale Verhältnisse (…) Jeder muss sich auch auf Krisen und Katastrophen einstellen.“ Der international bekannte Blackout-Experte Herbert Saurugg sieht das ähnlich: Schon ein flächendeckender Stromausfall von 10 Stunden hätte katastrophale Folgen für die Bevölkerung.
Aufklärung kann Menschenleben retten. Manche Berufsgruppen, für die Extremsituationen zur Jobbeschreibung gehören, simulieren regelmäßig mögliche Notfälle, damit im Ernstfall kein Chaos ausbricht. Ob Ärzte, Piloten, Feuerwehrleute oder Rettungsassistenten: Alle wissen in Notlagen, was zu tun ist. Warum sollte die Bevölkerung nicht von Profis lernen? Anstatt bei einem Blackout in Panik zu geraten, könnte sich die Gesellschaft mithilfe der Politik schon jetzt auf einen kommenden Stromausfall vorbereiten.
Zwar kann ein gesunder Mensch drei Wochen ohne feste Nahrung und drei Tage ohne Flüssigkeit überleben, die Gefahr einer Verletzung besteht jedoch schon erste Sekunden nach einem Stromausfall. Eine sonst harmlose Verstauchung kann ohne ärztliche Versorgung zur Bewegungsunfähigkeit und im Freien zum Tod durch Erfrieren führen. Bei offenen Wunden kann eine unbehandelte Sepsis nach wenigen Tagen eine Amputation erforderlich machen. Ein besonders sensibler Punkt ist die Benutzung von Fahrstühlen. So dauert es mehrere Tage, bis nach einem Stromausfall alle Fahrkörbe evakuiert sind. Die psychische und physische Belastung in solchen Situationen ist extrem hoch.
Wer im Besitz eines Autos ist und sich im Moment des Blackouts in diesem befindet, hat immerhin ein Dach über dem Kopf und ist vor Wind, Nässe und Kälte geschützt. Er sollte das Auto nur verlassen, wenn er es zügig gegen einen geheizten Unterschlupf tauschen kann. Nützlich sind neben einer handlichen Taschenlampe auch gefütterte Handschuhe, eine Kopfbedeckung, warme Stiefel und eine im Auto befindliche Decke. Auch eine Flasche Wasser sollte man immer dabeihaben, der Tank sollte stets mindestens zur Hälfte gefüllt sein. Wesentliche Punkte dazu finden Sie in diesem Beitrag: https://www.tichyseinblick.de/meinungen/blackout-energiekrise-politik-buerger-vorbereiten/
Die Polizei ist kaum vorbereitet
Befindet man sich während eines flächendeckenden Stromausfalls in einem fremden Gebäude, so mag die Situation – allein mit möglicherweise unbekannten Personen – zwar unangenehm sein, jedoch kann sie Leben retten. Ob am Arbeitsplatz, bei Freunden, im Restaurant oder im Supermarkt. Am besten sollte man so lange dort bleiben, bis der nächste Tag angebrochen ist, was im ärgsten Fall 16 Stunden dauern kann. Falls der Blackout eintritt, wenn man gerade im Kino ist, kann es sinnvoll sein, sich mit den anderen Anwesenden abzustimmen und im Zweifel einfach sitzen zu bleiben. Bei dem entstehenden Chaos ist nicht zu erwarten, dass die Polizei erscheinen wird, um die Schutzsuchenden zu vertreiben.
Eigene Tankstellen und Werkstätten für die Dienststellen gibt es schon lange nicht mehr. Jetzt könnte sich rächen, dass die eigene Logistik kaputt gespart wurde. Nur die Bundespolizei hat noch funktionierende Verpflegung mit eigenen Köchen, ansonsten erhielten private Anbieter den Zuschlag. Ob diese im Chaosfall überhaupt Personal zur Verfügung haben, Essen aufbereiten und liefern können, darf ebenfalls angezweifelt werden. Die politischen Fehler der letzten Jahrzehnte lassen sich nicht von heute auf morgen ausbügeln.
Was ebenfalls beachtet werden muss: Die Einsatzkräfte sollten an einem Ort – zusammen – untergebracht werden. Wurde das, wie zum Beispiel in Thüringen, bereits geregelt? „Je länger ein Blackout anhält, desto wirkungsloser können die noch möglichen polizeilichen Eingriffe sein. Sicherlich kann man Großlagen gut trainieren, einen Blackout jedoch nicht. An einem Ort versammelt zu sein, sollte aber auf jeden Fall helfen.
Im Moment sieht jedoch alles danach aus, dass die Bürger im Zweifel auf sich gestellt sind. Hilfe behördlicherseits ist nicht zu erwarten. Daher ist es umso wichtiger, die Gefahren im eigenen Heim zu minimieren. Sinnvoll ist es auf jeden Fall, an verschiedenen Stellen im Haus Taschenlampen an gut zugänglichen Orten aufzubewahren. Auch genügend Streichhölzer und Kerzen sollten zur Grundausstattung gehören.
Nullenergiehaus wird Albtraum
All diese Maßnahmen würden bei einem sogenannten Nullenergiehaus, dem Traum aller grünen Seelen, allerdings nicht ausreichen. Ein vollumfänglich digitalisiertes Leben ist eben besonders anfällig, weil es ohne funktionierende Technik nicht existieren kann. Nullenergiehäuser werden im Fall eines Blackouts zum Albtraum. Das Haus ist wie eine Thermoskanne so abgeschirmt, dass keine Energie verloren gehen soll. Nach den Vorstellungen des Industrieausschusses des EU-Parlaments soll dieser Standard zumindest für alle öffentliche Gebäude gelten. Aber auch viele Private errichten Neubauten nach diesem Grundsatz.
Ein weiteres Problemfeld ist die Landwirtschaft. Die Agrarbetriebe, in vielen Bereichen inzwischen vollständig digitalisiert, können bei einem länger anhaltenden Stromausfall nicht mehr bewirtschaftet werden. Besonders hart trifft es Betriebe, die auf Milchkühe spezialisiert sind. Da die Tiere von Robotern gemolken werden, hängt das Leben der Kuh von einem funktionierenden Stromnetz ab. Im Schnitt hält ein Landwirt in Deutschland über 70 Kühe, wobei auch Höfe mit 200 Kühen und mehr keine Seltenheit sind. Hier ist ein Abmelken per Hand, zweimal am Tag, illusorisch. Am Ende müssen die Tiere notgeschlachtet werden.
Vorratsliste zur Vorbereitung auf einen Stromausfall
Umso wichtiger ist es, dass sich jeder auf einen flächendeckenden Stromausfall vorbereitet. Gut geht es dann demjenigen, der darauf vorbereitet war. Diese Dinge sollten Sie für den Fall der Fälle stets bereithalten, was im Übrigen auch die Bundesregierung empfiehlt:
- Decken
- Hygieneartikel wie Toilettenpapier, Seifen, Zahnpasta, Waschmittel, Müllbeutel, Zellstofftaschentücher
- Erste-Hilfe-Set mit Schmerzmitteln, fiebersenkenden Wirkstoffen, Aspirin, Fieberthermometer, Hautdesinfektionsmittel, Mittel gegen Durchfall
- einklappbares Messer, Dosenöffner
- Schutzhandschuhe
- Nähzeug
- Aluminiumfolie
- Mappe für Dokumente und Brustbeutel
- Bargeld für zwei Wochen
- Medikamentenvorrat für vier Wochen
- Trinkwasservorrat (je Person mindestens 1,5 Liter pro Tag)
- Feuerlöscher
Lebensmittel, die auch ohne Kühlung gelagert werden können:
- Fisch- und Wurstkonserven, ca. 2 kg/Person
- Nudeln u.a. Hartweizenprodukte, Haferflocken, Büchsenbrot, Reis, Zwieback, Knäckebrot, Kartoffeln, ca. 4,6 kg/Person
- Gemüse im Glas oder in der Dose wie Mais, saure Gurken, Rotkohl, Sauerkraut, Erbsen und Bohnen, ca. 5,5 kg/Person
- Marmelade, Honig, Schokolade etc.
- Fette/Öle, Salz, Pfeffer
Müssen Sie die Flucht ergreifen, dann packen Sie in einen großen Rucksack Folgendes zusammen bzw. legen folgende Kleidung an:
- warme und regendichte Kleidung
- massives Schuhwerk, ebenfalls wasserdicht
- Kopfbedeckung
- Hose mit mehreren verschließbaren Taschen
- massiver Gürtel mit einem Innenfach für Bargeld und die ganz wichtigen Dokumente (Personalausweis, Geldkarten), an dem folgende Dinge befestigt werden:
- Sägemesser, einklappbar
- Feuerzeug
- kleine Taschenlampe mit mindestens 100 Lumen, Ersatzbatterien
- Karabinerhaken
- Kompass
- Wasserflasche
- Abwehrspray (nur dann, wenn Sie damit umgehen können und über entsprechende Kenntnisse verfügen)
- Kugelschreiber
- Kubotan (Kurzstock) als Abwehrwaffe
- Glasbrecher
Außerdem sind einzupacken: Zweimal Unterwäsche und Socken, Decke, Schlafsack, Weltempfänger, Sturmstreichhölzer, Handschuhe, Erste-Hilfe-Set, Essen und Trinken für drei Tage, Medikamente für 14 Tage, Nähzeug, Strick, Brustbeutel für Geld und Dokumente, Besteck, Kohletabletten, Zahnpasta, Seife, Rasierzeug, Handtuch, Angelschnur, wasserdichte Dokumententasche, eine Rolle Toilettenpapier, Taschentücher, kleiner Spiegel, Schreibzeug inkl. Bleistift mit Spitzer, Teelichter, Kunststofftüten verschiedener Größe.
Organisieren Sie sich eine Landkarte, denn das Navigationssystem Ihres Handys könnte nicht mehr funktionieren. Das Wichtigste packen Sie im Rucksack nach oben (z.B. Erste-Hilfe-Set), das Schwerste nahe am Rücken. Der Rucksack muss eng am Träger anliegen, benutzen Sie außerdem einen Hüftgurt. Sie müssen damit rechnen, dass Sie sich von diesem Gepäckstück schnell trennen müssen, wenn Sie verfolgt, bedrängt oder bedroht werden. Deshalb tragen Sie Wertgegenstände prinzipiell am Körper, ebenso wie den Sicherheitsgürtel.
- 14 Liter Wasser je Woche pro Person
- Kerzen und Teelichter, Streichhölzer, Feuerzeuge
- Spirituskocher zur Essenszubereitung
- Wasservorrat für die Hygiene (Wanne befüllen, Plastikkanister benutzen, in denen beispielsweise einmal destilliertes Wasser war)
- Batterien
- Radio mit Mittelwellenbereich
- Taschenlampe
„Steigende Energiepreise und sinkende Versorgungssicherheit gefährden Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand“
Neben Information und Vorsorge vor Blackouts, ist es auch wichtig zu wissen, inwieweit die falsche Energiepolitik gestoppt werden kann und welche Schritte konkret zu machen sind, um das Netz zu stabilisieren. Deutschland ist aus zwei Drittel aller grundlastfähigen Energiequellen, Kohle und Kernkraft ausgestiegen und wollte dies durch Gas aus Russland, aber vor allem aus erneuerbarer Energie kompensieren. Das Problem ist: Erneuerbare Energie ist volatil, sprich, sie ist an exogenen Bedingungen gebunden. Ist es windstill und dunkel, dann gibt es keinen Strom.
Deutschland habe sich mit seiner einseitigen Ausrichtung auf Sonne, Wind und Erdgas in eine Energienot manövriert. „Steigende Energiepreise und sinkende Versorgungssicherheit gefährden Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand“, so die Professoren in ihrer Erklärung. „Das Festhalten am deutschen Atomausstieg verschärft diese Gefahren und bremst – zusammen mit anhaltender Kohleverstromung – den internationalen Klimaschutz.“
Machtwort aus dem Kanzleramt
Währenddessen streitet die Bundesregierung seit Wochen um die drei übriggebliebenen Kernkraftwerke. Nun hat Olaf Scholz ein Machtwort gesprochen. In einem Schreiben an die zuständigen Minister ordnete er an, dass diese die gesetzliche Grundlage schaffen sollen, damit die Kraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 sowie Emsland bis zum 15. April 2023 am Netz bleiben.
In der Fraktion der Öko-Partei gibt man sich zugeknöpft. „Olaf Scholz hat als Bundeskanzler gegenüber den Bundesministern seine Richtlinienkompetenz ausgeübt, die Fraktion ist dadurch nicht gebunden“, stellte die Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann vor der Fraktionssitzung am Dienstag erst mal klar.
Unabhängig, wie dieser Streit ausgeht: Bürger und Politik sind aufgefordert, die Realität anzuerkennen und zu handeln, ehe es zu spät ist und ein flächendeckender Stromausfall auf eine unvorbereitete Gesellschaft trifft. Laut der Tageszeitung Die Welt kostet ein Blackout pro Stunde 500 Millionen Euro. Von den sozialen Zerwürfnissen und dem Vertrauensverlust in staatliche Institutionen ganz zu schweigen.