Stolz wie eine Mutter schielte Nancy Faeser (SPD) während der Pressekonferenz auf Thomas Haldenwang (CDU). Der Präsident des „Verfassungsschutzes“ kündigte gerade an, rechte Äußerungen verfolgen zu wollen. Ja, sogar die Gedanken Rechter wolle der Chef des Inland-Geheimdienstes regulieren. Ganz der Mann der Innenministerin.
Gemeinsam stellten sie ihr Paket im Kampf gegen rechten Extremismus vor. Erst auf Nachfrage ging die Innenministerin auf andere Probleme ein: Klar diene das Paket auch dem Kampf gegen linken Extremismus, zickte sie den unverschämten Fragesteller an. Erst der hessische Wähler, der sie hartnäckig ablehnt. Dann kritische Fragen von Journalisten. Was muss sich Nancy Faeser eigentlich noch alles gefallen lassen?
Nun. Die Antwortet lautet: Das Randproblem, das die Innenministerin auf ihrer Pressekonferenz mit einer schnippigen Bemerkung wegwischen wollte, drängt sich nun in den Mittelpunkt: Links-Terrorismus. Erst eine Terroristin, die über Jahrzehnte ohne Fahndungsdruck in Berlin lebte und Urlaubsbilder auf Facebook postete. Dann eine Unterstützerszene, die sie feierte und die mutmaßlich Daniela Klettes Komplizen zur weiteren Flucht verhalf. Dann ein terroristischer Anschlag auf die Stromversorgung in Brandenburg, der auf das dortige Tesla-Autowerk zielte und zu dem sich Linksterroristen bekannten.
Jetzt steht das Bundeskriminalamt (BKA) vor der Ermittlung dieses Anschlags und zeigt, wie sehr sie auf den Kampf gegen Rechts fixiert sind – und wie hilflos sie daher im Kampf gegen Links wirken: „Die Ermittlungen sind komplex, aber klar ist, die Bedrohungslage auch aus dem linken Spektrum verändert sich“, sagte BKA-Präsident Holger Münch am Sonntag dem ARD-Magazin „Bericht aus Berlin“.
Der Anschlag auf das Tesla-Werk habe einen anderen „Modus Operandi“ als in der Vergangenheit und das Ziel, „einen möglichst großen Schaden anzurichten, und das ist auch gelungen“, sagte Münch. Einen so großen Schaden hätten Brandanschläge der Vergangenheit noch nicht gehabt. „Und das hat natürlich auch den möglichen Effekt eines Ansporns für Nachahmer-Taten. Deswegen werden wir alles tun, die Täter auch wirklich so schnell wie möglich zu ermitteln. Aber es ist nicht einfach, weil die Gruppierung sehr klandestin unterwegs ist.“
Klandestin lässt sich übrigens mit getarnt, heimlich oder geheimnisvoll übersetzen. Wenn Münch von klandestinem Vorgehen spricht, überhöht er die Täter und tut so, als ob diese unbesiegbar seien. Dabei ist die Sprachregelung nichts weniger als das Eingeständnis, das BKA und „Verfassungsschutz“ in Sachen Links-Terrorismus entweder versagen oder gezielt wegschauen. Im Fall Daniela Klette haben BKA und „Verfassungsschutz“ bewiesen, dass sie eine Terroristin nicht einmal finden können, wenn sie Urlaubsfotos auf Facebook postet. Ein kanadischer Journalisten musste den deutschen Profis zeigen, wie ihr Job funktionieren würde, wenn sie ihn ernst nähmen.
Man könne bei der kritischen Infrastruktur nicht alle schützen, räumte der BKA-Chef ein und forderte gleichzeitig Präventivmaßnahmen: „Die Betreiberfirmen brauchen dann auch die Sicherheit, dass es Mindeststandards gibt, die für alle gelten, aber auch die Verpflichtung, individuelles Risikomanagement durchzuführen, zu gucken, wo sind die verletzlichsten Stellen und dort auch entsprechende Schutzmaßnahmen dann auch durchzuführen.“ Damit werde das Risiko für die Täter erhöht. „Dann haben wir es auch leichter mit den Ermittlungen“, sagte Münch. Auf Deutsch heißt das: Wenn der Bürger sich selbst schützt, haben BKA und „Verfassungsschutz“ ihre Arbeit getan – und können sich zusammen mit Nancy Faeser wieder darauf konzentrieren, rechte Gedanken bekämpfen zu wollen.