Tichys Einblick
Menschen machen eine Migration?

Bertelsmann-Stiftung: Ihr schafft das nicht

Je mehr man aus solchen Studien und auf solchen Plätzen im Internet liest, desto klarer wird einem die abgrundtiefe Mediokrität der Leute, die sich da tummeln und ihr Geld nicht wert sind: Egal, wie man politisch über ihre Produkte denkt.

Was hat die Bertelsmann-Stiftung von der Böll-Stiftung gelernt, die aktuell gerade in die Schlagzeilen geraten ist, mit einem unter ihrem Dach veröffentlichten, aber mittlerweile vom Netz genommenen Denunzianten-Wiki „Agentin.org“? Nicht viel, wenn man einen Blick auf die aktuellen Tätigkeitsfelder wirft. Nein, leider ist nicht einmal eine besondere Sorgfalt erkennbar.

So fragte Bertelsmann am 27.07.2017 „Braucht Deutschland ein Einwanderungsgesetz?“, während man eben da eine Publikation anbietet mit dem Titel: „Deutschland braucht ein Einwanderungsland“. Das wäre in etwas so, als wenn die Kellnerin sie fragen würde, ob sie noch etwas trinken möchten, während sie Ihnen schon das nächste Bier hinstellt.

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Bertelsmann weiter: „Im Jahr 2015 kamen 1,1 Millionen Menschen mehr zu uns als das Land verließen – ein Rekordwert.“ Was nun so klingen will, als gäbe es hier einen fröhlichen Austausch, ein Köfferchen-hin-und-her, wo nur zufällig mal das Pendel zur anderen Seite ausgeschlagen wäre, haben wir alles andere als ein Wechselbad der Gefühle, sondern wohl eher eine ziemlich einseitige Osmose, wenn tausende deutsche Millionäre das Land verlassen, also ihren Auslandskonten entgegenfliegen. Jährlich verlassen übrigens rund 140.000 hier Geborene das Land, viele davon allerdings aus beruflichen Gründen auf Zeit und mit einem Arbeitsvertrag bewaffnet. Die Welt schrieb dazu schon 2015, es seien besonders Akademiker und Führungskräfte. „Doch viele kehren auch zurück – mit neuen Kompetenzen und Kontakten.“

Besorgniserregende Wanderjahre: So möchte die Bundesregierung das in Kooperation mit dem Institut der deutschen Wirtschaft betriebene Willkommensportal für internationale Fachkräfte, „Make it in Germany“ jetzt auch auf Deutsche im Ausland ausweiten.

Weiter Bertelsmann: „Viele der Einwanderer sind Flüchtlinge.“ Auch das ist falsch. Es sind nicht viele, sondern, wenn man der Statistik „Anerkennungs- und Ablehnungsquoten von Asylanträgen nach Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF)“, Glauben schenken mag, gerade einmal ein Fünftel der Antragsteller 2017.

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Die sich illegal in Deutschland aufhaltenden Zuwanderer drücken diese Quote selbstverständlich noch im erheblichen Maße weiter nach unten – denn wenn es, wie 3Sat schon 2009 (!) herausgefunden haben will, Hunderttausende sein sollen, wie viele sind es heute, die über die offenen Grenzen gekommen sind, ohne sich registrieren zu lassen oder die über ein Touristenvisum kamen, ohne termingerecht auszureisen?

Bertelsmann ist dennoch guter Hoffnung: „Unter ihnen sind bestens ausgebildete Menschen, die, wenn sie Deutsch lernen und sich gesellschaftlich integrieren, unsere Wirtschaft verstärken und unser Land bereichern können.“ Sicher ist das nicht einmal falsch, es mögen welche „unter ihnen“ sein, auf die das zutrifft, nur wie wenige sind es wirklich, wenn die OECD selbst noch bezogen auf die so vielgelobten Syrer und ihr angeblich hohes Bildungsniveau feststellen musste: „In Syrien schaffen 65 Prozent der Schüler nicht den Sprung über das, was die OECD als Grundkompetenzen definiert.“

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Auf die Frage der ZEIT an den Bildungsökonom Ludger Wößmann, was das denn nun alles bedeuten würde, antwortet der: „Das heißt, dass zwei Drittel der Schüler in Syrien nur sehr eingeschränkt lesen und schreiben können, dass sie nur einfachste Rechenaufgaben lösen können. Und das bedeutet, dass diese Schüler in Deutschland, selbst wenn sie Deutsch gelernt haben, kaum dem Unterrichtsgeschehen folgen können.“ Die ZEIT hakt nochmal nach, wie das denn sein könne: „Gerade die Syrer gelten doch als vergleichsweise gut gebildet!“

Antwort Wößmann: „Die Ergebnisse sind eindeutig: Vom Lernstoff her hinken syrische Achtklässler im Mittel fünf Schuljahre hinter etwa gleichaltrigen deutschen Schülern hinterher. Und dabei liegt der Besuch in der weiterführenden Schule dort nur bei 69 Prozent.“

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Die Bertelsmann Stiftung bewegt sich also auch in der Nach-Agentin-org-Zeit immer noch in den Sphären des Mystischen und Nebeligen gutmeinender Nichtwisser. Gibt dann allerdings fast kleinlaut zu, dass insgesamt gesehen und trotz Rekordzuwanderung “nur relativ wenige Fachkräfte aus dem außereuropäischen Ausland zu uns“ gekommen seien. Ach ja …

So erörtern nun in genannter Bertelsmann-Publikation Experten und solche, die man dafür hält, wie ein solches Einwanderungsgesetz dazu beitragen könnte, mehr Fachkräfte für Deutschland zu gewinnen. Einwanderung könne aber nur gelingen, „wenn die Bevölkerung dafür offen ist“. Das wiederum könnte erklären, welche Erziehungsaufgabe sich Stiftungen wie Bertelsmann gestellt haben könnten. Nur, und das mag hier den entscheidenden Teil der Denkverweigerung ausmachen: Die Massenzuwanderung nach Deutschland bleibt davon völlig unberührt, ganz gleich, wieviel Fachkräfte noch zusätzlich über ein Einwanderungsgesetz ins Land geholt werden.

Eine Zumutung
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In einem „Policy Brief“ genannten Dossier zeigt dann ein Bertelsmann Migrationsexperten namens Matthias M. Mayer, „wie ein faires und effektives Einwanderungsgesetz für Deutschland aussehen sollte.“ Laut Mayer geht es um Effektivität, Transparenz, Attraktivität, Effizienz und Legitimation. Schlagworte, wie aus einer mittelständischen Werbeagentur oder aus dem Bodo-Schäfer-Chaka-wir-schaffen-das-Motivationsseminar.

Interessant allenfalls, der Schlangentanz des Bertelsmann-Experten, wenn es um Begrifflichkeiten geht. So wird hier aus Flucht vs. Migration die „Fluchtmigration“, als ginge es beim Verfassen so eines Dossiers um die Arbeit eines gewieften Werbetexters. Aber nein, der Kollege hat hier nur aus einem Papier der Agentur für Arbeit übernommen. Oder eben andersherum: ach, man befruchtet sich ja gegenseitig. Demgegenüber gibt es übrigens noch die „Trans-Migration“. Sie wird uns vom Sachverständigen des Deutschen Bundestages, Dr. Klaus Dienelt in leider nur mäßig gelungenem Deutsch auf migrationsrecht.net erklärt: „Bei einer Trans-Migration handelt es sich, wenn Menschen immer sowohl wegen einer Verbesserung ihrer Lebensumstände in ein anderes Land umziehen als auch im Laufe ihres Lebens noch mindestens einen weiteren Länderwechsel vornehmen.“ 

Keine Handreichung
Studie der Otto-Brenner-Stiftung: "Die Flüchtlingskrise in den Medien"
Man reist also umher. So wie Millionen Glücksritter weltweit. Und Deutschland ist dabei so etwas wie die wohlstandsverheißenden Welt-Malediven geworden. Der islamische Inselstaat allerdings weiß um die Begehrlichkeiten der Anderen und ist längst an seine natürlich Obergrenze gestoßen. Palmen, Sonne, das Meer – eben ein attraktiver Standort für wenige.

Aber Strandvergnügungen mit Meeresfrüchtecocktail sind wohl nicht die einzigen Bedingungen für Attraktivität, wie die Massenzuwanderung nach Deutschland zeigt. Und so stößt Matthias M. Mayer in seinem Dossier zum Einwanderungsgesetz dann auch an seine natürlichen Grenzen, wenn er befindet: „Allerdings gilt es, Möglichkeiten und Grenzen eines Einwanderungsgesetzes realistisch einzuschätzen.“ Ja, das hätten wir gerne gelesen. Und nicht solch zeilenfüllende Allgemeinplätze wie diesen hier:

Wieder erzählen die Medien Unsinn nach - wenn er nur paßt
Die enthemmte Analyse
„Denn die erfolgreiche Integration und Teilhabe der Migranten am Arbeitsmarkt sorgt für Fairness und einen dreifachen Nutzen. (…) Aber auch die Herkunftsländer profitieren von der Arbeitsmarktintegration von Migranten – und zwar durch Sekundäreffekte wie Geldrücksendungen …“ Geldrücksendungen! Ja, um die geht es doch. Nur eben ganz anders.”

Wie ich den letzten Satz mit „machen” genau verstehen soll, muss ich noch überdenken: „Menschen können aus verschiedenen Gründen eine Migration machen.”

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