In Berlin wird gewählt – mal wieder. Nach der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl vor einem Jahr folgt morgen die teilweise Wiederholung der Bundestagswahl. Beide Wahlen hätte es vermutlich unter normalen Umständen nicht gegeben. Denn trotz chaotischer Zustände hatte die Berliner Regierung die Diskussion darüber nach ein paar Monaten für beendet erklärt. Die mit Mühe zusammengeschmiedete Linkskoalition in der Hauptstadt sollte schließlich nicht wieder wanken.
Auf welch tönernen Füßen das Bündnis stand, zeigte sich nur nach dem wiederholten Urnengang. Die SPD zeigte sich trotz Abstrafung und Verlust des Bürgermeisteramtes willig, mit dem Wahlgewinner CDU zu koalieren. Dass sich unter Kai Wegner nicht viel geändert hat, hat sich mittlerweile herumgesprochen. In Berlin freilich kein Grund zur Aufregung: da es sich um Wiederholungswahlen handelte, wird das gesamte Abgeordnetenhaus bereits in zwei Jahren wieder neu gewählt.
Zurück zu den Bundestagswahlen. Für die gilt wie für die Abgeordnetenhauswahlen: ungewollte bürokratische Vorgänge aus der Sicht von Regierung und Verwaltung. Dass das Bundesverfassungsgericht nur eine teilweise Wiederholung für bestimmte Bezirke anordnete, statt eine komplette Wiederholung, während der Verfassungsgerichtshof Berlin letztere wegen derselben Mängel am selben Tag anordnete, ist ein Kapitel für die Geschichtsbücher. Dass bei der Aufklärung nicht die Platzhirsche der Massenmedien oder gar des öffentlich-rechtlichen Rundfunks den Ton angaben, sondern TE, ist mittlerweile bekannt – bei denen, die es wissen wollen.
Auch bei dieser Bundestagswahlen nehmen die öffentlich-rechtlichen Medien eine besondere Stellung ein – indem sie wie bei der Aufklärung keine einnehmen. Anders als sonst spielen die Wahlen in einem Bundesland eine untergeordnete Rolle. Fast hat man den Eindruck, man möchte sie wie die damaligen „Pannen“ ausklammern. Das Vertrauen in die Demokratie ist in diesem Land so wichtig. So denn die richtigen Parteien gewählt werden.
Und so ein bisschen Skepsis könnte man tatsächlich hegen, denn in Berlin passieren nicht nur Pannen, sondern es ist die Pannenhauptstadt – städtisch wie bundespolitisch. Der Verfassungsgerichtshof hat bekanntlich damit argumentiert, die Abgeordnetenhauswahl auch deswegen komplett zu wiederholen, weil sonst das Vertrauen in die Demokratie Schaden nehmen könnte. Sollte also die Abgeordnetenhauswahl dieses Vertrauen wiederhergestellt haben, kann das bei einer teilweisen Wiederholung konsequenterweise auch nur teilweise passieren.
Laut Landeswahlleiter Stephan Bröchler ist Berlin „gut vorbereitet, um die Teilwiederholungswahl zum Deutschen Bundestag zu realisieren“. Bei rund 550.000 Wahlberechtigten dürfte das auch keine Herausforderung sein.
Anders als bei der Abgeordnetenhauswahl geht es für die Bürger – um gefühlt nichts. Bereits die Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl galt als wenig frequentiert, doch ihr haftete die Möglichkeit an, dass es zu einem Regierungswechsel kommen könnte. Die wenigen Bundestagskandidaten, die von einer Wahlwiederholung betroffen sind, werden wohl kaum die Berliner vor den Ofen hervorlocken. Ein Grund, dass die Berlinwahl 2021 aus den Fugen geriet, war nicht zuletzt die Akkumulierung von drei Wahlterminen gepaart mit einem Marathonlauf. Im trüben Februar ist davon nichts zu sehen und auch wenig zu erwarten.
Laut Tagesspiegel laufen in der Berliner U-Bahn sogar Wahlaufrufe. Über der Teilwiederholung hängt also weniger der Schatten der Pannen oder gar ein politischer Wechsel. Vielmehr droht der Wahlgang schlicht in Vergessenheit zu geraten. Bröchler sah sich gezwungen, ein Video zu schalten: „Berlin braucht ihre Stimme“. Während 2021 mit dem Rotstift Stimmen zur Verfügungsmasse wurden, lechzt man heute nach ihnen.