Tichys Einblick
Stetiges Staatsversagen

Berlin – wo Gesetzesbruch planbar ist

Die Polizei schaut dem Verbrechen zu, die Behörden vergeben keine Termine an Bürger und demnächst schlagen sogar die Mülleimer Rabatz. In Berlin zeigt sich täglich, wie Staatsversagen aussieht.

IMAGO / Axel Kaste

Der Gesetzesbruch in Berlin lässt sich planen. Er könnte in den Terminkalendern der Zeitungen stehen, so zuverlässig ist er: Jeden Mittwoch und Samstag treffen sich die Gesetzesbrecher vorm S-Bahnhof Yorckstraße. In der Unterführung der Großgörschenstraße. Der Gesetzesbruch beginnt pünktlich um 9 Uhr. Jeden Mittwoch und jeden Samstag. Dann drängen sich fliegende Händler den Passanten auf. Mit Zigaretten und Mobilfunkgeräten. Ob die Ware geklaut oder unverzollt ist, ist unklar – aber durchaus wahrscheinlich. Angemeldet sind die Händler mit großer Sicherheit nicht – anders als die vom Markt in der Crellestraße, direkt nebenan.

Die Berliner Polizei weiß von dem Schwarzmarkt in der Großgörschenstraße. Das Ordnungsamt auch. Ab und an kommen sie zu Razzien vorbei. Doch die Händler des Schwarzmarktes sind wie ein Familienbetrieb organisiert. Sie einer Ethnie zuzuordnen gilt in Deutschland als Rassismus. Wer es doch versucht, sollte wenigstens dran denken, dass das korrekte Wort „Sinti und Roma“ heißt. Diese Familienbetriebe stellen Aufpasser ab. Nähern sich die gut erkennbaren Polizisten oder Mitarbeiter des Ordnungsamtes, geben die Wachposten ein Signal und die Händler hauen ab. Zwei Minuten nachdem Polizei und Ordnungsamt abgezogen sind, belästigen die Händler wieder Passanten. Ein oder zweimal passiert dieses Treiben jeden Monat, dann fällt für eine halbe oder ganze Stunde der Betrieb auf dem Schwarzmarkt aus. Damit funktioniert der Gesetzesbruch in Berlin aber immer noch zuverlässiger als die S-Bahn.

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Das ist Staatsversagen: Die staatlichen Stellen wissen um einen Gesetzesbruch, der pünktlich jeden Mittwoch und Samstag ab 9 Uhr passiert. Doch ihr Eingreifen ist in seltenen Momenten halbherzig. Das sind die besseren Momente. Ansonsten gibt es dieses nicht. Wer Süßigkeiten oder Bettwäsche fragwürdiger Herkunft kaufen will, oder Klamotten – sagen wir optimistisch: aus zweiter Hand –, der weiß, wo es diese gibt. Und wann.

Doch dieses Staatsversagen beschränkt sich nicht auf die Arbeit der Polizei und des Ordnungsamtes. Es ist auch und vor allem in den Berliner Rathäusern und Amtsstuben zuhause. So berichtet die Morgenpost an diesem Wochenende über eine angehende Fahrlehrerin. Sie würde gerne ihre Prüfung ablegen. Doch die Stadt Berlin ist laut dem Bericht seit Monaten nicht in der Lage, ihr einen Termin zu geben. Es gibt an der Spree einen „Arbeitskräftemangel“ unter Fahrlehrern – er könnte um diese eine Lehrerin kleiner werden, doch die Berliner Verwaltung versagt nach Art des Hauses.

Die betroffene Frau kann es sich erlauben. Ihr Ehemann betreibt eine eigene Fahrschule. Dass sie immer noch nicht arbeiten kann, bringt den Betrieb um viel Geld und junge Menschen um Fahrstunden. Doch die Existenz der Frau ist nicht gefährdet. Ihr Mann fährt genug ein, damit beide leben können. Ohne ihren Mann wäre diese Frau in der Hauptstadt der Genderstudies und Frauenbeauftragten allerdings verloren. Linke Politik müssen sich Arbeitnehmer halt leisten können. Vor allem Arbeitnehmerinnen.

Stichwort Beauftragte: Berlin ist die Hauptstadt der Antisemitismus-Beauftragten und Beauftragten gegen Rechts. Mit bedingtem Erfolg. Am Wochenende griffen Unbekannte die SPD-Geschäftsstelle im Stadtteil Neukölln an. Sie warfen Scheiben ein und beschmierten eine mit dem Slogan „Für Gaza“. Dem Kampf gegen Rechts ist es immerhin zu verdanken, dass in der Stadt jeder weiß, wer dafür nicht als Täter in Verdacht gerät. Und die Stichworte Neukölln und Gaza sind ein Hinweis auf die Klientel, die stattdessen in Frage kommt. Polizei, Politik oder Staatsanwaltschaft nennen diese zwar nicht gerne beim Namen – aber es weiß auch so jeder. Und jede. Um den Berliner Frauenbeauftragten gerecht zu werden.

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Berlin ist eine gescheiterte Stadt
Gegen Links kämpft in Berlin niemand. Aus der Richtung drohe keine Gefahr, waren sich Grüne, Linke und SPD sicher, als sie diese Stadt jahrelang regierten. Nun meldet DPA an diesem Wochenende: Im Stadtteil Lichtenberg haben Brandstifter einen Funkmast abgefackelt und ein Kabel beschädigt. In der Nähe fand die Polizei Graffiti aus der Anarcho-Szene. Nun kommt auf die Polizei die undankbare Aufgabe zu, in einer Szene zu ermitteln, die von der Politik per se als unverdächtig geframt wird.

Durchaus möglich, dass diese Versuche so erfolglos verlaufen, wie die, antisemitisches Treiben zu verhindern. Entgegen aller Ankündigungen – etwa des Bundeskanzlers – marschierten am Wochenende wieder Israel-Hasser von Kreuzberg nach Neukölln. Ja, während der Demo seien von Lautsprecherwagen israelfeindliche Sprüche ausgegeben worden, räumte RBB 24 Inforadio ein. Aber es sei alles friedlich gewesen, betonte der Staatsfunk. Als sich abends die Demo auflöste und die Teilnehmer zurück in ihre Stadtteile fuhren, war ihre Aggressivität immer noch spürbar – und die israelfeindlichen Slogans zu hören. Friedlicher Antisemitismus, wie es der RBB nennen würde.

Eine Demo am Potsdamer Platz verhinderte die Polizei indes. Mit großem Aufwand. In direkter Nachbarschaft zur offiziellen Veranstaltung mit dem Bundespräsidenten. Ganz Berlin ist vielleicht mit Graffiti verschmiert. Ganz Berlin ist mit Drogenabhängigen bevölkert. Und in diesen Tagen ist ganz Berlin von Hamas-Anhängern geprägt. Nur nicht im Regierungsviertel. Dank des dort großen Polizeieinsatzes. Sich selbst setzt die Politik ihrem eigenen Versagen nicht aus.

Eine Silvesternacht wie im vergangenen Jahr soll sich in diesem Jahr auch nicht wiederholen. Deswegen fordert die Gewerkschaft der Polizei gleich, Berlin solle jedes private Feuerwerk einfach ganz verbieten. Zumindest in der Kernstadt. Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg geht einen anderen Weg. Zwischen Landwehrkanal und altem Flughafen soll es Zonen geben, in denen das private Feuerwerk erlaubt ist. Und folglich welche, in denen es eben nicht erlaubt ist. Der Schöneberger Steinmetzkiez gehört in einer Art Berliner Traditionen zu den Hauptorten der Krawalle. Dort ein teilweises Böllerverbot durchzusetzen dürfte für die Polizei in der nächsten Silvesternacht keine allzu dankbare Aufgabe werden.

Tag der Schande:
Jüdische Schüler fürchten in Berlin um ihre Sicherheit
Ein wenig verändert sich etwas in Berlin. Zum Positiven? Wie man’s nimmt. Im Frühjahr kam mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner die CDU an die Macht. Sie will jetzt Zeichen setzen, dass sie aufräumt. In einem Pilotprojekt wollen die Christdemokraten zum Beispiel Mülleimer mit Alarmanlagen versehen. Die sollen läuten, wenn die Eimer überfüllt sind. Wem der Gestank als Hinweis nicht reicht, oder der auf die Straße überbordende Müll, der bekommt jetzt auch noch ein akustisches Signal. In einigen Berliner Stadtteilen dürfte es dann ziemlich laut werden.

Aber so richtig packt Wegner den Besen nicht an. Aus dem konservativen Hardliner wurde sofort nach seiner Wahl eine grüne Kreidestimme. Denn in Berlin gibt es durchaus ein Jobwunder. Vor allem im öffentlichen Dienst. Den haben sich Grüne, Linke und Sozialdemokraten aufgebläht und zum Untertanen gemacht. Wäre Wegner nicht auf grünen Kurs umgeschwenkt, wäre es für ihn in seinem direkten Umfeld recht ungemütlich geworden. Vom Landessender RBB gar nicht erst zu reden, der rücksichtslos grün in seiner Berichterstattung ist.

Und die ganzen Beauftragten in der Verwaltung haben so letztlich etwas gebracht. Nicht dem Kampf gegen Antisemitismus. Dem nicht: Am letzten Regierungssitz Adolf Hitlers empfiehlt der Staat 78 Jahre nach dessen Freitod, auf das Tragen der Kippa zu verzichten. Ihre Gesundheit oder ihr Leben wären sonst in Gefahr. Der Fußballverein Makkabi Berlin hat den Spielbetrieb zwischenzeitlich eingestellt, weil der Staat die Sicherheit von jüdischen Fans und Spielern nicht mehr sicherstellen kann. Trotzdem haben die ganzen Beauftragtenstellen etwas gebracht: gut und zuverlässig gefüllte Konten von Parteigängern der Grünen, der SPD und der Linken. Soll keiner behaupten, der Staat bekäme in Berlin gar nichts hin.

Nach dem Redaktionsschluss dieses Textes wurde bekannt: Am späten Sonntagabend haben Unbekannte ein jüdisches Krankenhaus in Berlin-Wedding angegriffen. Wie die Bild berichtete, sind Fenster eingeworfen worden. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin hat demnach innerhalb der ersten zehn Tage nach den Morden der Hamas 70 antisemitische Übergriffe in Berlin gezählt.

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