„Lieber tot als rot“ war gestern. Heute will man lieber im Dunklen sitzen, statt der Atomkraft nur einen Fußbreit Raum zu zollen. Das Bundesministerium für Wirtschaft sieht sich dabei im Kampf gegen renitente Querulanten. Dazu gehört der wirtschaftspolitischen Sprecher der AfD, Leif-Erik Holm, der die „Augenwischerei“ der Bundesregierung mit Anfragen deutlich gemacht hat. Aber er ist nicht der einzige.
Auch der AfD-Abgeordnete Norbert Kleinwächter hatte ganz ähnliche Fragen wie sein Kollege gestellt. Kleinwächter konfrontierte die Bundesregierung mit dem Gutachten der Ruhr-Universität Bochum. Darin widersprechen die Professoren der Einschätzung des Bundeswirtschafts- und Umweltministeriums. Deren Einwände gegen die Fristverlängerung seien „wenig überzeugend“.
Die Antwort der Bundesregierung? Die Wiederholung desselben. „Die Betriebsgenehmigung im Übrigen bleibt selbstverständlich erhalten, um einen illegalen Nichtleistungsbetrieb während der Phase bis zum Abbau der Anlagen zu verhindern. Das ändert jedoch nichts daran, dass das Recht zum Leistungsbetrieb erloschen ist“, sagt die Parlamentarische Staatssekretärin Bettina Hoffmann. Es bliebe ein „erhebliches rechtliches Risiko“ bestehen, falls „notwendige Umweltverträglichkeitsprüfungen und nach § 19a AtG vorgeschriebene periodische Sicherheitsüberprüfungen unterblieben“.
Zudem verweist das Ministerium wie bei Holm auf das Gespräch zwischen Regierung und Betreibern am 5. März . Es handelt sich um die Allzweckwaffe der Bundesregierung bei unangenehmen Fragen zur Fristverlängerung: auch die Kernkraftbetreiber haben die Risiken betont, die Nicht-Verlängerung ist mit ihrem Einvernehmen beschlossen worden.
Doch auch dieses legendäre Treffen und seine Beschlüsse steht auf immer wackligerem Beinen. Die Bundesregierung hatte die langen Lieferzeiten für Brennstäbe als unüberbrückbares Hindernis für die Verlängerung dargestellt. Jetzt berichtet die Welt: Energie-Manager stellten schnellere Brennstab-Beschaffung in Aussicht. Es war die Ampel, die ablehnte.
Die Bundesregierung stellt sich demnach nicht den Ergebnissen anderer Experten. Sie bleibt bei den Feststellungen, die sie schon seit Monaten wiederholt. Diejenigen, die so gerne behaupten, man solle der „Wissenschaft folgen“, folgen in Wirklichkeit der Behörde. In dieses Konglomerat gehört auch ein denkbarer Auftritt des Social-Media-Teams des Bundeswirtschaftsministeriums.
Wegen des Vorwurfs der Falschaussagen schaltete sich der Account des BMWK in eine Diskussion ein. Er beteuerte: „Sie dürfen darauf vertrauen, dass solche Entscheidungen von Experten vorbereitet werden – unabhängig von der jeweiligen Hausleitung und auf Basis von Fakten.“ Auf Nachfrage, wer denn diese Experten seien, äußerte der offizielle Account des Ministeriums: „Ja, das BMWK und die anderen beteiligten Behörden. Möchten Sie die Kompetenz der Behörden anzweifeln?“
Das ist doch einmal eine Ansage. Womöglich könnten Robert Habecks Mannen und die, die sich dafür halten, bald einen eigenen Ministeriumsschlage reinführen: „Die Behörde, die Behörde, die hat immer Recht!“