Tichys Einblick
Behörden überfordert

Wie das ohnehin extrem liberale neue Einbürgerungsrecht ausgehebelt wird

Die „Ampel“ hat mit dem neuen Einbürgerungsrecht ein Gesetz durchgezogen, ohne die gesellschaftspolitischen und die administrativen Folgen zu bedenken. Nun forcieren geschäftstüchtige Anwälte qua Untätigkeitsklage eine Turbo-Einbürgerung und legen zugleich deutsche Gerichte lahm. Die Kosten trägt der Steuerzahler.

picture alliance / CHROMORANGE | Christian Ohde

Im Januar 2024 hatte die „Ampel“ im Zuge ihrer „NO BORDERS – NO NATIONS“-Ideologie ein neues Einbürgerungsgesetz durchgezogen – gegen die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, die dieses Gesetz und den „Doppelpass“ ablehnt. Das hat die „Regierenden“ nicht interessiert, für sie ist das neue Einbürgerungsgesetz Teil der links-grünen (auch gelben) Agenda, um Deutschland sukzessive zu verändern und um die eigene Wählerbasis zu vergrößern.

Nicht drin, was draufsteht
„Turbo-Einbürgerung“ sagen, Turbo-Einwanderung meinen
Die letzte Einbürgerungsreform hatte es mit der rot-grünen Regierung 1999 gegeben – gültig ab 2000. Bis dahin musste sich ein Ausländer mindestens 15 Jahre in der Bundesrepublik aufgehalten haben, ehe er einen Einbürgerungsantrag stellen konnte. Dann genügten acht Jahre. Durch besondere sprachliche oder berufliche Integrationsleistungen konnte diese Frist auf sechs Jahre verkürzt werden. Seit Inkrafttreten des neuen Einwanderungsrechts am 27. Juni 2024 können Ausländer nun schon nach fünf Jahren „Deutsche“ werden, bei „besonderen Integrationsleistungen“ sogar nach drei Jahren – während zugleich die unkontrollierte Zuwanderung weitergeht.

Die „Ampel“ behauptete und behauptet, mit diesem neuen Einwanderungsgesetz würden Fachkräfte angelockt. Aber das ist Illusion. Denn offenbar sind es vor allem Asylbewerber mit seit Jahren währendem Aufenthaltsrecht, die das neue Gesetz in immer größerer Zahl nutzen. Das zeigt die Statistik der Herkunftsländer der Bewerber. An der Spitze der Statistik liegen seit Jahren Syrer. Im Jahr 2002 gab es 168.500 Anträge, davon entfielen auf Syrer 48.300 (= 28,7 Prozent). 2023 gab es 200.100 Anträge, davon entfielen auf Syrer 75.485 (= 37,7 Prozent). 2024 explodierte die Zahl der Anträge weiter, in manchen Städten allein in den ersten fünf Monaten des Jahres 2024 gegenüber 2023 um bis zu 100 Prozent. Folge: Mitte 2024 lagen über 200.000 Anträge als noch nicht abschließend bearbeitet bei den Behörden.

Die „Ampel“ wirbt dennoch unverdrossen weltweit kräftig für die neuen Einbürgerungsregeln. Auch in arabischer Sprache.

Am 7. Juni 2024 bezifferte Reem Alabali-Radovan die (damals!) geplanten Kosten für die Einbürgerungskampagne auf 459.278,11 Euro. Damals war das Gesetz aber noch nicht in Kraft. Neue Zahlen sind nicht zu bekommen. Reem Alabali-Radovan, 1990 mit irakischen Wurzeln in Moskau geboren und 1996 nach Deutschland gekommen, ist übrigens Staatsministerin beim Bundeskanzler, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration sowie Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus. Das Bundesinnenministerium verkündete am 25. Juni 2024 parallel: „Einbürgerungen schneller möglich, Voraussetzungen aber strenger.“ Strenger?

Turbo-Einbürgerung mit juristischen Tricks

Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts
Debatte im Bundestag: Ampel will „Turbo-Einbürgerung“ ermöglichen
Die „Ampel“ – hier übrigens nicht zum ersten Mal – hat mit dem neuen Einbürgerungsrecht ein Gesetz durchgezogen, ohne die gesellschaftspolitischen und die administrativen Folgen zu bedenken. Nun forcieren geschäftstüchtige Anwälte qua „Untätigkeitsklage“ eine Turbo-Einbürgerung und legen zugleich deutsche Gerichte lahm, so ist aus mehreren Gerichten zu hören. Die Kosten trägt der Steuerzahler. Das geht ganz einfach so: Wenn sich die zuständige Behörde drei Monate lang nicht rührt, kann der Bürger gemäß Verwaltungsgerichtsordnung (VwG; §§ 68 und 75) Untätigkeitsklage erheben. Siehe www.gesetze-im-internet.de/vwgo/

Dieses Mittel wird derzeit üppig genutzt. Absicht ist, die Einbürgerung schneller zu erhalten. Die NZZ berichtet am 11.November 2024: „Wenn nämlich die zuständige Behörde nach Zustellung der Untätigkeitsklage dem Gericht signalisiert, in dem jeweiligen Fall entscheiden zu wollen, stellt das Gericht die Sache klaglos. Dann wird eingebürgert, beide Seiten erklären den Rechtsstreit für erledigt, und der Staat zahlt häufig neben den Gerichtsgebühren auch die Anwaltskosten, obwohl er das nicht müsste. Das bestätigen die Verwaltungsgerichte Berlin, Hamburg und München.“ Aussichtsreich ist das Vorgehen überall im Bund. In einigen Gebieten Deutschlands beträgt die Bearbeitungszeit bis zu 48 Monate.

Die NZZ berichtet weiter: In der Zeit vom 1. Oktober 2023 bis zum 31. Oktober 2024 seien allein in Berlin 1.509 Untätigkeitsklagen gegen das Landesamt für Einbürgerung (LEA) eingegangen. Gerichtssprecherin Anna von Oettingen dazu: „Davon sind noch 892 offen.“ Statt wie bisher eine Kammer des Gerichts befassen sich inzwischen vier Spruchkörper damit. Die Verwaltungsgerichte von Hamburg und München bestätigen ebenfalls einen massiven Anstieg der Eingänge. Es kommt hinzu: Die Anträge können mittlerweile auch digital gestellt werden. Zu Berlin teilte das LEA diesbezüglich der NZZ mit: Bis zum 13. Oktober 2024 sind insgesamt 34 035 vollständige digitale Anträge eingereicht worden. Aus Effizienzgründen verzichte man auf das Gespräch mit dem Bewerber, das bis dato in den Bezirken üblich war. Bis Ende September 2024 wurden vom LEA 13 512 Personen eingebürgert, davon 8176 im letzten Quartal.

Ausblick

Deutsche Sprachkenntnisse nicht mehr nötig?
Ampel mit Aktion auf Englisch für Doppelpass und leichtere Einbürgerung
Das kann noch „lustig“ werden. Allein das Berliner LEA hatte schon zum 1. Januar 2024 die Zuständigkeit für rund 40 000 offene Einbürgerungsanträge. Hinzu kommen seit dem 1. Januar 2024 direkt gegen das LEA gerichtete Untätigkeitsklagen, da der Einbürgerungsantrag noch unentschieden ist. Spricht sich die Methode weiter herum, dürften die Verfahrenszahlen explodieren. Dabei ächzen die Verwaltungsgerichte ohnehin schon unter einer neuen Asylklagewelle.

Oder fehlt einfach – zynisch gefragt – jetzt nur noch, dass die (Noch-)Bundesregierung einen „Ratgeber“ auflegt, wie man eine Fristverkürzung bekommen kann. Beim Asyl gibt es diese Ratgeber ja zuhauf: seitens der Asyl-Lobby und seitens der Bundesregierung übrigens seit 2019.

Nein, Zynismus beiseite: Das neue Einwanderungsgesetz ist eines der Gesetze, die von einer neuen Koalition schleunigst rückabgewickelt werden müssen.

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