Seit Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben wurden, selbstverschuldet bekanntlich, um fortan mit Arbeit und Mühsal das Erdendasein zu fristen, träumt der Mensch von einer Rückkehr in diesen paradiesischen Zustand. Die meisten haben dabei das Schlaraffenland vor Augen, ein Ort, in dem in Auslegung des berühmten Bildes von Pieter Bruegel dem Älteren die Menschen in Ruhe unter dem Baum liegend darauf warten, dass ihnen die gebratenen Tauben in den Mund fliegen.
Ein Hauch dieses fürwahr paradiesischen Zustands ist schon zu spüren! Das historisch hohe deutsche Einkommens-und Versorgungsniveau sowie sozialromantische Umverteilungssehnsüchte machen es möglich. Jedenfalls in den Köpfen von altruistischen Gutmenschen, die zwar dem Himmel sehr nahe, den realen Zuständen der Durschnittsmenschen auf Erden, bei denen vor dem Verteilen erst das Erarbeiten kommt, jedoch sehr fern zu sein scheinen.
Corona und die anschwellende und unterschwellige Debatte über eine gerechte Einkommensverteilung in Deutschland haben es aufs akademische Tablett gebracht. Seit kurzem beschäftigen sich in Berlin Politiker und Sozialwissenschaftler ernsthaft mit der Idee, wie es denn wäre, wenn die Menschen ein „bedingungsloses Grundeinkommen“ erhalten würden, gezahlt aus dem Staatssäckel, also von der Gemeinschaft der Steuerzahler, nicht aus der himmlischen Portokasse. Was nicht wundert, denn die Idee dazu stammt nicht zuletzt aus klerikalen Kreisen, gleich welcher Konfession.
Mit diesem Experiment möchte der Berliner Verein „Mein Grundeinkommen“ (so etwas gibt’s) in Kooperation mit renommierten Wirtschafts- und Sozialforschern wissenschaftlich ergründen, ob und wie Menschen ihr Erwerbs- und Konsumverhalten verändern, wenn sie monatlich ein bedingungs- und bindungsloses Grundeinkommen erhalten. Was die Probanden von existenziellen Ängsten und Nöten befreit; wobei einzuräumen ist, dass 1.200 Euro keine Luxusversorgung erlauben, sondern eher nur das Existenzminimum anreichern.
Das Ganze wirft für Ökonomen respektive Marktwirtschaftler natürlich Fragen auf: Hätte ein solche Zahlung große negative gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen? Soweit es Arbeitslose betrifft, würden diese ihre Bemühungen um einen neuen Job einstellen oder die Suche nur noch halbherzig betreiben.? Und vor allem, Einkommen ohne Leistung, ist das systemgerecht bzw. ist das überhaupt gerecht? Und vor allem: wer soll das bezahlen?
Schaltet man den gesunden verhaltensökonomischen Menschenverstand ein, so kann man sicher auch ohne Kenntnisse darüber, welche Ergebnisse die Studie erbringen wird, nur eines sicher vorhersagen: Die Studie kostet Geld und nährt über drei Jahre die damit beschäftigten Wissenschaftler. Das Geld dafür soll über Spenden aufgebracht werden, ob und wieviel davon der Berliner Senat spendet ist nicht bekannt.
Um es kurz zu machen: Große Verhaltensänderungen bei den monatlich Begünstigten, repräsentative Zusammenstellung unterstellt, sind als Ergebnisse der Studie nicht zu erwarten:
- Diejenigen, die arbeitslos sind und Erwerbslosigkeit als tradiertes Karriereziel ihrer Familie erfolgreich anstreben, werden weiterhin arbeitslos bleiben, nur angenehmer leben können.
- Denjenigen, die nur temporär keine Arbeit haben, aber mit allen Mitteln zurück in die Beschäftigung streben, erlaubt die monatliche Unterstützungszahlung einen leichteren und vor allem sorgfältigeren Suchprozess. Der Suchprozess dürfte sich verlängern, aber zielgenauer und befriedigender verlaufen, auch zum Nutzen der Gesellschaft.
- Soweit im Empfängerkreis auch Menschen sind, die – aus welchen Gründen auch immer – kein zusätzliches bedingungsloses Grundeinkommen notwendig haben, erhöht sich lediglich die persönliche und gesamtwirtschaftliche Konsum- bzw. Sparquote, beim Konsum in Richtung Befriedigung höherwertiger Bedürfnisse. Im Klartext wäre das ein Mini-Konjunkturprogramm. In jedem Fall findet eine Einkommensumverteilung statt zugunsten der Begünstigten und zu Lasten des Fiskus und der übrigen Steuerzahler.
Ob eine solche Studie überhaupt sinnvoll ist, soll hier nicht hinterfragt werden.
Legt man das Verhalten des deutschen Normalbürgers zugrunde – und davon gibt es rd. 68 Millionen über 18 Jahren – , kann getrost davon ausgegangen werden, dass es zu keiner nachhaltigen Beeinträchtigung seines Streben nach einer bezahlten Beschäftigung kommen wird; das mag in der Bundeshauptstadt anders sein. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass das bedingungslose Grundeinkommen zu fast 100 Prozent in Haus und Hof und Konsum fließen wird. So gesehen ist die Senkung der Mehrwertsteuer in Analogie nichts anderes als eine zeitliche Mini-Erhöhung des Grundeinkommens für alle.
Schlussfolgerung: Ein bindungsloses und bedingungsloses Grundeinkommen für alle ist absolut systemwidrig und kontraproduktiv: Die Einen brachen es nicht, den Anderen fließen ohnehin staatliche Subsidien zu, und den Grenzleistern nimmt es allenfalls die Motivation zur Leistung. Das kann die Gesellschaft nicht wollen.
In einer florierenden Volkswirtschaft wie der deutschen sollte eine solche Idee in die Ablage wandern! Für den nicht florierenden Teil der Gesellschaft gibt es effizientere Möglichkeiten der Kaufkraft- und Existenzsicherung! So wie es heute schon praktiziert wird.
Der deutschen Sozialpolitik ist es seit Bismarck bis heute über alle Parteigrenzen hinweg immer wieder gelungen, jeden mitzunehmen, wenn er bedürftig geworden und in Not geraten ist. Für leistungslose Änderungen besteht kein Bedarf!