Tichys Einblick
Feministische Außenpolitik

Baerbock: „Zusammenhang zwischen Genderfragen und Klimakrise umfassend thematisieren“

Krieg vor der europäischen Haustüre, Aufweichung des Petrodollars, eine mögliche Ernährungskrise: Indes die Welt politisch in Flammen steht, sind Genderfragen und „Klimakrise“ die höchsten Prioritäten des Außenministeriums.

IMAGO / Political-Moments

Die deutsche Außenpolitik bleibt in bewährter Tradition: nämlich in der, dass es im Grunde keine deutsche Außenpolitik gibt. Wie sehr das Auswärtige Amt darunter leidet, keine eigene Außenstrategie zu besitzen, zeigt sich an der kürzlichen Besetzung eines Staatssekretärsposten durch die Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan.

Außenpolitik wird zum Bestandteil der Klimapolitik degradiert

Die meldete sich am Mittwoch als Vertreterin des Außenministeriums zum ersten Mal zu Wort. Sie sprach – natürlich – von der „Klimakrise“ als der „größten Herausforderung des 21. Jahrhunderts“. Sie gefährde „Stabilität und Frieden weltweit“ und schwäche die Menschenrechte.

Während der russische Expansionismus nur einige Hunderte Kilometer entfernt in der Ukraine tobt, die Saudis ihre strategische Allianz mit den USA aufzukündigen drohen – und damit die Aufweichung des Petrodollars bevorstehen könnte – und eine Ernährungskrise im Zuge der weltpolitischen Lage die Stabilität der ärmsten Länder infrage stellt, kämpft man in Berlin nicht gegen, sondern mit Windmühlen. Da vergisst man schnell, dass es nicht der Klimawandel ist, der Uiguren in Xinjiang und Demonstranten in Hong Kong niederknüppelt, oder russische Pazifisten in Moskau und Sankt Petersburg ins Gefängnis sperrt.

Die gute Nachricht sei, so Morgan: „Wir haben es selbst in der Hand, die Auswirkungen der Klimakrise zu begrenzen. Dafür müssen wir als Weltgemeinschaft gemeinsam handeln.“ Na klar. Das haben wir bei den vorangegangenen Klimagipfeln live beobachten können. Die Weltgemeinschaft besteht wie in der Ukraine-Frage fast ausschließlich aus dem Westen, dem angesichts seiner eigenen Machtlosigkeit nur die Moral bleibt. Es ist so ein bisschen wie mit der Geschichte von den hungernden Mäusen, die mit schönen Gedanken den Winter überstehen. Leider ist es nur eine Geschichte.

Frauen sind von Kriegen „überproprtional“ betroffen – Männer dürfen gemütlich Krieg spielen

Die Bewältigung der Klimakrise, so Morgan weiter, sei eine Voraussetzung für eine „friedliche und nachhaltige Zukunft“. Wohlgemerkt: Nicht etwa Außen- und Sicherheitspolitik schützt den Frieden, sondern der Klimaschutz. Hier wird das Amt von den Füßen auf den Kopf gestellt. Ähnlich, wie die Energiepolitik als Bestandteil der Sicherheitspolitik der Klimapolitik folgen musste, zeichnet sich Ähnliches im Auswärtigen Amt ab. Wir erleben eine monothematische Bundesregierung, die einem einzigen Ziel jeden politischen Teilbereich unterordnet. Aber was nützt es uns, das Klima zu erhalten, wenn wir Sicherheit verlieren? Offenbar hat man vergessen, dass die großen „Player“ auf der Weltbühne ein angemessenes Nuklearpotenzial besitzen. Vor dem zuckt auch der woke Westen zusammen, wenn etwa Putin mit dem Raketen-Zaunpfahl winkt.

Es gibt nur eine Person, die der Greenpeace-Staatssekretärin das Wasser reichen kann in dieser kompletten Prioritätenverirrung deutscher Nachkriegsgeschichte: nämlich die Chefin des Außenministeriums, Annalena Baerbock, höchstpersönlich. Die tritt bei der Kommission für die Rechtsstellung der Frau (einer UN-Kommission) vor die Kameras und verkündet: „Krisen und Konflikte sind nicht genderblind. Sie betreffen Frauen überproportional. Das gilt für den Krieg in der Ukraine, das gilt für die Konflikte weltweit, von Afghanistan bis Sahel.“

Gut, dass das endlich jemand gesagt hat. Männer sind glücklicherweise nur unterproportional von Krieg betroffen. Während Frauen und Kinder zur Flucht verdammt sind, dürfen die Männer in der Ukraine zuhause bleiben und gemütlich in der Schlacht oder im Straßenkampf sterben. Männliche Privilegien und so. Man fragt sich, was das für Leute sind, die glauben, Baerbock habe in dieser Krise an Format gewonnen und würde dieses Land angemessen repräsentieren. Nur, weil der Maßstab Heiko Maas heißt, bedeutet das nicht, dass jeder für den Job qualifiziert ist.

Baerbock: Frauenrechte müssten ins „Zentrum der Klimaschutzmaßnahmen“ gestellt werden

Doch auch hier darf die Einschränkung nicht fehlen. Baerbock verkündet: Dasselbe gelte auch „für die andere große Krise unserer Zeit“. Man wüsste gerne, was denn die erste Krise gewesen wäre – was verbindet etwa die Ukraine, Afghanistan und Sahel; etwa mangelnde Geschlechtersensibilität? Doch da lüftet Baerbock schon den Schleier und kommt zum dringendsten Problem der Gegenwart: ja, Überraschung, die „Klimakrise“. Daher sei es so wichtig, den „Zusammenhang zwischen Genderfragen und Klimakrise“ durch die Kommission für die Rechtsstellung der Frau in „umfassender Weise“ zu thematisieren.

Frauenrechte, so Baerbock, müssten daher ins „Zentrum der Klimaschutzmaßnahmen“ gestellt werden. Denn der Klimawandel würde Grundrechte der Frauen einschränken. Etwa, was die körperliche Unversehrtheit angeht. Als Vertreterin eines Landes, das gerade über eine höchst umstrittene Maßnahme debattiert, die einen staatlichen körperlichen Eingriff sanktioniert, sind das bemerkenswerte Worte.

Bei solchen Sätzen kommen recht unangenehme Gedanken hoch. Alle reden vom Untergang Europas, als handelte es sich um ein Ereignis ferner Zukunft oder eine irreale Dystopie. Dabei sind zwei europäische Zivilisationen untergegangen: einmal 476 in Rom und einmal 1453 in Konstantinopel. Bis heute hält sich das Vorurteil des Abendlandes, in Byzanz hätte man, während draußen bereits die Kanonen der Türken gegen die Stadtmauern donnerten, über das Geschlecht der Engel debattiert. Was des Einen engelhafte Geschlechtersensibilität, ist des Anderen feministische Außenpolitik. Zumindest geistig sind wir genau an diesem Punkt angekommen.

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