In einem demnächst erscheinenden Buch kann man laut SPIEGEL ein Interview mit Außenministerin Annalena Baerbock nachlesen. Das, was sie dort sagt, zeigt, wie gefährlich inzwischen für Deutschland die politische und wirtschaftliche Geisterfahrt, die Weltfremdheit der grünen Ideologen ist. Mit Blick auf die Sanktionen zeigt sich Baerbock enttäuscht über deren Wirkung: „Eigentlich hätten wirtschaftliche Sanktionen wirtschaftliche Auswirkungen. Das ist aber nicht so. Weil eben die Logiken von Demokratien nicht in Autokratien greifen.“ Au contraire: Die wirtschaftlichen Sanktionen haben sogar sehr heftige wirtschaftliche Auswirkungen – nur eben für Deutschland. Wer zum Messer greift, sollte eben nicht in die Schneide fassen.
Wirtschaftliche „Logiken“ funktionieren in Demokratien wie in Autokratien gleichermaßen. Autokratien und Diktaturen gehen zugrunde, wenn sie die wirtschaftliche Logik missachten, Demokratien übrigens auch. Wie heißt es doch in einem Lied von Brecht und Eisler: „Und weil der Mensch ein Mensch ist,/drum braucht er was zu essen, bitte sehr!/Es macht ihn ein Geschwätz nicht satt,/das schafft kein Essen her.“ Am Ende des Tages bleibt Mathematik Mathematik und bleibt Physik Physik, so wie man die Energieversorgung mit der Produktion von Energie und nicht mit der Produktion von Ideologemen und Sprüchen sichert. Es ist einer der einfachsten Sätze, die Habeck und Baerbock nicht begreifen, dass Verknappung zu Preissteigerungen führt, dass weitere Verknappungen zu weiteren Preissteigerungen, schließlich zum Mangel führen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostizierte Ende Juli, dass die russische Wirtschaft in diesem Jahr um 1,5 Prozent und 2024 um 1,3 Prozent wächst, während Deutschlands Wirtschaft in diesem Jahr um – 0,3 Prozent weiter schrumpft. Diese Zahlen dürften mit Blick auf Russland eher übervorsichtig, und für Deutschland eher allzu optimistisch sein, denn der IWF rechnet die kulminierenden Wirkungen von Habecks Energie- und Wirtschaftspolitik nicht genügend ein.
Habecks politische Ökonomie des Sozialismus führt von einem irrationalen Ziel angetrieben und von einer letztlich sozialistischen Vorstellung von Wirtschaft ideologisch blind gemacht mit Riesenschritten in die Subventions- und Staatswirtschaft. Wirtschaftswachstum wird in Deutschland im Großen und Ganzen nur noch dort entstehen, wo der Staat den Unternehmen das Risiko abnimmt und mit saftigen Subventionen winkt. Finanziert wird das durch eine Verschuldungsorgie größten Ausmaßes. Kreativ ist diese Regierung nur beim erzwungenen Nassauern beim Bürger und bei Kreditaufnahmen zu Lasten des Bürgers. Man kann die Konsequenz dieser wirtschaftlich suizidalen Politik in den einfachen und logischen Satz zusammenfassen: Wenn kein Geld mehr da ist, haben wir auch keine Wirtschaft mehr.
Annalena Baerbock, die ideologischen Voluntarismus für Rationalität hält, zeigt sich nun enttäuscht darüber, dass die Sanktionen nach hinten losgegangen sind. Doch weil nicht die Grünen schuld an dem Desaster sein können, flüchtet sie in absurde Begründungen, kommt sie zu dem mitleiderregenden Schluss: „Wir haben erlebt, dass mit rationalen Entscheidungen, rationalen Maßnahmen, die man zwischen zivilisierten Regierungen trifft, dieser Krieg nicht zu beenden ist.“ Ja, womit denn sonst, wenn nicht mit rationalen Entscheidungen, mit rationalen Maßnahmen? Mit noch mehr Irrationalismus?
Baerbocks Aussage stimmt schon in ihrem eigenen Zusammenhang nicht, weit entfernt von jeder Logik. Denn, wenn Baerbock die russische Regierung für nicht zivilisiert hält, wieso konnte sie dann nur eine Sekunde daran glauben, dass „zivilisierte“ oder „rationale Entscheidungen, rationale Maßnahmen“ effektiv seien? Es ist doch genau andersherum: Die Sanktionen sind keine rationalen, sondern irrationale Maßnahmen. Die deutsche Regierung hat Deutschland in einen Wirtschaftskrieg mit Russland getrieben und dabei noch Deutschland energie- und wirtschaftspolitisch „entwaffnet“. Irrationaler geht es wirklich nimmer.
Womit will die deutsche Regierung beitragen, den Krieg zu beenden? Waffen mit einer noch größeren Reichweite an die Ukraine liefern, mit denen dann auch Moskau beschossen werden kann? Lädt Baerbock dann die Berliner auf das Dach des Auswärtigen Amtes zur Welcome Party für russische Raketen ein? Inzwischen hat die Außenministerin und ihr Wirtschaftsminister das Niveau von Stanley Kubricks Satire aus dem Jahr 1964: „Dr. Seltsam oder: wie ich lernte, die Bombe zu lieben (Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb)“, erreicht.
Erleben wir eine weitere Eskalation politischer Irrationalität der deutschen Regierung? Mit noch mehr weltfremden Träumereien? Denn der Fehler in Baerbocks Gleichung besteht in der fehlenden Variablen, nämlich der Welt. Geistig scheint die Außenministerin nie über einen Parteitag der Grünen in der deutschen Provinz hinausgekommen zu sein. Sie glaubt fest daran, dass der Mittelpunkt der Welt Deutschland ist, von dessen Handeln alles Wohl und Wehe der Welt abhängt, sie glaubt noch fester daran, dass der Mittelpunkt von Deutschland die deutschen Grünen sind, von denen alles Wohl und Wehe Deutschlands, von denen alles Wohl und Wehe der Welt abhängt. Baerbock glaubt tatsächlich als einziger Außenminister in der Welt, dass ihr Land nur Pflichten, aber keine Interessen hat.
Aber die deutschen Grünen wollen Weltmeister in Moral sein, sie sind der Weltmeister der Abrissbirne. Noch nie hat eine Regierung so schnell ein Land wirtschaftlich ruiniert und von der Position der Mittelmacht gestoßen und zum Pausenclown in der internationalen Politik gemacht. In der Welt halten sich Verwunderung, Spott und Lachen über Deutschland inzwischen die Waage. In Tirol bauen sie ein neues Wasserkraftwerk, auch weil sie wissen, wie sehr Deutschland in Zukunft auf Stromimporte, die sehr teuer werden, angewiesen sein wird.
Ich kann nur den Satz wieder und immer wieder aufschreiben: Entweder wird Deutschland mit den Grünen fertig oder die Grünen werden mit Deutschland fertig.