Tichys Einblick
Die Weltfremdheit der Annalena Baerbock

Enttäuscht über wirkungslose Sanktionen gegen Russland: „Logiken von Demokratien greifen nicht in Autokratien“

Baerbock zeigt sich enttäuscht, dass die Sanktionen gegen Russland nicht wirken. Dabei haben sie sogar sehr heftige wirtschaftliche Auswirkungen – nur eben für Deutschland. Mit rationalen Entscheidungen sei dieser Krieg nicht zu beenden, meint die Außenministerin in ihrer sträflichen Unbedarftheit. Ja, womit denn sonst? Mit noch mehr Irrationalismus?

IMAGO / Bildgehege

In einem demnächst erscheinenden Buch kann man laut SPIEGEL ein Interview mit Außenministerin Annalena Baerbock nachlesen. Das, was sie dort sagt, zeigt, wie gefährlich inzwischen für Deutschland die politische und wirtschaftliche Geisterfahrt, die Weltfremdheit der grünen Ideologen ist. Mit Blick auf die Sanktionen zeigt sich Baerbock enttäuscht über deren Wirkung: „Eigentlich hätten wirtschaftliche Sanktionen wirtschaftliche Auswirkungen. Das ist aber nicht so. Weil eben die Logiken von Demokratien nicht in Autokratien greifen.“ Au contraire: Die wirtschaftlichen Sanktionen haben sogar sehr heftige wirtschaftliche Auswirkungen – nur eben für Deutschland. Wer zum Messer greift, sollte eben nicht in die Schneide fassen.

Wirtschaftliche „Logiken“ funktionieren in Demokratien wie in Autokratien gleichermaßen. Autokratien und Diktaturen gehen zugrunde, wenn sie die wirtschaftliche Logik missachten, Demokratien übrigens auch. Wie heißt es doch in einem Lied von Brecht und Eisler: „Und weil der Mensch ein Mensch ist,/drum braucht er was zu essen, bitte sehr!/Es macht ihn ein Geschwätz nicht satt,/das schafft kein Essen her.“ Am Ende des Tages bleibt Mathematik Mathematik und bleibt Physik Physik, so wie man die Energieversorgung mit der Produktion von Energie und nicht mit der Produktion von Ideologemen und Sprüchen sichert. Es ist einer der einfachsten Sätze, die Habeck und Baerbock nicht begreifen, dass Verknappung zu Preissteigerungen führt, dass weitere Verknappungen zu weiteren Preissteigerungen, schließlich zum Mangel führen.

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Baerbocks und Habecks Sanktionspolitik, seit Beginn von mir immer wieder an Beispielen wie am Umgang mit dem PCK Schwedt gezeigt, musste in die Mangelwirtschaft führen. Wenn man eine toxische Sanktionspolitik noch potenziert durch eine nicht minder sachfremde Energiepolitik, die durch die Abschaltung der letzten AKWs die ohnehin schon durch die Sanktionen bewirkte Verknappung von Energie weitertreibt, wenn die Rationalität der Wirtschaft durch die Irrationalität der Ideologie ersetzt wird, dann darf man sich nicht wundern, wenn der Schaden der Sanktionen für Deutschland immens, für Russland verkraftbar ist. Deutschland rutscht jeden Tag mehr in eine schwere Rezession, die jetzt auch die Analysten der Deutschen Bank benennen, die für die deutsche Wirtschaft einen „starken Abwärtssog“ ausmachen.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostizierte Ende Juli, dass die russische Wirtschaft in diesem Jahr um 1,5 Prozent und 2024 um 1,3 Prozent wächst, während Deutschlands Wirtschaft in diesem Jahr um – 0,3 Prozent weiter schrumpft. Diese Zahlen dürften mit Blick auf Russland eher übervorsichtig, und für Deutschland eher allzu optimistisch sein, denn der IWF rechnet die kulminierenden Wirkungen von Habecks Energie- und Wirtschaftspolitik nicht genügend ein.

Habecks politische Ökonomie des Sozialismus führt von einem irrationalen Ziel angetrieben und von einer letztlich sozialistischen Vorstellung von Wirtschaft ideologisch blind gemacht mit Riesenschritten in die Subventions- und Staatswirtschaft. Wirtschaftswachstum wird in Deutschland im Großen und Ganzen nur noch dort entstehen, wo der Staat den Unternehmen das Risiko abnimmt und mit saftigen Subventionen winkt. Finanziert wird das durch eine Verschuldungsorgie größten Ausmaßes. Kreativ ist diese Regierung nur beim erzwungenen Nassauern beim Bürger und bei Kreditaufnahmen zu Lasten des Bürgers. Man kann die Konsequenz dieser wirtschaftlich suizidalen Politik in den einfachen und logischen Satz zusammenfassen: Wenn kein Geld mehr da ist, haben wir auch keine Wirtschaft mehr.

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Habecks Turbo in die Subventionswirtschaft
Habecks politische Ökonomie der klimaneutralen Gesellschaft funktioniert im Grunde wie die politische Ökonomie des Sozialismus. In einer selbstkritischen Reflexion schrieb der marxistische Wirtschaftswissenschaftler Horst Richter: „In der ökonomischen Theorie des Sozialismus und in der auf ihr fußenden Sozialpolitik wurde die Zielfunktion der gesellschaftlichen Produktion, möglichst hohe Sozialleistungen für alle Gesellschaftsglieder zu gewährleisten, im Vergleich zu anderen Wirtschaftszielen überbewertet. Effektives Wirtschaften, der Gewinn und sein Zuwachs als die materielle Grundlage für Sozialleistungen hatten eine zu geringe Wertigkeit, sie waren unterbewertet.“ Man muss nur zu den Sozialleistungen, das Voodoo der Klimaneutralität hinzusetzen. Zudem will Habeck den ausbleibenden Gewinn durch Subventionen ersetzen.

Annalena Baerbock, die ideologischen Voluntarismus für Rationalität hält, zeigt sich nun enttäuscht darüber, dass die Sanktionen nach hinten losgegangen sind. Doch weil nicht die Grünen schuld an dem Desaster sein können, flüchtet sie in absurde Begründungen, kommt sie zu dem mitleiderregenden Schluss: „Wir haben erlebt, dass mit rationalen Entscheidungen, rationalen Maßnahmen, die man zwischen zivilisierten Regierungen trifft, dieser Krieg nicht zu beenden ist.“ Ja, womit denn sonst, wenn nicht mit rationalen Entscheidungen, mit rationalen Maßnahmen? Mit noch mehr Irrationalismus?

Baerbocks Aussage stimmt schon in ihrem eigenen Zusammenhang nicht, weit entfernt von jeder Logik. Denn, wenn Baerbock die russische Regierung für nicht zivilisiert hält, wieso konnte sie dann nur eine Sekunde daran glauben, dass „zivilisierte“ oder „rationale Entscheidungen, rationale Maßnahmen“ effektiv seien? Es ist doch genau andersherum: Die Sanktionen sind keine rationalen, sondern irrationale Maßnahmen. Die deutsche Regierung hat Deutschland in einen Wirtschaftskrieg mit Russland getrieben und dabei noch Deutschland energie- und wirtschaftspolitisch „entwaffnet“. Irrationaler geht es wirklich nimmer.

Womit will die deutsche Regierung beitragen, den Krieg zu beenden? Waffen mit einer noch größeren Reichweite an die Ukraine liefern, mit denen dann auch Moskau beschossen werden kann? Lädt Baerbock dann die Berliner auf das Dach des Auswärtigen Amtes zur Welcome Party für russische Raketen ein? Inzwischen hat die Außenministerin und ihr Wirtschaftsminister das Niveau von Stanley Kubricks Satire aus dem Jahr 1964: „Dr. Seltsam oder: wie ich lernte, die Bombe zu lieben (Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb)“, erreicht.

Erleben wir eine weitere Eskalation politischer Irrationalität der deutschen Regierung? Mit noch mehr weltfremden Träumereien? Denn der Fehler in Baerbocks Gleichung besteht in der fehlenden Variablen, nämlich der Welt. Geistig scheint die Außenministerin nie über einen Parteitag der Grünen in der deutschen Provinz hinausgekommen zu sein. Sie glaubt fest daran, dass der Mittelpunkt der Welt Deutschland ist, von dessen Handeln alles Wohl und Wehe der Welt abhängt, sie glaubt noch fester daran, dass der Mittelpunkt von Deutschland die deutschen Grünen sind, von denen alles Wohl und Wehe Deutschlands, von denen alles Wohl und Wehe der Welt abhängt. Baerbock glaubt tatsächlich als einziger Außenminister in der Welt, dass ihr Land nur Pflichten, aber keine Interessen hat.

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Sie hat irgendwie nicht bemerkt, dass sich die Welt neu organisiert, dass neue Machtzentren entstehen und alte Machtzentren an Einfluss verlieren. Es scheint ihr auch entgangen zu sein, dass sich die Gruppe der BRICS-Staaten kraftvoll um Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, um den Iran, um Ägypten, Äthiopien und Argentinien verdoppelt hat. Mag Äthiopien auch arm sein, so hat es doch eine wichtige strategische Position. Man könnte übrigens auch von einer Einkreisung sprechen. Ein Blick auf die Vorgänge in der Welt, ein Blick auf die Landkarte, auf eine Karte weltweiter Rohstoffvorkommen hätte der Riesenweltinnenministerin Baerbock von Anfang an erklären können, wie verfehlt, wie schädlich für Deutschland die Sanktionen sind.

Aber die deutschen Grünen wollen Weltmeister in Moral sein, sie sind der Weltmeister der Abrissbirne. Noch nie hat eine Regierung so schnell ein Land wirtschaftlich ruiniert und von der Position der Mittelmacht gestoßen und zum Pausenclown in der internationalen Politik gemacht. In der Welt halten sich Verwunderung, Spott und Lachen über Deutschland inzwischen die Waage. In Tirol bauen sie ein neues Wasserkraftwerk, auch weil sie wissen, wie sehr Deutschland in Zukunft auf Stromimporte, die sehr teuer werden, angewiesen sein wird.

Ich kann nur den Satz wieder und immer wieder aufschreiben: Entweder wird Deutschland mit den Grünen fertig oder die Grünen werden mit Deutschland fertig.

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