Tichys Einblick
Anti-Israel-Lobby im Auswärtigen Amt?

Warum macht das Auswärtige Amt aus dem Baerbock-Essen weiter ein Staatsgeheimnis?

Die Außenministerin organisiert eine Diskussion zum Thema Nahost mit um die 20 geladenen Gästen. Ihre Identitäten werden als „geheim“ eingestuft, doch einige Anti-Israel-Aktivisten machen ihre Anwesenheit über die Sozialen Medien selbst publik. Wer war noch dabei? Trotz mehrfacher Nachfrage der Union macht die Bundesregierung aus dieser Frage seit Wochen ein Staatsgeheimnis.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Angeblich wollen die Grünen ja für Transparenz in der Politik stehen. Was deren Außenministerin Annalena Baerbock seit Wochen rund um ein im September stattgefundenes Essen im Auswärtigen Amt veranstaltet, ist aber das genaue Gegenteil dessen: mauern, blockieren, schweigen – so lautet hier die Devise. Und man stellt sich zunehmend die Frage, was an dem Treffen so geheim war, dass die Regierung daraus ein solches Staatsgeheimnis macht.

Worum geht es? Mitte September machte unter anderem die linksradikale und postkoloniale Aktivistin Emilia Zenzile Roig („Ehe abschaffen“) auf ihrem Instagram-Account öffentlich, dass sie und weitere Personen von Baerbock ins Auswärtige Amt am Werderschen Markt eingeladen worden waren, „wo jeder von uns die politischen Argumente präsentierte, die wir seit Beginn der totalen Zerstörung Gaza durch Israel vorbringen“.

Der Post rief ein erhebliches Medienecho hervor. Denn Roig, die nach eigenen Angaben einen jüdischen Vater hat und sich als jüdisch bezeichnet, ist eine scharfe Feindin des Staates Israel. Die Politikwissenschaftlerin spricht zum Beispiel von einem „Genozid“ im Gazastreifen. Im November 2023 teilte sie ein wirres Video, in dem eine Frau behauptete, die damalige Waffenruhe sei wegen des „Black Friday“ vereinbart worden. Roig versah das mit dem Zusatz: „#boycottblackfriday“.

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Ebenfalls bei dem Treffen mit dabei: Alena Jabarine. Die Deutsch-Araberin mit israelischem und deutschem Pass ist schon seit einigen Jahren sehr aktiv auf Instagram, war als Journalistin aber auch für den NDR unterwegs. Anders als Roig kennt sie Israel und die Palästinensergebiete aus umfangreicher eigener Anschauung.

Auch bei ihr ist die Stoßrichtung eindeutig: Bei Instagram füttert sie ihre mehr als 80.000 Follower fast nur mit der palästinensischen Perspektive. Sie schreibt dort zum Beispiel, dass sie „fucked up“ sei, weil „meine Regierung“ (sie meint offenbar die Bundesregierung) mitschuldig am „Flächenbombardement“ in Gaza sei. Als die Bundesregierung im Januar nur kurzzeitig auf Distanz zum in Terror verstrickten UN-Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge ging, bemerkte Jabarine dazu, „kollektive Bestrafung“ sei „ein Kriegsverbrechen“.

Warum ist es Baerbock so wichtig, ausgerechnet mit diesen Personen zu sprechen? Und: Waren bei dem Treffen womöglich noch andere Anti-Israel-Aktivisten anwesend? Aus der letzten Frage macht die Bundesregierung seit Wochen ein Staatsgeheimnis. Und sie ist auch auf nochmalige Nachfrage durch die Union nicht bereit, Antworten zu liefern.

Bereits im September hatte die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann, stellvertretende Vorsitzende der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe, eine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet. Das Auswärtige Amt teilte seinerzeit mit, dass sich die Kosten für das Treffen auf 1.859,50 Euro beliefen. Der Termin habe das Anliegen unterstützt, sich gegen Antisemitismus und für Frieden in Nahost einzusetzen. Baerbock habe die Gelegenheit gehabt, „die Politik der Bundesregierung zu erklären und auf Fragen einzugehen“. Die Frage nach den Teilnehmern ließ das Amt derweil einfach unbeantwortet, als hätte es sie überlesen.

Laut Medienberichten hakte die Union darauf noch einmal im Kanzleramt nach, bekam aber gemäß des neuen Tagesspiegel-Berichts wieder keine explizite Antwort. Bekannt ist nun aber immerhin, dass von 23 eingeladenen Gästen 13 erschienen. Laut der Zeitung aus Berlin war das Auswärtige Amt selbst bei dem Treffen nicht nur in Form von Baerbock hochrangig vertreten: Neben der Ministerin war demnach auch die Menschenrechtsbeauftragte Luise Amtsberg (ebenfalls Grüne) anwesend, der Nahostbeauftragte des Amtes, der Leiter des Planungsstabes und der Leiter der Kulturabteilung.

Das Auswärtige Amt rechtfertigt das Gespräch demnach nun als „diplomatisches Kerngeschäft“, wobei sich die Frage stellt, was Gespräche im innerdeutschen Rahmen wirklich mit Diplomatie zu tun haben sollen. Dass es die Teilnehmer nicht benennt, soll mit Sicherheitsgründen und der „massiven Zunahme antisemitischer und islamophober Hetze“ zusammenhängen. Außerdem schütze die Vertraulichkeit „die Fähigkeit der Bundesregierung, die ihr vom Grundgesetz zugedachte Pflege der auswärtigen Beziehungen effektiv umzusetzen“.

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Von drei weiteren Teilnehmern weiß man übrigens doch: Michael Barenboim, ein israelischer Violinist mit israelkritischem Einschlag, tauchte bereits im ersten Posting von Emilia Roig auf. Auf einem Bild, das Roig von dem angerichteten Tisch im Auswärtigen Amt verbreitete, lassen sich zudem zwei weitere Namensschilder identifizieren: Eines für Günter M. Ziegler, den Präsidenten der Antisemitismus-geplagten FU Berlin, und eines mit dem Nachnamen Abboud, vermutlich für die ARD-Journalistin Aline Abboud, die libanesische Wurzeln hat.

Bleiben also immer noch acht Namen offen, wenn man nur die Teilnehmer zählt, 18 aber, wenn es um alle Eingeladenen geht. Mal sehen, wie lange das Auswärtige Amt noch mauern kann. Nun ist es an der Union, an der Sache dran zu bleiben. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, mit wem Baerbock sich austauscht und wer also Gelegenheit erhält, Einfluss auf ihre Meinungsbildung zum Nahen Osten zu nehmen – das gilt umso mehr vor dem Hintergrund ihrer zunehmend israelkritischen Haltung.

Baerbock persönlich hat zu dem Gespräch übrigens gesagt, für sie sei es „eine absolute Selbstverständlichkeit“, auch mit Andersdenkenden zu sprechen. Wenn das so ist: Warum geht eine solche Einladung nicht auch einmal an einen israelischen Siedlerführer, am besten noch an „radikale“ Siedler; oder auch an den israelischen Jura-Professor Eugen Kontorovich, der die These vertritt, dass der israelische Siedlungsbau nicht völkerrechtswidrig sei, wie unsere Außenministerin mantrahaft behauptet. Wenn es ihr um Gespräche mit Andersdenkenden geht, müsste sie dafür schließlich offen sein.

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