Angesichts des allzu langsamen Impffortschritts in Deutschland schwinden die Chancen, in absehbarer Zeit Corona mit diesem Hebel in den Griff zu bekommen – aber gleichzeitig setzt die Bundesregierung in der Langzeitstrategie allein auf dieses tote Pferd: Keine Lockerungen, keine beherzten Strategien für die Altersheime, kein großflächiger Einkauf von Antikörpermedikamenten – nur die Impfung, die selbst bei einem perfekten Wirkstoff in Deutschland nicht funktionieren könnte, weil einfach zu wenig verfügbar ist.
Der BionTech-Impfstoff scheint wirksam zu sein, die Daten aus Israel sind verheißungsvoll. Aber während sich die deutsche Presse mit dem Lobgesang auf den deutsch-türkischen Firmengründer überschlägt, wird oft vergessen, dass das Rückgrat der EU-Impfstrategie von AstraZeneca stammt. Und das Vertrauen in die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit dieses Impfstoffes schwindet immer mehr.
Die Senatsverwaltung für Gesundheit sieht hier aber keine „spürbare Ablehnung“ des Impfstoffs. Viel mehr erklärt man sich laut Moritz Quiske, Sprecher der Senatsverwaltung, die ausbleibende Nachfrage mit dem „Winterwetter“, das dazu führen könnte, dass einige Impfbereite vorerst zuhause bleiben. Im Saarland trug sich unterdessen ein ähnliches Schauspiel zu; zu einem Impftermin für den AstraZeneca-Impfstoff erschienen 54 Prozent der 200 angemeldeten Personen nicht, wohl aus denselben Gründen, die auch die schleppende Impfkampagne in der Hauptstadt erklären. Die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann erkannte wohl auch ein Muster, sie sagte: „Ich will sagen, dass das kein Wunschkonzert ist. Dass alle Impfstoffe zugelassen und gut sind.“
Auch in Nordrhein-Westfalen sinkt die Zuversicht in den AstraZeneca-Impfstoff. So sei die Impfbereitschaft „Mit Blick auf AstraZeneca“ eher verhalten. Auch das Gesundheitsministerium in Düsseldorf betrachtet die Entwicklungen mit Sorge.
Nicht nur die geringe Wirksamkeit des AstaZeneca Impfstoffs – die bei rund 70 Prozent liegt (zum Vergleich: Biontech/Pfizer und Moderna liegen jeweils bei über 90 Prozent) – auch Meldungen über Nebenwirkungen scheinen Zweifel zu verursachen. So sind bei einigen Geimpften starke Symptome aufgetreten, in Dortmund musste sich nach der Impfung ein Viertel der Belegschaft des Rettungsdienstes krank melden. In einigen Krankenhäusern in Niedersachsen wurde die Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff vorübergehend ausgesetzt, da eine ungewöhnliche Anzahl an Mitarbeiter Impfreaktionen aufwies.
Die Sache dürfte allerdings so liegen: Eine Regierung, die das Volk einsperrt und die Bekämpfung des Virus zur obersten Maxime erhebt, die muss auch alles daran setzen, den Bürgern einen wirkungsvollen Impfstoff zur Verfügung zu stellen. Dafür macht man in Berlin allerdings keinen Finger krumm. In Deutschland hat die normale Bevölkerung kaum eine Chance auf eine zeitnahe, wirksame Impfung, in Israel kann sich bald jeder impfen lassen. Und so besteht dieses Land zum Großteil wohl aus Bürgern zweiter Klasse.