Tichys Einblick
Anschlag auf israelische Botschaft vereitelt

Nichts Neues unter der Sonne

Ein Anschlag auf Israels Botschaft wurde verhindert, ein Verdächtiger festgenommen. Medienberichten nach konnte die laut Bundesanwaltschaft spätestens seit diesem Monat beabsichtigte Tat nicht durch deutsche Geheimdienste aufgedeckt werden, wieder musste ein ausländischer den entscheidenden Hinweis geben.

picture alliance/dpa | Paul Zinken

„Was war, das wird sein, und was getan wurde, das wird getan werden, und es gibt überhaupt nichts Neues unter der Sonne.“ Dieser Ausspruch aus dem biblischen Buch Prediger steht im Kontext der Nichtigkeit menschlichen Handelns auf der Welt. Nimmt man ihn dort einmal heraus, so könnte er auch ganz aktuell für die Lage in Deutschland geschrieben worden sein. Nichts Neues unter der Sonne – dieser Gedanke kommt jedenfalls mir immer wieder, wenn ich mir so die ein oder andere Nachrichtenmeldung durchlese.

Aktuellstes Beispiel: Am Wochenende wurde zuerst durch einen Bild-Bericht bekannt, dass offenbar ein Schusswaffen-Anschlag auf die israelische Botschaft in Berlin verhindert werden konnte. Am Samstag ließ die Bundesanwaltschaft in Bernau bei Berlin einen Tatverdächtigen festnehmen, nachdem ein Ermittlungsrichter einen Haftbefehl erlassen hatte. Wenn man sich dann mit den (nicht allzu vielen) bislang bekannten Einzelheiten des Falls befasst, kann man nur feststellen: nichts Neues unter der Sonne. Oder anders formuliert: Nichts von dem ist auch nur im Ansatz überraschend.

Erstens: Dass die israelische Botschaft Ziel eines Anschlags werden könnte, kommt nun wirklich nicht aus heiterem Himmel. Die Bedrohungslage für jüdische und israelische Einrichtungen in Deutschland war immer schon hoch; seit dem Hamas-Überfall auf Israel und dem sich daran anschließenden Mehrfrontenkrieg Israels ist sie weiter eskaliert. Konkrete Tatausführungen gab es bereits andernorts: In München etwa ballerte erst Anfang September ein Islamist mit bosnischen Wurzeln nahe des dortigen israelischen Konsulats durch die Gegend.

Umso krasser ist die zweite Konstante, die sich in diesem konkreten Fall wieder zeigt: Übereinstimmenden Medienberichten zufolge (Bild, ARD) konnte die laut Bundesanwaltschaft spätestens seit diesem Monat beabsichtigte Tat nicht durch die deutschen Geheimdienste aufgedeckt und damit verhindert werden. Vielmehr musste mal wieder ein ausländischer Nachrichtendienst zur Hilfe eilen und den entscheidenden Hinweis geben.

Drittens: Der Täter ist ein … Asylbewerber, der … längst hätte abgeschoben werden müssen. So jedenfalls die aktuellen Medienberichte. Denen zufolge ist der Libyer Omer A. im November 2022 in Deutschland eingereist. Im September 2023 wiederum wurde sein Asylgesuch abgelehnt. Abgeschoben wurde er trotzdem nicht. Medienberichte geben uns eine vertraute Erklärung (oder doch verkappte Rechtfertigung?) dafür: „Abschiebungen nach Libyen sind schwierig“.

Viertens: Omer A. war offensichtlich weder „radikaler Christ“, noch deutscher Linksradikaler, noch deutscher Rechtsradikaler, sondern Islamist. Mutmaßlich hing er dem Islamischen Staat (IS) an. Über Chatnachrichten soll er sich mit einem IS-Mitglied über seine Pläne zum Angriff auf die israelische Botschaft ausgetauscht haben. Antisemitismus und Israel-Hass kommt aus allen Richtungen – aber eine tödliche Gefahr geht heute vor allem vom islamistischen Judenhass aus.

Und schließlich fünftens, und am wichtigsten: Aus der deutschen Politik kommen immer weiter dieselben leeren Phrasen. Bundeskanzler Olaf Scholz setzte am Sonntag einen Beitrag bei X ab, in dem er von einem „feigen Anschlagsplan“ sprach, der durch „unsere Sicherheitsbehörden“ verhindert worden sei. Letzteres ist im besten Fall eine Halbwahrheit angesichts der geschilderten Tatsache, dass der Hinweis wohl von einem ausländischen Dienst kam. Was Scholz nicht erwähnt: den islamistischen Hintergrund der verhinderten Tat und den Status des Tatverdächtigen als abgelehnter Asylbewerber.

Nicht viel besser Nordrhein-Westfalens Innenminister Hebert Reul: Er bezeichnete den Zugriff am Samstag als „Erfolg“. Es handle sich um eine Warnung an Personen, die jüdisches Leben in Deutschland bedrohen wollen: „Wir sind euch auf der Spur!“ Auch das wieder nur halb korrekt: Auf der Spur waren die deutschen Sicherheitsbehörden dem Libyer ja offenbar gerade nicht.

Was wird sich nun ändern? Wiederum nichts. Eine Asylwende ist mit der Ampel nicht zu machen – das hat sie in den nunmehr zwei Monaten seit dem Messerattentat in Solingen einmal mehr unter Beweis gestellt. Fraglich ist aber auch, ob die Union tatsächlich massenhaft an den Grenzen zurückweisen würde, wenn sie an die Macht käme. Und ob sie tatsächlich im großen Stil abgelehnte Asylbewerber außer Landes bringen würde. Ich habe da so meine Bedenken.

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