Tichys Einblick
Bloß kein Wahljahr ohne Corona

Angela die Corona-Prinzessin oder ein Schelm, wer Böses dabei denkt

Man kann die Scheu vor jeder Debatte durchaus verstehen. Wo doch ein hartes Wahljahr mit sechs Landtagswahlen und einer Bundestagswahl vor der Tür steht.

shutterstock/Alexandros Michailidis

Als ich zu Beginn des Jahres die ersten Berichte über das Corona Virus las, beruhigte ich mich noch mit dem Gedanken: „China ist ja doch weit weg, erstmal abwarten, wie sich die Sache entwickelt.“ Doch schon bald wurde mir bewusst, dass hier eine weltweite Bedrohung um sich greift.

Das offizielle Gesicht der Bundesregierung war in dieser ersten Phase Gesundheitsminister Jens Spahn. Er beherrschte die TV-Nachrichten, war sozusagen auf allen möglichen Kanälen. Kanzlerin Merkel war schlicht abgetaucht. Wie schon so oft verhielt sie sich still, beobachtend, und wartete, wie sich die Dinge so entwickeln. Manche nennen das die Behutsamkeit. Für andere wieder ist dieses Verhalten ein Zeichen für taktische Finesse. Nach dem Motto: „Läuft das Ganze nicht wie die Mediziner sagen, sondern harmlos, hat Spahn den schwarzen Peter und sie wäre die strahlende Verkünderin der guten Nachricht.“ Doch es kam bekanntlich anders.

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Insbesondere in Spanien und Italien brach die infektiöse Hölle aus. Die Bilder sind bekannt. Weniger berichtet wurde über die starke Konzentration chinesischer Arbeitskräfte im Großraum Mailand, wo sie in den Fabriken und Werkstätten der Modeindustrie zugange sind. Dann kamen die üblichen Zusammenballungen in den Zentren der Ski-Paradiese. Österreich geriet unter die Räder, ebenso wie Teile Frankreichs.

Jetzt schlug Merkels Stunde. Mit eiserner Miene rief sie die größte Krise seit dem zweiten Weltkrieg aus. Minister Spahn erklärte, die BRD verfüge nur über 3.000 Intensivbetten mit Beatmungsgeräte. Jetzt musste etwas geschehen – und auch ich empfand dieses Handeln als richtig und angemessen. Nahezu 100% der Deutschen folgten gehorsam den Regeln der Vernunft und akzeptierten die bekannten Auflagen.

Und siehe da: schon nach kurzer Zeit hatte Deutschland, wenn auch unter erheblichen Schäden der Wirtschaft und großen Lasten für die Familien und die Älteren im Lande, die Situation im Griff. Was blieb, war ein Teil der strengen Beschränkung. Zudem zeigten die Infektionsverläufe, dass die Heimsuchung durch das Virus bei Weitem nicht so dramatisch abläuft wie möglich und angenommen. So erkrankten nur ein geringer Teil der Infizierten tatsächlich. Auch die Zahl der Sterbenden lag weit unter den gedachten Szenarien.

Schon bald standen die Intensivstationen unserer Krankenhäuser bis zu 70% leer. Dennoch wurden auch dann noch und bis heute lebensnotwendige Operationen verschoben. Nur allzu normal, dass in einer demokratischen Gesellschaft kritische Fragen laut wurden. Einer sachlichen Diskussion aber verweigerten sich die Politiker nahezu geschlossen.

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Anstelle von Argumentationen auf die Frage, traten sehr schnell Etikettierungen der Fragesteller. Es handle sich um Verschwörungstheoretiker, neurotische Querulanten und natürlich rechte Kreise, womit selbstverständlich die AfD gemeint war. Abstempeln statt argumentieren. Das ist es auch, was immer mehr Menschen wütend macht. Wohl kaum handelt es sich um einen „Wohlstands-Chauvinismus“, wie manche verächtlich meinen. Insofern erinnert diese Vorgehensweise, und hier haben CDU-Politiker recht, erinnert das Vorgehen an das totalitärer Staaten, wie auch die DDR einer war. Wenngleich sich Angela Merkel bis heute weigert, die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen (warum eigentlich?). Leichthin wurde man in den gleichtönigen Medien jeder Art als Alkoholiker diffamiert. So etwas gab es auch in der DDR und im gesamten Ostblock. Eine gängige Methode im Reiche Putins ist heute, den Unterstellungen pädophiler Neigungen nachzugehen. Der Leiter der Organisation „Memorial“, die sich der Verbrechen der Stalin-Ära widmet, wurde entgegen aller Tatsachen erst dieser Tage zu mehrjähriger Lagerhaft verurteilt. Diffamierungen können so enden.

Schon denkt man auch bei uns über Verbote von Demonstrationen nach. Manche befürchten schon eine Veränderung der Grundgesetzartikel §8 zur Demonstrationsfreiheit. Doch was sind die Motive Merkels und ihres mächtigen engen Führungszirkels, dem sich die CDU im Laufe der Zeit vollkommen untergeordnet hat, so rigoros durch Diskussionsverweigerung, Ausgrenzung und letztlich vielleicht sogar Bestrafung vorzugehen.

In den Samstagsausgaben der Süddeutschen Zeitung und der Welt, hier insbesondere durch einen Kommentar des alt-Linken Thomas Schmid, wurde das Terrain des weiteren Vorgehens schon bereitet.

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Naheliegend sind zwei Beweggründe: Unweigerlich werden nach Abklingen der Seuche kritische Fragen zu beantworten sein. Warum wurde ein seit 2012 der Bundesregierung vorliegender Katalog von Voraussetzungen zu Beherrschung von Epidemien und Co nicht umgesetzt? Warum verschwieg man das Fehlen von Mund- Nasen-Masken zuerst, äußerte „diese seien gar nicht nötig und nur Virenschleudern“, um anschließend mit zu hohen Anschaffungskosten die Defizite des Maskenmangels auszugleichen und dann die Maske fast schon als göttlichen Schutz in den siebten Himmel zu heben?

Dringend zu beantworten sind auch Fragen nach den Modalitäten der großzügigen Soforthilfen in Milliardenhöhe für notleidende Unternehmen, in deren Folge allein in Berlin Hunderte von Strafverfahren wegen Betrug und Veruntreuung laufen.

Man kann die Scheu vor jeder Debatte durchaus verstehen. Wo doch ein hartes Wahljahr mit sechs Landtagswahlen und einer Bundestagswahl vor der Tür steht. Was zu erwarten ist, zeigte sich von einer nicht öffentlichen Diskussion des sächsischen Ministerpräsidenten Kretschmer mit einer Reihe von kritisch fragenden Wissenschaftlern in Dresden. Als er durch die beharrlichen Fragen in die Enge getrieben war, verließ er abrupt mit Verweis auf familiäre Belange die Runde. So sehen keine argumentativen Sieger aus.

Apropos Wahlen: Die Bedrohung durch Corona noch ein wenig am Leben zu halten? Bescherte doch die Angst vor Massenerkrankung wie immer in solchen Zeiten der Führung Vertrauen und Zustimmung: Bedrohungsverlängerung bis zum Wahltag?

Die Union kann sich nur mit Grauen an ihre Werte vor der Corona-Herausforderung erinnern. Die Parteistrategen wissen nur allzu gut, dass es hiermit schnell wieder vorbei sein kann. Denn auch ohne Corona hat das Land Probleme genug, bei denen allerdings starke Führung schon lange vermisst wird.

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