Der Landeswahlleiter Berlins veröffentlichte am vergangenen Montag die endgültigen Ergebnisse der Wahlwiederholung der Landeswahlen in Berlin. Tichys Einblick analysierte die vorläufigen Ergebnisse und die endgültigen Ergebnisse auf Wahllokalebene, sowohl für Urnen-Wahllokale als auch für Briefwahllokale.
Im Nachgang der Wahl meldete die Taz, dass in verschiedenen Wahllokalen Berlins mehr als 1000 Stimmen mehr abgegeben wurden, als laut Wählerverzeichnissen Wähler zur Wahl erschienen sind. Diese Zahl kam zustande, weil in einigen Wahllokalen mehr Stimmen abgegeben wurden, als am Wahlabend Wähler an die Bezirke gemeldet wurden.
Der Landeswahlleiter sah das als nicht kritisch an: Derartige Meldefehler seien normal. Die Listen und Stimmen wurden noch einmal überprüft. Tatsächlich wurde im endgültigen Ergebnis die Zahl der Wähler um 2606 nach unten korrigiert. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit: Weil in einigen Wahllokalen mehr Personen wählten, als ursprünglich gemeldet, und in anderen weniger, änderte sich die Zahl der Wähler um 6.666 Personen.
Jedes dritte Wahllokal meldete falsche Wählerzahlen
Nach diesen Korrekturen gibt es keine Wahllokale mehr, die mehr abgegebene Stimmen melden als Wähler. Insgesamt wurde die Zahl der gemeldeten Wähler in 1347 von 3764 Wahllokalen angepasst. Damit war jedes dritte Wahllokal nicht im Stande, am Wahlabend die korrekten Zahlen zu melden – trotz monatelanger Vorlaufzeit und besonderer personeller Ausstattung.
Änderungen bei Erst- und Zweitstimmenergebnissen
Außerdem wurden auch die Stimmergebnisse als Ergebnis von Neuzählungen verändert. Dabei sollten die absoluten Veränderungen und die relativen Änderungen beachtet werden.
Absolute Änderungen: Wird im Wahllokal A der SPD eine weitere Stimme zugeschlagen und im Wahllokal B eine Stimme abgezogen, dann sind das zwei Änderungen.
Relative Änderungen: In obigem Beispiel bleibt das Stimmergebnis der SPD unverändert, da die zugeschlagene Stimme die abezogene Stimme ausgleicht.
Änderungen der Erststimmenergebnisse
Erläuterung: Das endgültige Ergebnis der Berlinwahl veränderte das Erststimmen-Ergebnis der SPD um 229 Stimmen. Zieht man aber Fälle, in denen die SPD Stimmen verlor, von Fällen, in der die SPD Stimmen gewann, ab, erhielt die SPD im endgültigen Ergebnis 115 Erststimmen mehr als im vorläufigen Ergebnis gemeldet.
Änderungen der Zweitstimmenergebnisse
Insgesamt wurden in 327 Wahllokalen (8,7 Prozent) die Zweitstimmenergebnisse relativ zum vorläufigen Ergebnis geändert. Im Durchschnitt der Wahllokale mit Änderung betrug diese Änderung 5,7 Stimmen. Das Erststimmenergebnis wurde dagegen nur in 130 Wahllokalen (3,4 Prozent) verändert, die durchschnittliche Änderung war aber 8,2 Stimmen.
Mangelnde Sorgfalt
Bisher sind noch keine Fälle von großflächigen Schummeleien, gar Betrug, bekannt, wie sie bei der letzten Wahl von Tichys Einblick aufgedeckt wurden. Auch von Tichys Einblick befragte Experten sehen in den Zahlen kein Problem: Dass Ergebnisse nach Prüfungen korrigiert werden, ist normal. Fragwürdig ist höchstens die Menge an Korrekturen. Die mehr als 3.700 Wahllokale mussten im Durchschnitt 406 Stimmen auszählen – und trotzdem schaffte dies eine beträchtliche Menge der Wahllokale nicht korrekt.
Keine großen Probleme am Wahltag
Am Wahltag hatten Redakteure von Tichys Einblick Wahllokale im ganzen Stadtgebiet besucht. Es wurden keine groben Probleme wie übermäßige Schlangenbildungen oder Wahlzettelmangel beobachtet. In sozialen Medien und Berichten des Wahlleiters wurde von vereinzelten Problemen berichtet. So konnte in einem Wahllokal ein Schlüssel für eine Urne nicht gefunden werden, die Wahl begann verspätet. Insgesamt verlief die Wahl aber ereignislos.
Wiederholung der Bundestagswahl steht noch aus
Die Wiederholung der Bundestagswahl steht noch aus. Wann diese stattfindet, ist noch nicht bekannt. Nach bisherigem Stand soll die Wahl aber nicht im gesamten Stadtgebiet, sondern nur in 407 Wahllokalen wiederholt werden. Tichys Einblick hat eine Wahlprüfungsbeschwerde eingereicht, um die Bundestagswahl in allen Berliner Bezirken einzuklagen:
In eigener Sache: Roland Tichy, Herausgeber von TE, hat eine Initiative gegründet, um die Wiederholung der Bundestagswahl in allen Berliner Bezirken einzuklagen. Die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wird von Verfassungsrechtler Ulrich Vosgerau im Namen von zwei Tichys-Einblick-Lesern geführt. Die Finanzierung hat „Atlas – Initiative für Recht und Freiheit“ übernommen.
Die von TE eingereichte Wahlprüfungsbeschwerde ist dem Bundesverfassungsgericht am 5. Januar per Fax und am 7. Januar per Brief zugegangen. Am Donnerstag, dem 26. Januar, hat das Gericht den fristgerechten Eingang bestätigt und der Beschwerde ein Aktenzeichen (2 BvC 15/23) gegeben.
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