Medien wie Welt, NZZ oder Tichys Einblick sind Medien aus dem liberal-konservativen Spektrum. Entsprechend gibt es unter den Lesern einen überdurchschnittlich hohen Anteil an FDP-Wählern. Beziehungsweise: Ex-Wählern. Unter den Lesern finden sich ausreichend Antworten auf die Frage, wie die FDP in den Umfragen auf deutlich unter fünf Prozent rutschen konnte. Um die Tausenden Einzelmeinungen auf einen Nenner zu bringen: Die FDP verrät in der Ampel liberal-konservative Positionen und ermöglicht eine grün-rote Agenda, die im kompletten Widerspruch zu liberal-konservativen Werten steht.
Nach der Wirtschaft legt die Ampel die Axt an den Rechtsstaat. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) will zusammen mit dem Chef des Inland-Geheimdienstes, Thomas Haldenwang (CDU), die Meinungs- und Versammlungsfreiheit angreifen. Der Christdemokrat will sogar Denk- und Sprachmuster kontrollieren. Das trifft nicht nur Radikale, die das Gesetz brechen, etwa indem sie juristisch definierte Volksverhetzung betreiben.
Faeser und Haldenwang wollen Bürger verfolgen, die „Gefährdungspotenzial“ aufweisen. Das sind für die Innenministerin diejenigen, die „Aktionspotenzial“ und „gesellschaftliche Einflussnahme“ aufweisen. Was sie mit diesen schwammigen Begriffen meint, will Faeser im „Demokratiefördergesetz“ definieren. Angesichts dessen, was Faeser während der Vorstellung gesagt hat, trifft es letztlich jeden, der nicht die Positionen der Ampel vertritt und Mehrheiten jenseits der Ampel organisieren könnte. Die Opposition wäre von einer staatlichen Verfolgung bedroht, die Deutschland seit der „Deutschen Demokratischen Republik“ nicht mehr kannte. Ein Andersdenkender müsste damit leben:
- Dass der Staat ihm verbietet, ins Ausland zu fahren, um sich dort mit anderen über Politik auszutauschen.
- Dass der Staat sein Konto ausleuchtet.
- Dass der Staat Banken auffordert, Spenden an die Falschen zu melden und zu unterbinden. Die Sparkasse in Mittelfranken hat schon gezeigt, wie die Banken den staatlichen Wink verstehen.
- Dass der Staat Ordnungs- und Gewerbeämter einsetzt, um Veranstaltungen derer zu unterbinden, die der Ampel unliebsam sind.
- Dass der Staat, Waffenscheine von Personen entzieht, die der Ampel unliebsam sind.
- Dass der Staat der Ampel Unliebsame aus dem öffentlichen Dienst entfernt und die vor Gericht beweisen müssen, dass sie nicht „rechtsextrem“ sind.
Mit Hilfe der Familienministerin Lisa Paus (Grüne) greift Faeser den deutschen Rechtsstaat an. Nachdem die Ampel bereits die Wirtschaft in die Wehrlosigkeit getrieben hat. Rechtsstaat und Wirtschaft waren einst die Themenfelder, die der FDP ihre Existenzberechtigung verliehen. Wie viel SPD und Grüne, wie viele Angriffe auf Rechtsstaat und Wirtschaft, kann die FDP noch mitmachen, ohne ihre letzte Existenzberechtigung zu verlieren – und für alle Zeit in dem Bereich der „Sonstige“-Parteien zu verschwinden?
Nun. Selbst im bisher opportunistischen Führungsduo Lindner und Justizminister Marco Buschmann sinkt die Bereitschaft, weiter die Ampel zu tragen. Nicht wegen Faesers und Paus’ Angriff auf den Rechtsstaat. Zu dem schweigt sich die Rechtsstaatspartei FDP bisher aus. Nur ihr Altvorderer Wolfgang Kubicki hat sich öffentlich kritisch geäußert.
Lindner und Buschmann sind bisher als willfährige Erfüllungsgehilfen der Ampel aufgefallen. Die Basis hat zum Jahreswechsel versucht, die Führung der FDP zum Verlassen der Koalition aufzufordern. Doch diese Initiative ist an liberaler Schwäche und Lustlosigkeit erstickt. Aus Überzeugung – etwa um sich vor den Rechtsstaat zu stellen – wird die FDP die Ampel nicht verlassen. Höchstens aus Opportunismus.
Interessanterweise drehen sich die Dinge so, dass der Opportunismus allmählich für ein Verlassen der Ampel spricht. Die EU-Wahl wird für die FDP zu einem Desaster, das sie kaum noch abwenden kann. Im Osten ist für sie eh nichts zu holen. Und da mehr als die Hälfte der Wahlperiode des Bundestags abgelaufen ist, erhalten Abgeordnete und Minister die vollen Pensionsansprüche für diese Wahlperiode. Ihr Preis für ein Verlassen der Ampel wird also niedriger.
Ein Bruch mit der Ampel könnte die Wahlen von 2024 nicht mehr retten, aber eine Perspektive für die Bundestagswahl im September 2025 geben. Um ihn vorzubereiten, müsste die FDP den Bruch mit Themen verbinden, für die sie künftig stehen will. Lindners Brief über die „Wirtschaftswende“ könnte ein Versuch in diese Richtung sein. Ein Versuch in der Lindner eigenen Halbherzigkeit. Wollte die FDP liberal-konservative Wähler wieder richtig ansprechen – und auch überzeugen –, dann stellten sich Liberale Faesers und Paus’ Angriff auf den Rechtsstaat entgegen. Christian Lindner könnte viel lernen, wenn er Leserkommentare liest – und verstehen lernt.