Tichys Einblick
Wann, wenn nicht jetzt?

Ein Allparteienbündnis gegen Antisemitismus ist überfällig

Der barbarische Überfall der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Bürger Israels, aber insbesondere auch die Reaktionen auf diesen ungeheuerlichen Zivilisationsbruch, haben das hässliche Antlitz des muslimischen und auch des links-grünen Antisemitismus unübersehbar offenbart. Von Lothar Krimmel

IMAGO / Michael Gstettenbauer

Antisemitismus wird von den selbsternannten “demokratischen” Parteien innerhalb des Parteienspektrums immer und ausschließlich bei der AfD verortet. Diese parteipolitische Instrumentalisierung des Antisemitismus hat den muslimischen Antisemitismus und den links-grünen Israelhass verdeckt zu diesem unkontrollierten Monstrum heranwachsen lassen, das sich heute völlig ungehindert über unsere Straßen und Plätze ergießen darf.

Antisemitismus war schon immer auch links

Bereits die Gleichsetzung von “rechts” und “antisemitisch” ist nicht nur historisch falsch, sondern geht zudem einher mit einer fatalen Entlastung der linken Parteien. Der Nationalsozialismus verkörperte einen fanatischen Antisemitismus, der in seinem rassistischen Extremismus historisch einmalig ist. Die drei zeitgleichen faschistischen Diktaturen in Italien, Spanien und Portugal waren jedoch nicht stärker antisemitisch geprägt als Länder mit gemäßigten Regierungen wie etwa Frankreich. Namentlich in Italien unterstützten in den ersten 16 Jahren der faschistischen Diktatur 90% der italienischen Juden Mussolinis faschistische Partei PNF. Ein Drittel der Juden war sogar Mitglied dieser Partei. In Richtung Deutschland höhnte Mussolini: „Rassismus ist etwas für Blonde.“

Demgegenüber war die deutsche Sozialdemokratie in ihrer gesamten Geschichte niemals frei von Antisemitismus. Bereits das Traktat “Zur Judenfrage” von Karl Marx aus dem Jahr 1843 wurde von Hannah Arendt als klassisches Werk eines „Antisemitismus der Linken“ beschrieben. Für die SPD prägend war vor allem die Rede von August Bebel zum Antisemitismus auf dem Kölner Parteitag der SPD im Oktober 1893. Dort wandte sich die SPD zwar gegen den Antisemitismus als eine revolutionäre Verirrung. Sie betrachtete den Antisemitismus jedoch gleichwohl insofern als „nützlich“ für den revolutionären Prozess, als die Auflehnung gegen die “jüdischen Kapitalisten” die Werktätigen davon überzeugen könne, dass nicht nur diese jüdischen, sondern alle Kapitalisten ihre Feinde seien.

Auch deswegen bedeutet die von den linken Parteien betriebene permanente Gleichsetzung von „Rechts“ und AfD mit der verbrecherischen NSDAP Hitlers eine Verhöhnung der Millionen Opfer des Nationalsozialismus. Denn wenn es sich bei der NSDAP um eine vergleichbare Gurkentruppe wie bei der AfD gehandelt hat, warum – so die zwangsläufige zynische Frage aus dieser verirrten Denkweise – hat man sich dann im Holocaust millionenfach wehrlos zur Schlachtbank führen lassen?

Antisemitismus raus aus parteipolitischer Instrumentalisierung

Auffällig ist, dass nur diejenigen Parteien, die Antisemitismus ausschließlich bei der AfD verorten, bereits seit Monaten Stimmung gegen die israelische Regierung gemacht haben. Hat man damit den Überfall der Hamas und die Entfesselung des muslimischen Antisemitismus auf deutschen Straßen nicht zumindest begünstigt? Von den Bundestagsparteien ist es jedenfalls offenbar nur die AfD, die auch jetzt nicht nur vom Selbstverteidigungsrecht Israels spricht, sondern ganz klar macht: Über die Wahl der Selbstverteidigungsmittel entscheidet ausschließlich Israel selbst – ohne jegliche „gutgemeinten Empfehlungen“. Mit ihrem fatalen „Ja, aber…“ hat die links-grüne Ampel schon wieder den Boden bereitet für ein neuerliches Anschwellen antisemitischer Stimmungen in Deutschland.

Warum also gibt es immer noch kein formales Allparteienbündnis gegen den Antisemitismus, in dem sich alle Parteien zu klar festgelegten Maßnahmen und Zielen bekennen? Die einseitige Ausrichtung aller Kritik auf die AfD bewirkt im Ergebnis jedenfalls eine massive Verschlechterung der Sicherheitslage der Juden in Deutschland. Denn erstens wird dadurch der „traditionelle“ Antisemitismus, den es durchaus auch bei Linken und Grünen gibt, dort überhaupt nicht adressiert. Zweitens gedeiht gerade durch diese parteipolitische Einäugigkeit der spezifisch links-grüne Antisemitismus, der sich verharmlosend als „antizionistisch“ oder „israelkritisch“ maskiert. Und drittens konnte und kann auf diese Weise der vernichtende muslimische Judenhass völlig ungehemmt zu diesem entsetzlichen Monster in Deutschland heranreifen.

Parteipolitisch neutrale Institution ist notwendig

Spätestens seit den Landtagswahlen in Bayern und Hessen muss klar sein: Die AfD ist in Deutschland parteipolitische Realität, und man muss sich mit ihr auseinandersetzen. Das bedeutet, dass man erstens Antisemitismus in Bezug auf diese Partei belegen und nicht nur beraunen muss und dass man dann zweitens die Parteiführung, die sich klar zum Kampf gegen Antisemitismus bekannt hat, in die Pflicht nimmt. Und zwar nicht mittels parteitaktischer Totalkonfrontation, sondern mit sachlicher Aufarbeitung.

Dies aber macht nur dann Sinn, wenn man in gleicher Weise alle anderen Parteien auf den Prüfstand stellt. Denn Antisemitismus war und ist eine parteiübergreifende Herausforderung. Spätestens seit dem barbarischen Zivilisationsbruch der Hamas und dem nachfolgenden Jubel der Antisemiten auf deutschen Straßen und Plätzen duldet der Kampf gegen den Antisemitismus keine „Brandmauern“ mehr“!

Ein solches Allparteienbündnis gegen Antisemitismus bedarf einer parteipolitisch neutralen Gestaltung und Steuerung. Dafür sollte mit Bundesmitteln eine unabhängige Stiftung auf den Weg gebracht werden, in der alle im Bundestag vertretenen Parteien mitwirken.

Die in den letzten Tagen mit dem Ziel der Stigmatisierung und Bedrohung geschmierten Davidsterne auf den Hauseingängen unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger stammen offensichtlich von denjenigen, vor deren unbegrenzter illegaler Zuwanderung und unkontrollierter Entfaltung die AfD – und leider nur die AfD – seit Jahren gewarnt hat.


Dr. med. Lothar Krimmel, Facharzt für Allgemeinmedizin, war von 1992 bis 2000 Geschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung 

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