Tichys Einblick
Gutachten des Staatsrechtlers Murswiek

Alle Benachteiligungen Ungeimpfter sind verfassungswidrig

Sämtliche 2G- und 3G-Regeln, die Benachteiligung bei Quarantänepflichten sowie das Vorenthalten der Verdienstausfallentschädigung für Ungeimpfte sind mit dem Grundgesetz unvereinbar und verstoßen gegen die Grundrechte der Betroffenen. Sie müssen sofort aufgehoben werden.

Sämtliche 2G- und 3G-Regeln, insbesondere 3G mit kostenpflichtigem Test, die Benachteiligung bei Quarantänepflichten sowie das Vorenthalten der Verdienstausfallentschädigung für Ungeimpfte sind mit dem Grundgesetz unvereinbar und verstoßen gegen die Grundrechte der Betroffenen. Alle Benachteiligungen Ungeimpfter müssen sofort aufgehoben werden. Das ist das Ergebnis eines Rechtsgutachtens des Freiburger Staatsrechtlers Professor Dr. Dietrich Murswiek, das im Auftrag der „Initiative freie Impfentscheidung e.V.“ erstellt wurde. 

Kurzzusammenfassung des über 100-seitigen Gutachtens:

Mit der 2G-Regel werden Ungeimpfte vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Mit der 3G-Regel, verbunden mit dem Wegfall der Kostenfreiheit für die Schnelltests, die Voraussetzung für das Essen im Restaurant, den Kino- oder Museumsbesuch, die Teilnahme an Konzerten oder Fußballspielen sind, wird ihnen die Teilnahme am öffentlichen Leben so sehr erschwert, dass sie faktisch weitgehend draußen bleiben müssen. 

Diese Freiheitseinschränkungen verletzen das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit und weitere Grundrechte, denn sie lassen sich nicht rechtfertigen. Das offizielle Ziel dieser Maßnahmen ist es, die COVID-19-Epidemie einzudämmen, um eine Überlastung der Intensivstationen zu vermeiden. Zu diesem Zweck sind die 2G- und 3G-Regeln aber schon deshalb nicht erforderlich, weil – wie das Gutachten darlegt – eine Gefahr für die Überlastung der Intensivstationen nicht besteht. 

Soweit der Staat die 2G- und 3G-Regeln damit rechtfertigen will, dass sie der Minimierung der schweren Krankheitsverläufe und Todesfälle dienten, geht es nicht um Gefahrenabwehr, sondern um Optimierung des Gesundheitsschutzes im Sinne einer Risikovorsorge. Zu diesem Zweck darf nicht die Freiheit von Menschen eingeschränkt werden, die für diese Risken nicht verantwortlich sind. Die Freiheit ist dem Einzelnen nach dem Grundgesetz kraft seiner Menschenwürde garantiert. Er erhält sie nicht erst dann von der Obrigkeit zugeteilt, wenn er beweisen kann, dass er vom Staat definierte Kriterien für seine Ungefährlichkeit erfüllt.

In ganz besonderem Maße unverhältnismäßig sind die mit den 2G- und 3G-Regeln bewirkten Freiheitseinschränkungen im übrigen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Denn in diesen Altersgruppen führt die Infektion mit SARS-CoV-2 fast nie beziehungsweise selten zur Erforderlichkeit einer Intensivbehandlung. Diese Altersgruppen vom Zugang zum öffentlichen Leben auszuschließen oder ihnen den Zugang durch kostenpflichtige Tests zu erschweren, trägt zur Vermeidung einer Überlastung der Intensivstationen praktisch nichts bei.

Das Gutachten legt weiterhin dar, dass die Ungleichbehandlung der Geimpften und der Ungeimpften nicht zu rechtfertigen sei und daher gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Artikel 3 Absatz 1) verstoße.

Die 2G- und 3G-Regeln sowie die Nichtanwendung der für Reiserückkehrer und Kontaktpersonen geltenden Quarantänevorschriften auf Geimpfte beruht auf der Vorstellung, dass die Geimpften immun seien und sich nicht mehr mit SARS-CoV-2 infizieren und andere Menschen nicht mehr anstecken könnten. Es ist aber erwiesen, dass die Impfung nur sehr unvollständig vor Ansteckung schützt und dass der anfangs gegebene unvollständige Übertragungsschutz nach wenigen Monaten nachlässt und schon nach vier Monaten praktisch nicht mehr vorhanden ist. 

Mittels der Benachteiligung der Ungeimpften wird ein starker Druck auf die Ungeimpften ausgeübt, sich impfen zu lassen. Dieser Druck wirkt als indirekter Impfzwang. Der staatlich erzeugte Impfdruck ist verfassungsrechtlich als Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht über die körperliche Unversehrtheit sowie als Eingriff in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG) einzustufen. Auch dieser Eingriff lässt sich weder mit dem Ziel, eine Überlastung der Intensivstationen zu vermeiden, noch mit dem Ziel, die Zahl der schweren Krankheitsverläufe zu minimieren, rechtfertigen. 

Der indirekte Impfzwang ist vor allem deshalb unverhältnismäßig, weil er das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen bezüglich ihrer körperlichen Integrität äußerst schwerwiegend einschränkt und ihnen schwerwiegende Lebens- und Gesundheitsrisiken auferlegt. Zu ihrem eigenen Schutz vor COVID-19 darf der Staat die Menschen nicht zwingen. Zum Schutz anderer bedarf es grundsätzlich keines Impfzwangs, weil die Geimpften ja bereits durch die Impfung geschützt sind. 

Hinzu kommt, dass denkbare Langzeitrisiken der neuartigen COVID-19-Vakzine noch gar nicht systematisch ermittelt werden konnten. Die massenhaften Impfungen haben insofern den Charakter eines riesigen Humanexperiments. Eine direkte COVID-19-Impfpflicht verstieße deshalb gegen die Menschenwürdegarantie (Artikel 1 Absatz 1 GG). Beim indirekten Impfzwang ist jedenfalls in der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Teilnahme an einem medizinischen Menschenversuch nicht erzwungen werden darf.

Die Vorenthaltung der Verdienstausfallentschädigung für quarantänepflichtige Ungeimpfte verstärkt das Gewicht der Freiheitseinschränkungen bei der Abwägung noch erheblich. Mit dieser Maßnahme setzt der Staat in besonders deutlicher und zynischer Weise die Impfung als „Tor zur Freiheit“ ein. Die Impfung wird zur Voraussetzung gemacht, seine Freiheitsrechte wahrzunehmen, obwohl es hierfür keine verfassungsrechtlich tragfähige Rechtfertigung gibt. Damit wird das Freiheitsverständnis des Grundgesetzes umgedreht: Der Einzelne ist nicht mehr kraft seiner Menschenwürde frei, sondern er ist frei, weil er sich einem staatlichen Ansinnen unterwirft, dem Ansinnen, sich impfen zu lassen.


Dietrich Murswiek ist emeritierter Professor für Öffentliches Recht an der Universität Freiburg, www.dietrich-murswiek.de. Einen Video-Vortrag von ihm zu „Klimapolitik und Grundgesetz“ mit kritischer Beleuchtung des Klima-Beschlusses finden Sie hier.

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