Die zunächst dürre, aber dennoch aufsehenerregende Nachricht lautet, dass Alice Weidel einen Auftritt zum Tag der deutschen Einheit in Mödlareuth gestern absagen musste, weil ihre Sicherheit und die Sicherheit ihrer Familie bedroht wird. Von einem Sprecher der AfD heißt es hierzu: „Frau Weidel und ihre Familie wurden von Sicherheitsbehörden aus ihrer privaten Wohnung an einen sicheren Ort verbracht, da sich Hinweise verdichtet hatten, die auf einen Anschlag auf ihre Familie hindeuteten“.
In dem einst geteilten Dorf im Vogtland, Mödlareuth, durch das die DDR den Antifaschistischen Schutzwall errichtet hatte, in vulgo: die deutsch-deutsche Grenze, mit der die SED-Chefs die Bevölkerung Ostdeutschlands einmauerten, sollte der Tag der Deutschen Einheit begangen werden. Durchaus mit Blick auf den Endspurt der bayrischen Landtagswahlen luden CSU und CDU, die AfD und auch das übliche Bündnis „grenzenlos bunt“ zu einer Kundgebung ein. Da weder von den Sicherheitsbehörden, noch aus Parteikreisen Näheres zu erfahren ist, lässt sich vorerst nicht mehr berichten, als dass sich Alice Weidel mit einer Videobotschaft an die Besucher der AfD-Kundgebung wandte, in der sie sagte: „Ich würde nichts lieber tun, als heute bei euch zu sein, aber ich kann es leider nicht.“ In ihrer Botschaft rief sie dazu auf, der CSU und Markus Söder bei der Wahl am Sonntag einen Denkzettel zu verpassen.
Erstaunlich ist das laute Schweigen derjenigen, die schon die Demokratie in Gefahr sehen, wenn der CDU-Chef Merz nicht starr Hände an der Hosennaht auf grüner Linie verharrt. Erreicht die Maßlosigkeit des Kampfes gegen die AfD durch diejenigen, die sich für Musterdemokraten halten, vor allem dann, wenn sie für die Einschränkung der Demokratie und der Medien- und Meinungsfreiheit, überhaupt der Freiheit eintreten, nun auch den politischen, den demokratischen Alltag und verwandeln ihn in eine Kampfzone, in der alles erlaubt ist, wenn nur ein hehres Ziel irgendwie geltend gemacht werden kann? Vom Bewunderer der Letzten Generation, dem Verfassungsschutz-Präsidenten Thomas Haldenwang, hört man indes nichts.
Die Presseberichte ähneln sich insofern, als dass sie mit Weidels Absage aufmachen, dann aber wie der Tagesspiegel über „zahlreiche Gegendemonstranten der AfD-Kundgebung“, berichten, die gekommen waren, „um für Demokratie und Weltoffenheit und gegen Rechtsextremismus aufzutreten“, fortfahren. Was irgendwie insinuiert, dass Weidels Bedrohungslage ja auch irgendwie der guten woken Sache dient.
Sollte sich die Bedrohungslage im hohen Maße als zutreffend erweisen, dann dürfte man diese Art der Berichterstattung nicht einmal mehr als Framing bezeichnen, dann würde sie eine gehörige Mitschuld an der Verrohung des politischen Diskurses tragen.
Die Frankfurter Rundschau leitet sogar zu den eigentlichen Opfern, zu den eigentlich Verfolgten in Deutschland, zu den Grünen über, denn von links kann keine Gewalt ausgehen, Gewalt droht immer von rechts. Und wer es anders sieht, ist eben rechts – feiner Zirkelschluss.
Was aber allzu häufig aus der Berichterstattung fällt, ist folgender Fakt: „Fast 90 Prozent der Attacken gegen grüne Einrichtungen, die sich politisch zuordnen lassen, kommen: von links. Nämlich exakt 50, während die Polizei nur 5 Beschädigungen grüner Büros dem rechten Spektrum zuschreibt. In 74 Fällen lassen sich die Verursacher nicht eindeutig ausmachen. Im Fall der AfD kamen fast alle zuordenbaren Attacken von links, eine aus dem Feld „ausländische Ideologie“. Wendt kommt zu dem Schluss, über den ein so eisernes wie peinliches Schweigen liegt: „Vor allem die Grünen, aber auch die SPD fördern seit Jahren ein politisches Vorfeld, das sich in seiner zunehmenden Radikalität nicht nur gegen ihre erklärten Feinde, sondern zunehmend auch gegen ihre Gönner richtet.“
Über die Situation von Alice Weidel ist im Moment bisher nicht mehr zu erfahren, als dass sie an einen sicheren Ort gebracht worden ist und anscheinend abgeschirmt wird, wie es aus Parteikreisen heißt.