Das Jahr 1987 ist nicht nur mein Geburtsjahr, es ist auch das Jahr, in dem die CSU gegen Homosexuelle in den Kampf zog. Vor 35 Jahren setzte sich Peter Gauweiler für scharfe Anti-Aids-Regelungen in Bayern ein – mit Zwangstests für Prostituierte, Drogenabhängige und angehende Beamte. Was damals ein feuchter Traum geschockter Politiker war, wurde in der Corona-Pandemie zur Realität. Allerdings und fairerweise nicht nur für Homosexuelle, sondern für Schüler, Angehörige, die ihre Liebsten in Heimen und Krankenhäusern besuchen wollten, und der Alltagssituationen mehr. Frei nach dem Motto: „Ich diskriminiere nicht, ich behandle jedermann gleich schlecht.“
Damals ging die CSU noch weiter. Horst Seehofer meinte, Aids-Kranke solle man „in speziellen Heimen“ sammeln und „konzentrieren“. Bis heute kommentierte der ehemalige bayrische Ministerpräsident seine Aussagen nicht. Er ließ vor zehn Jahren lediglich ausrichten, damals sei man in der Aids-Politik noch auf der „Suche nach dem richtigen Weg“ gewesen; der damalige sei „längst überholt“. Wenigstens ist Horst Seehofer heute ebenfalls überholt.
Beängstigende Parallelen
35 Jahre später schüren geneigte Medien, allen voran Karl Lauterbach wieder einmal Angst, bis der Doktor kommt. Mit dem Robert-Koch-Institut würden laut dem Gesundheitsminister bereits Empfehlungen zu Quarantäne und Isolation vorbereitet, ebenfalls werde über „Impfempfehlungen für besonders gefährdete Personen“ nachgedacht. Wie schnell Empfehlungen zu Verpflichtungen werden, zeigten die vergangen Corona-Jahre.
Das Ganze, so Lauterbach, sei nur „zum Schutz der Risikogruppen“ und sei keinesfalls eine Stigmatisierung. Kommt Ihnen die Wortwahl nicht auch bekannt vor? Auch in der Corona-Zeit wurden Menschen objektiviert, kollektiviert und zu Risikogruppen erklärt. Alten Menschen in Heimen und Patienten in Krankenhäusern wurden ihre freie Entscheidung genommen, und sie wurden de facto eingesperrt, während Kinder ebenso objektiviertet und kollektiviert und zu Risikotreibern bestimmt wurden.
„Hoher Kommissar für Hygiene und Hysterie“
Im Falle der Affenpocken droht Ähnliches, lediglich im praktischen „Zwei-in- Einem“- Format. Denn Homosexuelle sind Risikogruppe und Risikotreiber zugleich. Während zu Corona-Zeiten Kontakte von Infizierten nachverfolgt wurden, wäre der logische, Drosten’sche Schritt, ein Beischlafprotokoll zu führen. Vielleicht gibt es dann auch die App, vielleicht mit Schnittstellen zu den gängigen „Dating Apps“, die natürlich vollkommen sicher wäre.
Unrealistisch? Vielleicht. Aber spätestens seit 2019 wissen wir, dass Dystopien von gestern bereits heute zur Realität geworden sind. Der Spiegel bezeichnete Gauweiler damals als „eine Art Hoher Kommissar für Hygiene und Hysterie“. Einen Titel, den man Lauterbach durchaus auch geben könnte.
Lauterbachs Panikpauke
Echte Experten und keine Kostümepidemiologen halten indes die Gefahr der Affenpocken für gering. Es gibt keine Hinweise auf Aerosol-Übertragung, lediglich der direkte Kontakt mit virushaltigen Blasen kommt als Infektionsquelle in Frage, so der Mikrobiologe Christian Springer vom Klinikum rechts der Isar. Dem bisher einzigen Patienten, ein 26-jähriger Mann, geht es soweit gut. Er ist aktuell noch in Quarantäne, pikanterweise im selben Krankenhaus, wie der erste Corona-Fall in Deutschland, der mittels PCR-Test nachgewiesen wurde.
Lauterbach trommelt indes die Panikpauke. Er kann offensichtlich nicht anders. Corona war für ihn wie ein Serum zur Entmumifizierung. Jetzt ist er Gesundheitsminister. Karl Lauterbach braucht den Angstmodus – ohne ihn kann er politisch nicht existieren. Ob auf den Rücken von Kindern, Alten, Ungeimpften oder nun auf den Rücken von Homosexuellen, ist egal. Das Ziel des SPD-Politikers ist seine deutschlandweite Erkennbarkeit als großer Warner. Man kann nur hoffen, dass dieses Schauerspiel bald ein Ende hat, so wie es vor 35 Jahren in Bayern recht schnell ein Ende fand.