Tichys Einblick
Mit beiden Füßen im Fettnapf

30 Jahre Mauerfall – und ein Minister Maas zum Fremdschämen

Allüberall hagelt es Kritik an Außenminister Heiko Maas, der irrlichternd durch die Welt reist und den wichtigsten Bündnispartner Deutschlands immer wieder vor den Kopf stößt. Doch sein US-Amtskollege Mike Pompeo wahrt die Contenance.

Heiko Maas und Mike Pompeo beim Besuch der Gedenkstaette zur deutschen Teilung in Moedlareuth. 07.11.2019

imago Images/photothek

Die „Bild“ traf wieder mal ins Schwarze, als die Zeitung den Status Quo des deutschen Außenministers in grelles Licht gerückt hat: „Jetzt steht unser Außenminister mit beiden Füßen im Fettnapf!“ Erst, so schreibt Europas größte Boulevardzeitung, habe es den „Peinlich-Auftritt“ Maas’ in der Türkei gegeben. Dann – einen Tag vor der Deutschland-Visite von US-Außenminister Mike Pompeo – „zieht er auch noch die Wut der USA auf sich“ („Bild“).

Die „Bild-Zeitung“ hat hier vergessen zu erwähnen, dass Heiko Maas – mehr oder weniger versteckt – auch durch eine pro-arabische und eine israel-feindliche Politik immer wieder von sich reden macht, die dazu führt, dass die Sicherheitsinteressen Israels – und die der USA im Nahen Osten – in Frage gestellt werden.

Wiedervereinigung und Fall der Mauer: Hat Heiko Maas den Geschichtsunterricht geschwänzt?

SPD-Minister Maas schrieb einen offiziösen Gastbeitrag für Medien in 26 EU-Staaten. Thema: der Fall der Berliner Mauer und die deutsche Wiedervereinigung. In seinem Artikel dankt Maas zahlreichen Protagonisten für ihren Beitrag zum Mauerfall und zur Vereinigung. Explizit hebt der Chef des Auswärtigen Amtes (AA) die Rolle der Revolutionäre und der Bürgerrechtler in Polen, Ungarn, den baltischen Ländern und in der früheren CSSR hervor und dankt ausdrücklich ebenfalls dem ehemaligen sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow für dessen Hilfestellung bei dem Prozess der Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands – der Bundesrepublik Deutschland und der DDR.

Doch die „fundamental wichtige Rolle der USA“ („Focus“) bei diesem Prozess, der Weltgeschichte geschrieben hat, erwähnt Maas mit keiner Silbe. Selbst im Geschichtsunterricht an deutschen Schulen wird heute freilich schon gelernt, dass ohne die USA eine deutsche Wiedervereinigung gar nicht möglich geworden wäre.

Jenseits aller wichtigen Fakten schreibt Maas (den Josef Kraus bei „Tichys Einblick“ jüngst als „Maas ohne Maß“ bezeichnet hat) tatsächlich: „Die deutsche Einheit, sie war auch ein Geschenk Europas an Deutschland.“ Die Wahrheit ist: Die europäischen Mittelmächte – wie Großbritannien oder Frankreich – allein hätten niemals die Vereinigung genehmigen oder gar bewerkstelligen können. Entscheidend waren die USA und die damalige UdSSR, ohne diese beiden Weltmächte hätten die europäischen Staaten rein gar nichts können.

Historiker wissen, dass die Sowjetunion nicht zuletzt dadurch zu einer positiven Haltung zur Vereinigung Deutschlands bewegt werden konnte, dass die Regierung Helmut Kohl/Hans-Dietrich Genscher der UdSSR riesige Summen Geldes als „Kompensation“ zur Verfügung stellte. Der damalige US-Präsident George W. Bush dagegen stand als politischer Freund an der Seite der deutschen Bundesregierung, der offenbar mit großer Freude sah, dass das zusammenwachsen wollte, „was zusammen gehört“ (Willy Brandt).

Ronald Reagan: „Tear down this wall!”

Auch der damalige US-Präsident Ronald Reagan hat – früher schon – wesentlich dazu beigetragen, dass der Gedanke von der deutschen Wiedervereinigung in der internationalen Politik nicht verloren gegangen ist. Die Mauer in Berlin war kein „anti-faschistischer Schutzwall“, wie es die SED-Führung die Welt immer wieder Glauben machen wollte. Reagan (“Tear down this wall!”) brandmarkte die Berliner Mauer als das, was sie war: ein Symbol für die totalitäre Herrschaft der kommunistischen Partei SED, deren führende Kader allerdings nur Vasallen der KPdSU in der Moskauer Zentrale gewesen sind.

Schon direkt nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Sowjets Westberlin von der Welt der westlichen Demokratien abtrennen wollen („Berlin-Blockade“). Deswegen riefen die Politiker des freien Berlin – mit Ausnahme der kommunistischen SED – um Hilfe. Damals sprach der Regierende Bürgermeister von Berlin, Ernst Reuter (SPD), die Worte, die in die Geschichte eingehen sollten: „Ihr Völker der Welt, ihr Völker in Amerika, in England, in Frankreich, in Italien! Schaut auf diese Stadt und erkennt, dass ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft, nicht preisgeben könnt!“

Die US-amerikanische Armee unter der Führung des Generals Lucius D. Clay und die Briten retteten die Westberliner vor dem Kommunismus. Ohne den massiven Einsatz von sehr vielen Transportflugzeugen der britischen Royal Air Force (RAF) und vor allem der United States Air Force (USAF) hätten die Westberliner nicht überlebt. Ohne die alliierte Luftbrücke (1948/49) zwischen dem damaligen Westdeutschland und dem demokratischen Westberlin wäre der freie Teil Berlins schnell untergegangen. Ohne die westlichen Alliierten hätte die Sowjetunion das damalige Westberlin der „Sowjetisch besetzten Zone“ („SBZ“) rigoros einverleibt.

Wiedervereinigung: George Bush war der entscheidende Politiker

George Bush hat 1989 angesichts des Falls der Mauer in Berlin den schönen Satz geprägt: „Gott schütze das Volk der Deutschen!“. Mit diesen Worten verdeutlichte der Präsident, dass er bereit war, den Deutschen tatkräftig dabei zu helfen, wieder zu einer gemeinsamen Identität zu kommen. Bush war ein amerikanischer Patriot, der wusste, dass auch das deutsche Volk auf Dauer nur existieren kann, wenn es über eine gesunde Portion Patriotismus verfügt.

30 JAHRE MAUERFALL
Der Tag, an dem die DDR stillstand
Nationale Identität und nationaler Patriotismus – beides war dem deutschen Außenminister Maas schon immer fremd. Er ist – wie die meisten Linken – geprägt durch einen bisweilen geradezu hasserfüllten Anti-Amerikanismus. Deswegen hat Maas es nicht über sich gebracht, der Nation seinen Dank auszusprechen, die die Deutschen unter riesigen Opfern befreit hat von der faschistischen NS-Diktatur und die nach dem Zweiten Weltkrieg die Grundlagen legte für eine parlamentarische Demokratie. Auch Präsident Bush Senior zum Beispiel hat im Zweiten Weltkrieg als US-Soldat gekämpft. Ohne den weltweiten, verlustreichen und letztlich siegreichen Einsatz der amerikanischen Armee wäre wahrscheinlich die Bundesrepublik Deutschland nie entstanden.

„Mit einem zuverlässigen Urteilsvermögen, gesundem Menschenverstand und einer unerschütterlichen Führung brachte Präsident Bush unsere Nation und die Welt zu einem friedlichen und siegreichen Abschluss des Kalten Krieges“, kondolierte der heutige US-Präsident Donald Trump zum Tode des George Herbert Walker Bush. Wohl wahr. Insbesondere die deutsche Wiedervereinigung, die ohne Bush Senior nicht möglich gewesen wäre, symbolisierte das Ende des „Cold War“. Das alles hat ausgerechnet ein deutscher „Außenminister“ Maas schlicht ignoriert. Ein schwerer Fauxpas, der nicht zu entschuldigen ist.

John Kornblum, ehemaliger US-Botschafter in Berlin, sagte dazu der „Bild-Zeitung“: „Ich bin enttäuscht!“ Maas bedanke sich „bei der halben Welt, aber erwähnt die Verdienste der Amerikaner für Deutschland und die Wiedervereinigung an keiner Stelle“. Der Minister habe offensichtlich „Angst, irgendetwas Positives über Amerika zu sagen“.

Auch dem ehemaligen Befehlshaber der US-Truppen in Europa, General Ben Hodges, haben die Worte Maas’ die Sprache verschlagen: Die USA und die Alliierten hätten „Deutschland während des gesamten Kalten Krieges wegen unserer gemeinsamen Werte beigestanden“. Dies sei der „Schlüssel“ gewesen, „der zum Fall der Mauer am 9. November 1989 führte“. Daher verstehe er nicht, „warum Minister Maas Präsident Reagan nicht ausdrücklich gedankt hat, obwohl er Michail Gorbatschow und andere ausdrücklich nannte“.

Neuerdings auch viel Kritik von Politikern der CDU und der FDP

Seit kurzem hagelt es auch Kritik aus den Reihen der CDU und der FDP. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag Johann Wadephul äußerte sich ungewöhnlich scharf gegenüber dem sozialdemokratischen Minister. Maas schade „deutschen Staatsinteressen“. Die auffällig dezidierte Reaktion der Unionsfraktionen resultiert offenbar auch daraus, dass Maas ausgerechnet in der Türkei Vorschläge der CDU-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) zur Errichtung einer international gesicherten „Sicherheitszone“ zwischen Syrien und der Türkei, auf nordsyrischem Boden, öffentlich mit barschen Worten zu diskreditieren suchte.

Selbst manche Genossen Maas’ fragten sich, was den Minister wohl geritten hat, als er wenig später sogar noch einmal in Deutschland nachlegte, und zwar mit den wenig diplomatischen Worten: Die Verteidigungsministerin habe mit ihren Vorschlägen die deutschen Außenpolitik „beschädigt“.

Die Antwort der Union folgte darauf prompt, die versuchte, ihrer Bundesvorsitzenden beizustehen: Heiko Maas falle seiner Kollegin in den Rücken. Jürgen Hardt, der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, bezeichnete Maas‘ erneute Kritik an „AKK“ als „nicht akzeptabel“. Die „Verbalattacke“ sei geeignet, der außenpolitischen Handlungsfähigkeit Deutschlands „zutiefst“ zu schaden.

Die Oppositionsfraktion FDP wittert offenbar Morgenluft. Die Freien Demokraten haben sogar einen Missbilligungsantrag für das Plenum des Bundestages beschlossen.

Die AfD hat sich schon sehr viel früher mehrfach sehr kritisch über den Außenminister geäußert. Anlässlich des einjährigen Dienstjubiläums von Minister Maas erklärte der außenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, Maas „trampelt wie der sprichwörtlich Elefant im Porzellanladen durch die internationale Diplomatie“. Man sehne sich „fast schon“ nach seinem Amtvorgänger zurück, Sigmar Gabriel: „Ein Jahr Heiko Maas ist mehr als genug!“

US-Außenminister Pompeo: Als US-Offizier an der Berliner Mauer

Anlässlich „30 Jahre Mauerfall“ war der United States Secretary of State, Mike Pompeo, in Deutschland für drei Tage zu Gast. Er diente als junger Armee-Offizier, der die Military Academy in West Point 1986 als Jahrgangsbester absolviert hat, auch in Deutschland. Zwischen 1986 und 1991 patrouillierte er ebenfalls an der Berliner Mauer, um die Freiheit Berlins zu schützen. Damals war Pompeo als Lieutenant Zugführer in einer Panzerbrigade. Er kennt also auch noch das geteilte Deutschland sehr gut, und er wird wissen, was die USA alles über Jahrzehnte für die Bundesrepublik getan haben.

Mit lässiger Toleranz, die Amerikanern bisweilen zu eigen ist, hat Pompeo in diesen Tagen freilich darauf verzichtet, seinen deutschen Amtskollegen öffentlich zur Ordnung zu rufen – den Minister, der sich in den Augen der meisten Experten längst zu einer peinlichen Fehlbesetzung entwickelt hat.

Bei den Treffen Pompeos mit deutschen Politikern waren viele höfliche Worte zu hören. „Doch die Differenzen in den deutsch-amerikanischen Beziehungen bleiben – das wird nach den Statements der Politiker deutlich“ (Bayerischer Rundfunk). Pompeo gilt in Washington als „Falke“, schon deswegen ist nicht davon auszugehen, dass Maas jemals das Vertrauen des US-Ministers gewinnen könnte.

Maas macht plötzlich den Kotau – und Pompeo wahrt die Contenance

Heiko Maas versuchte nach der Ankunft Pompeos in Deutschland flugs – das war nicht zu übersehen –, sich dem amerikanischen Gast anzudienen („Wir sind den USA in Dankbarkeit verpflichtet“), doch der US-Außenminister, der sonst – wie viele Amerikaner – seine Gesprächspartner gern mal mit seinem Vornamen anspricht, hielt Distanz. Er blieb demonstrativ bei der formalen Anrede „Mr. Maas“. Das spricht Bände.

Der amerikanische Minister hat die Gegensätze zwischen den USA und dem heutigen Deutschland diplomatisch so beschrieben: „Gelegentlich haben wir einen anderen Ansatz. Das passiert unter guten Freunden und Verbündeten.“ Pompeo erinnerte in einer Rede, die er in der Berliner Körber-Stiftung gehalten hat, an die Zeit, als er als US-Soldat nahe der deutsch-deutschen Grenze stationiert war. „Erheblich schlanker als heute“, wie er unter dem freundlichen Gelächter des Publikums hinzufügte.

„Er habe damals seinen Beitrag geleistet, um die Freiheit des Westens zu verteidigen“ („Berliner Morgenpost“). Mit Blick auf den Mauerfall vor 30 Jahren sagte der US-Minister, die USA hätten sehr wohl gewusst, dass ein unfreies System wie die DDR irgendwann kollabieren müsse. Den Zeitpunkt dafür habe man freilich nicht abschätzen können. Pompeo lobte den „Mut der Ostdeutschen, die Mauer zu Fall zu bringen“. Er selbst habe als GI Deutschland im Oktober 1989 verlassen – leider „einige Wochen zu früh“. Der Amerikaner hätte offensichtlich den historischen Fall der Mauer am 9. November 1989 gern selbst mit erlebt – direkt vor Ort.

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