Merkel, die selbst in der kommunistischen Diktatur der DDR sozialisiert wurde, ist sowohl ein Produkt der Geschichte ihrer Zeit als auch ein Katalysator für eine ganze Reihe von Trends, die unserer alten Zivilisation nachhaltig schaden. Von David Engels
Sehr bald, und doch viele Jahre zu spät, wird die Regierungszeit von Angela Merkel endlich zu Ende gehen: sechzehn unendlich lange Jahre, die Deutschland tiefgreifend geprägt haben, und deren vergiftete Früchte wir alle in Europa bald ernten werden. Um diese zentrale Periode in der Geschichte des modernen Deutschlands angemessen zu analysieren, müsste man entweder ganze Bände von Dokumentationen füllen oder sie in wenigen Zeilen zusammenfassen.
Offensichtlich ist zunächst die zunehmende „Linkslastigkeit“ der CDU von Angela Merkel: Ursprünglich fest in den christlichen Werten und der sozialen Marktwirtschaft verwurzelt, hat die CDU die konservativen Werte systematisch zugunsten der gegenwärtigen politischen Korrektheit aufgegeben und die Mittelschicht zugunsten eines Klientelismus verlassen, der sich einerseits an bestimmte einflussreiche soziale Minderheiten und andererseits an einige wenige große Lobbys richtet. Zählen wir ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige Punkte auf, die spontan in den Sinn kommen, wenn wir auf die letzten 16 Jahre zurückblicken:
Zuwanderung von ein bis zwei Millionen „Flüchtlingen“ nach Deutschland; eine mörderische Terrorwelle; die Zerschlagung der griechischen Wirtschaft in der Eurokrise; Zensurgesetze, die die Meinungsfreiheit in den sozialen Netzwerken einschränken; die direkte Einmischung in den Ausgang freier Wahlen wie in Thüringen; der ungeordnete Ausstieg aus der Atom- und Kohlekraft; die Kriminalisierung jeglicher Kritik an staatlichen Maßnahmen; die Politisierung des Bundesverfassungsgerichts; die Zerstörung des Dublin-Mechanismus zur Aufnahme von Asylbewerbern; die gravierende Energieknappheit; die politische Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes; die zunehmende Abhängigkeit vom russischen Energiemarkt; die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe und Adoption; die Verharmlosung der Sterbehilfe; die völlige Aushöhlung der deutschen Streitkräfte; die Explosion der Kriminalität; die Entrechtung der Ungeimpften; die soziale Polarisierung der deutschen Bevölkerung, die Verweigerung der NATO-Beiträge; steigende Preise; die gefährliche Überalterung der Infrastruktur; zunehmende Straftaten gegen „rechte“ Intellektuelle und Politiker; die Gefährdung der Autoindustrie; die Zunahme des (muslimischen) Antisemitismus; die Verharmlosung der DDR-Verbrechen; die Manipulation der freien Medien durch eine systematische Subventionspolitik; die Einmischung in die inneren Angelegenheiten der europäischen Nachbarn; die Einführung eines Rechtssystems, das die Grundrechte aushebelt, um die „globale Erwärmung“ besser bekämpfen zu können; höhere Steuern; die Verschlechterung der Beziehungen zu England, Polen und Ungarn, usw.
Sicherlich sind viele dieser Punkte nicht allein Angela Merkel zuzuschreiben, denn ohne die Linksradikalisierung der öffentlichen Meinung, die wir in der gesamten westlichen Welt beobachten, und natürlich ohne die Zustimmung ihrer eigenen Partei, die sich um den Preis ihrer eigentlichen Identität an der Macht zu halten suchte, wäre diese Entwicklung undenkbar gewesen. Dennoch sollte man auch die zentrale Bedeutung des heutigen Deutschlands für dieses Phänomen nicht unterschätzen: Fast ausschließlich aufgebaut auf jener merkwürdigen Mischung aus historischem Schuldgefühl für die Verbrechen des Dritten Reiches und jener bedenklichen moralischen Arroganz, die aus der Überzeugung resultiert, „aus seinen Fehlern gelernt“ zu haben, war Deutschland der prädestinierte Nährboden für eine linke Ideologie, die kommunistischen Messianismus, westlichen Masochismus, wirtschaftliche Naivität und vor allem die Selbstzufriedenheit, auf der „richtigen Seite der Geschichte“ zu stehen, vermischt.
So ist Merkel, die selbst in der kommunistischen Diktatur der DDR sozialisiert wurde, sowohl ein Produkt der Geschichte ihrer Zeit als auch ein Katalysator für eine ganze Reihe von Trends, die unserer alten Zivilisation zunehmend schaden. Sei es die Abwertung des menschlichen Lebens durch Abtreibung, Euthanasie und Transhumanismus; die Relativierung der natürlichen Familie durch die Absurditäten der Gender-Theorie und der LGBTQ-Ideologie; die Zerstörung der Mittelschicht durch einen antikapitalistischen Aktivismus, der zu feige ist, es mit den großen Konzernen aufzunehmen; die Verdrängung der Demokratie durch den Einfluss internationaler Institutionen, politisierter Gerichte, Klientelismus und Bürokratie; die vorsätzliche Deindustrialisierung Europas durch den Transfer von Kapital und Wissen nach Asien und die Tiraden der Theoretiker der globalen Erwärmung; die rechtliche Instrumentalisierung der „Menschenrechte“ durch eine europäische Elite, die ihre ideologischen Entscheidungen dem gesamten Kontinent aufzwingen will; die systematische Dämonisierung und Verfolgung des Konservatismus im Namen des „antifaschistischen“ Kampfes; der rapide demographische Rückgang der einheimischen Europäer; das zunehmend bedrohliche Wachstum von migrantischen Parallelgesellschaften, die sich der kulturellen Integration verweigern und zunehmend ihre eigenen Sitten durchsetzen; der erschreckende Niedergang der Schulen und Universitäten durch die Politisierung der Schulbildung und die „Demokratisierung“ der Universitäten, die von einer rein wirtschaftlichen Logik ideologisch gesteuert werden – all diese Entwicklungen hat Merkel in Deutschland nicht verursacht, aber eindeutig bestätigt und beschleunigt. Und indem sie Deutschlands politisches und wirtschaftliches Gewicht nutzte, hat sie alles getan, um diese Entwicklungen auch überall in der gesamten Europäischen Union durchzusetzen und dabei viele wichtige Partner zu verprellen.
Wie sind dann die Faszination vieler Menschen (vor allem im Ausland) für Angela Merkel und die unbestreitbare Tatsache zu erklären, dass ihr Machtsystem immer wieder in Wahlen bestätigt wurde, die trotz allem als relativ frei zu bezeichnen sind, wenn wir auch nicht die systematische Zunahme von Beschwerden über Wahlunregelmäßigkeiten vergessen sollten und die Tatsache, dass zuletzt in Berlin in einigen Bezirken eine Wahlbeteiligung von 150 % verzeichnet wurde?
Erstens konnte Merkel von ihren beiden größten persönlichen Vorzügen profitieren: dass sie eine Frau ist und dass sie es versteht, jede Form von individueller Persönlichkeit hinter einem Schirm langweiliger Solidität zu verbergen, was ihr die Unterstützung der Feministinnen eingebracht und ihren Ruf als kompetente Verwalterin gesichert hat. Indem sie dank der Stimmen einer christdemokratischen Partei ein politisches Programm durchsetzte, das viel mehr der Linken und den Grünen als dem Konservatismus zuzuordnen ist, konnte sie das erreichen, was als „asymmetrische Demobilisierung“ der (linken) Wähler bezeichnet wird, von denen viele, die mit den (linken) Maßnahmen der (konservativen) Regierung zufrieden waren, kein Interesse mehr an einer aktiven Teilnahme an den Wahlen hatten.
Außerdem darf nicht vergessen werden, dass sich Merkel schon sehr früh als Bollwerk gegen den „Populismus“ präsentieren konnte, indem sie sich als Gegenpol zu Donald Trump darstellte, was ihr auf der internationalen Bühne und bei den politisch korrekten deutschen Wählern viel Sympathie einbrachte. Und schließlich muss man anführen, dass ihre letztlich nicht nur für Europa, sondern auch für Deutschland selbstzerstörerische Politik perverserweise kurzfristig einen Profit aus der Eurokrise zu ziehen vermochte: Angesichts der Instabilität der Märkte und des wirtschaftlichen Niedergangs der europäischen Peripherie, die durch die von Deutschland verordnete Sparpolitik ausgeblutet war, stürzten sich viele Anleger auf die für ihre „Solidität“ bekannten deutschen Märkte und überschwemmten sie mit Geld, wobei sie sehr niedrige Zinsen in Kauf nahmen, was dem deutschen Konsum und der Produktion trotz allgemeiner Wirtschaftskrise einen gewissen Schub gegeben hat.
Die hier generierten Summen hätten freilich im deutschen Interesse für die Schaffung einer soliden Finanzreserve, die Erneuerung der veralteten Infrastruktur und vor allem für die Verbesserung des schlechten deutschen Bildungssystems verwendet werden können und müssen. Nichts von alledem wurde getan: Um seine Popularität zu erhalten und sich die Unterstützung seiner Machtbasis (Medien, Einwanderer, linke NGOs, Bürokratie, Umweltinitiativen, Brüsseler Elite) zu erkaufen, hat das System Merkel all dieses Geld sofort in verschiedene politisierte Subventionen umgewandelt. Heute, angesichts einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen des Jahrhunderts, ist nichts mehr übrig.
Jetzt, nach sechzehn Jahren, verlässt Merkel das deutsche Schiff und hinterlässt nicht nur ein Land, das am Rande einer großen Wirtschaftskrise steht, sondern auch eine CDU, die einen totalen Vertrauensverlust erlitten hat, ein politisches, mediales und akademisches System, das fast ausschließlich von umweltpolitischen und sozialistischen Bewegungen beherrscht wird, und eine Gesellschaft, die mehr denn je polarisiert und von Zensur, Denunziation und Ausgrenzung geprägt ist.
Nach Merkels Entscheidung, nicht für eine weitere Amtszeit zu kandidieren, und ihrer merkwürdigen Weigerung, sich überhaupt in den Wahlkampf einzuschalten, funktionierte die asymmetrische Demobilisierung nicht mehr: Bei den Wahlen im September 2021 erlitt die CDU eine ihrer schlimmsten Wahlniederlagen, und die nächste Regierung wird von den Sozialisten und Ökologen dominiert werden – die logische Folge von sechzehn Jahren ideologischen Verrats an der Christdemokratie zugunsten der Linken.
Angela Merkel, die das Land mit dem einzigen Ziel geführt hat, ihr klientelistisches System so lange wie möglich an der Macht zu halten, verschwindet von der politischen Bühne, wo sich die ersten Risse zeigen: Deutschland, das 16 Jahre lang ruiniert wurde, steht kurz davor, einen Kontinent zu destabilisieren, für den es der wichtigste wirtschaftliche und politische Motor ist. Doch ironischerweise wird sich die heutige Generation höchstwahrscheinlich zunächst nicht an die Ära Merkel als den wahren Grund für die sich abzeichnende Krise erinnern, sondern eher als jene „gute alte Zeit“, bevor die letzten Fassaden des sozialen, wirtschaftlichen und politischen Nachkriegsparadigmas endgültig bröckelten …
Professor Dr. David Engels ist Senior Analyst am Instytut Zachodni in Poznań.
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