Bei Maischberger musste programmgemäß der vorangegangene Film „Ökozid“ bejubelt werden, in dem deutsche Politiker sich eines fernen Tages vor einem Internationalen Strafgerichtshof dafür verantworten müssen, dass sie zu wenig getan haben, um den Klimawandel zu stoppen. Eine ziemlich abgestandene Fiktion wird also zur vermeintlichen Realität erklärt, die besprochen werden soll. Es geht schon die ganze Woche so: Am Montag startete Hart aber fair mit der grünen Themenwoche, die eine Wahlwerbewoche für die Grünen darstellt und sie in den Fokus stellt, komme da in der Wirklichkeit was wolle. Es läuft gut: Während selten ein Politiker verbal so schlecht aussah wie der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bei Maischberger, saß Luisa Neubauer – Klimaaktivistin und Mitglied der Grünen – in einer Sendung, in deren Vorfeld der fiktionale Film über die Klimakrise ihr argumentativ soufflierte. So geht das: Ein tapsiger Minister gegen eine smarte Selbstdarstellerin. Die CDU erfährt jetzt, dass ihre grüne Anbiederei nichts bringt: Fakten gegen Fiktion geht immer gut für die Fiktion aus, nie für die Realität. Der Traum schlägt jede Wirklichkeit.
Die Kunst sei ja frei, erläuterte Altmaier. Doch die Richter seien bei uns alle vier Jahre die Wähler und diese hätten bei der jüngsten EU-Wahl dafür gesorgt, dass „das Klimathema jetzt auf der Tagesordnung der EU ist“. Neubauer entgegnete ihm daraufhin vehement. Eine „sehr bizarre Situation“ sei es, dass Altmaier die Verantwortung für den Klimaschutz einer einzigen Partei übertragen wolle, obwohl dies „doch eine Aufgabe der amtierenden Regierung“ darstelle. Im Übrigen müsse „jede Partei einen 1,5-Grad-Plan“ haben. Ist es nicht grotesk, dass eine junge Vielfliegerin, die mit 24 Jahren bereits einen größeren CO2-Fußabdruck hinterlassen hat als – symbolisch gesehen – fünf 80-jährige weiße Durchschnittsmänner zusammen, nun als Klima-Moralinstanz mit dem Finger auf andere zeigt? Es sagt viel über den politischen Zustand Deutschlands aus, dass ein Peter Altmaier als Mitglied der Bundesregierung in dieser Maischberger-Runde sitzt und sich vor einer Klimaaktivistin rechtfertigen muss.
Auch später, als Altmaier berichtete, dass er sich im Osten von Kohlearbeitern habe „ausbuhen lassen“, fiel ihm die Klimaaktivistin in das Wort: „Wollen Sie mir etwa erzählen, dass Sie für 20.000 Kohlearbeiter nicht nachhaltige Arbeitsplätze organisieren können?“ Selbstverständlich müsse es auch um Existenzsicherung gehen, aber Jobs in der Produktion von Verbrennermotoren und in der Kohleförderung hätten „kein Fundament“ für die Zukunft. Tausende Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz und Frau Neubauer zuckt mit den Schultern. Man wisse ja schließlich, dass die Sparte ihrem Ende entgegengeht. Dieses Argument erinnerte doch stark an das Marie-Antoinette-Zitat „Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen“.
„Sollen wir etwa die Bundeswehr nach Indonesien schicken?“
Altmaier appellierte ferner an die „gemeinsame Verantwortung“ in Sachen „Klimaschutz”. Er habe auf einer Reise nach Indonesien bei einem Minister für Windräder und Solarkraft geworben. Dieser habe ihm jedoch gesagt, dass Indonesien über Kohlevorräte verfüge und die zu verfeuern sei billiger. Was er denn da nun machen solle, fragte Altmaier und fügte hinzu: „Sollen wir etwa die Bundeswehr nach Indonesien schicken?“ Ich bin sicher, Deutschland wird auch so das gesamte Weltklima retten können, solange wir nur hohe Klimasteuern verhängen und alle E-Auto fahren.
In Sachen E-Autos beklagte sich der designierte Gesamtmetall-Chef und Unternehmer Stefan Wolf vom Autozulieferer Elring Klinger, man brauche eine „vernünftige Ladeinfrastruktur“. Es sei ein Unding, dass der neue Berliner Flughafen BER 18.000 Parkplätze, jedoch nur 20 Ladepunkte für Elektroautos habe.
„Man muss die Arbeiter in den Braunkohlewerken überzeugen, dass sie eine zerstörerische Arbeit machen“
Edgar Selge, der Hauptdarsteller im Film „Ökozid“, entgegnete Altmaier auf seine Frage nach der Bundeswehr in Indonesien, er könne die Bundeswehr doch lieber nach Garzweiler II schicken, einem Braunkohle-Tagebau in Nordrhein-Westfalen, der noch bis 2038 laufen soll. Dabei müsse man die Arbeiter in den Braunkohlewerken davon überzeugen, dass sie einer zerstörerische Arbeit nachgehen. Den Kumpels also mal kurz erklären, dass sie eine zerstörerische Arbeit machen, und dann, Herr Selge? Sollen sie dann weinend stempeln gehen? Für Selge grenze die Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaft außerdem schon an „Kumpanei“. Möglicherweise sei es jetzt wirklich notwendig, zum Aktivisten zu werden und zivilen Ungehorsam zu betreiben, damit „wir das positive Gefühl haben, noch etwas tun zu können“. Fraglich, ob die zahlreichen, zukünftig Arbeitslosen dieses „positive Gefühl“ jemals haben werden. Allgemein war es bezeichnend, dass bei Maischberger viel über, aber nicht mit Beschäftigten gesprochen wird. Da ein qualifiziertes Bild über die Sorgen und Sichtweisen der Beschäftigten in einer deutschen Talkshow nicht zu finden ist, wünscht man sich anstelle einer Aktivistin nichts sehnlicher als einen Arbeiter aus der Industrie.
„Wir werden vergiftet von anderen“
Der per Videoschalte eingespielte frühere Präsident der Malediven, Mohammed Nasheeed, sprach des Weiteren von der Gefahr, dass die Malediven in 50 bis 80 Jahren aufgrund des Meeresspiegelanstiegs nicht mehr existieren würden. „Wir werden vergiftet von anderen“, richtete sich Nasheed an Altmaier. Es müsse daher eine Möglichkeit geben, damit vor Gericht zu gehen. Außerdem seien ja nicht nur die Malediven betroffen, sondern ein Viertel der in der Nähe von Küsten wohnenden Menschheit. Diese müsse sich dann „ein anderes Land“ suchen, doch Europa habe ja schon „Panik“ bekommen, als eine Million syrische Flüchtlinge gekommen sei.
Mohammed Nasheed ist im Übrigen Botschafter der Klimaschutzorganisation 350.org (https://350.org/). Die heutige Sendung kann daher getrost als eine mediale Plattform von NGOs betrachtet werden.
Wir sollten die Richtung ändern!
Eine deutsche Verantwortlichkeit für die von Nasheeed beschriebenen Zustände sieht auch die Politökonomin Maja Göpel. Man könne ja bereits wissen, welche Folgen der Klimawandel heute habe. Dabei betonte Göpel die Steuerungsfunktion des Staates und fragte, warum die Regierung die Corona-Hilfen an die Wirtschaft nicht mit „klaren Auflagen“ für eine Dekarbonisierung –sprich weniger Kohlenstoffverbrauch – verknüpft habe. Altmaier könne „nicht behaupten, dass heute die Politik die Wirtschaft nicht in eine Richtung drängt. Wir sollten die Richtung ändern!“. Tiefe Sorgenfalten all denjenigen, die erkennen, dass in der Endkonsequenz die Zukunftskonzepte von Luisa Neubauer, Maja Göpel und Edgar Sele eine Klimaplanwirtschaft bedeuten würden.
Sie dachten nach Ökozid und Maischberger ist die Dauerwerbesendung für die Grünen zu Ende? Falsch gedacht, denn um 23:20 Uhr schob der ÖRR noch die Fridays for Future Dokumentation „Aufschrei der Jugend“ hinterher. Seien Sie daher gewiss, diese „Grünen“ werden uns bis zur Bundestagswahl im ÖRR dauerhaft begleiten. Und wenn sie Nichts zu sagen haben – dann erfindet halt die ARD ein Tribunal. Auch Talkshows sind Teil der großen Illusionsmaschine.
Ihnen dennoch alles Gute. Bis zum nächsten Mal!