Die Bundestagswahl rückt in Riesenschritten näher. Sollten die Zwecksauguren recht behalten, wird der ursprünglich als aussichtslos geltende Olaf Scholz am Ende die stärkste Fraktion im Rücken haben. Verwundern darf das niemanden mehr: Annalena Baerbock hat sich als das enttarnt, was sie schon immer gewesen ist: Schnatterndes Blendwerk. Und Armin Laschet, der mich immer an die Comicfigur Isnogud erinnert, weil er so gern Kalif anstelle des Kalifen wäre, hat seine letzten Chancen verspielt, als er seine Union nach einem halbwegs erfolgreich verlaufenden „Triell“ zur Gegenwind-Partei gestempelt hatte. Offenbar hat niemand dem Rheinländer gesagt, dass Bürger keine Verlierer mögen – auch dann nicht, wenn sie sich nicht vom ihnen ins Gesicht blasenden Wind wegpusten lassen wollen.
So bewegt sich nun der frühere Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg trotz seiner Skandale um CumEx und Wirecard und trotz Walter-Borjans, Esken und Kühnert (der erstaunlich still geworden ist) vor der Konkurrenz um mittlerweile bei fast 25 Prozent. Laschet hat die Schwarzen auf 23 Prozent heruntergezogen, die Grünen haben ihr Annalena-Pulver verschossen und liegen bei 18 Prozent, Lindners im Dunkeln agierende Schwarzweißtruppe tendiert gegen 12 Prozent, AfD bei 11 und Kommunisten bei 7 Prozent. Bleibt es dabei, dann wird es nach der Bundestagswahl ein Dreierbündnis geben müssen. Und die Führung dabei wird der SPD-Mann übernehmen.
Scholz als Pragmatiker der Macht
Rot-schwarz-gelb ist nur eine Schein-Option
Also schon alles klar? Mitnichten. Denn einmal abgesehen davon, dass bei einer solchen Konstellation die Grünen und ihr medialer Propaganda-Apparat Amok laufen würden – auch die SPD selbst fände sich am Punkt der Selbstzerstörung. Denn die linksradikale Truppe um Esken und Kühnert kann eine solche Koalition, in der „die Rechten“ letztlich irgendwie eine Mehrheit gegen die Scholz-Mannen stellte, um keinen Preis der Welt akzeptieren.
Nun ist zwar bekannt, dass Scholz in der Lage ist, Flügelkämpfe zu unterbinden – immerhin gelang es ihm in Hamburg, seine sich ständig durch entsprechende Kämpfe verzwergende SPD mit dem Schlagwort „Wer Führung bestellt, der bekommt sie“ bis heute zur Ruhe zu bringen. Doch der Bund ist nicht Hamburg, und nach einer Wahl, bei der die SPD als stärkste Partei vor gefühlter Kraft kaum noch wird laufen können, werden die versammelten Linken ihr vermeintliches Recht einfordern.
Die Grünen sind auf jeden Fall dabei
Folglich stehen in besagter Konstellation die Zeichen entweder auf Rot-Grün-Gelb oder auf Rot-Grün-Dunkelrot. Rechnerisch scheint beides denkbar.
Die Systemüberwinder in der SPD präferieren das linksradikale Bündnis des Gesellschaftsumbaus. Einziges Problem: Spitzenkandidat Scholz hat sich auf Drängen der Union bereits festgelegt, dass er mit keiner Partei koalieren werde, die das westliche Verteidigungsbündnis abschaffen wolle. Damit scheint eine Koalition mit der SED-PdL ausgeschlossen, hat diese doch klipp und klar gesagt und bleibt dabei: Die NATO muss weg!
Die Koalition mit der SED-PdL ist eher unwahrscheinlich
Unterstellt nun, die Kommunisten bestehen dennoch darauf, es müsse irgendwo im Vertrag stehen, dass die Rolle der BRD in der NATO auf den Prüfstand gehöre (was dann als präsumtive Ausstiegsklausel interpretierbar wäre), dann könnte sich Scholz versuchen, mit dem Hinweis darauf, dass dieses nur ein Prüfauftrag sei, aus der Affäre zu retten. Oder er erweist sich als ein Mann, dem sein Wort höher steht als das Kanzleramt – dann müsste er dagegen sein Veto einlegen. Und dann? Dann bestünde die Möglichkeit, dass der linksradikale SPD-Flügel dennoch darauf besteht, seine Wunschkoalition zu bilden – nur unter einem anderen SPD-Kanzler. Das gäbe dann voraussichtlich einen Sturm im Wasserglas – doch die SPD-Linke könnte immer noch auf eine Mehrheit im Bundestag und darauf vertrauen, dass diese Situation angesichts des Kurzzeitgedächtnis der Wähler nach vier Jahren vergessen wäre.
Dennoch sollten wir davon ausgehen, dass Scholz zu seiner Aussage steht und in der Lage ist, seine SPD einzufangen. Mit Ministerposten und Staatssekretären gelockt, ließe sich voraussichtlich mancher der Führungsköpfe aus dem parteiinternen Widerstand einfangen. Also wird Scholz unter den besagten Voraussetzungen dafür plädieren, eine Koalition aus Rot, Grün und Gelb zu bilden. Christian Lindner und Wolfgang Kubicki – die einzigen Köpfe der FDP, die hierbei ernsthaft gefragt werden, sind trotz offizieller Grün-Abneigung geneigt, dabei mitzuspielen. Vor allem für Lindner dürfte es die letzte Chance sein, noch einmal Bundesminister zu werden. Und Kubicki macht weiter den Bundestagsvizepräsidenten. Da kann er ohne viel Arbeit rhetorisch glänzen und durch die Sprechschauen tingeln.
Das SPD-Tableau
Unbedingt wollen wird Saskia Esken, doch die liegt als Partei-Querulantin dem Scholz ohnehin schon quer im Magen. Vielleicht ein Staatssekretärsjob – Kultur oder so etwas. Ähnlich Norbert Walter-Borjans. Führt an dem kein Weg vorbei, dann vielleicht Finanzen. Das hatte er schon einmal in NRW. Und selbstverständlich Boris Pistorius. Der empfiehlt sich für das Innere. Vor der Tür bliebe Corona-Schwarzseher Karl Lauterbach. Der hätte zwar zu gern Gesundheit – doch Scholz hat bereits in Hamburg bewiesen, dass er mit Dauerschwätzern nicht viel anfangen kann. Zudem: Da er in Hamburg gelernt hat, dass die beste Politik jene ist, von der die Bürger nichts merken, braucht er niemanden, der ständig Panik verbreitet.
Lindner wird Minister – und Baerbock nicht
Aus der FDP ist Christian Lindner gesetzt. Hinzu kommt der gegenwärtige Generalsekretär Volker Wissing. Und auch hier zwangsläufig eine Frau. Da wird sich etwas finden – am besten mit Ost-Vergangenheit.
Ein Problem für Scholz stellen die Grünen dar. Die werden einen Ministerposten mehr als eine vergleichsweise starke FDP fordern und hätten gern genauso viele Posten wie die SPD. Diesen Zahn wird Scholz ihnen erfolgreich ziehen. Es gibt einen Grünen weniger als Sozialdemokraten im Kabinett – den Kanzler nicht gerechnet. Gesetzt ist Robert Habeck, mit dem Scholz problemlos klarkommt.
Nun aber das tatsächliche Problem, das Scholz im Falle einer Koalition mit den Grünen lösen muss: Annalena Baerbock. Selbstverständlich wird die Dame aus Potsdam darauf bestehen, einen prominenten Ministerjob zu bekommen. Außenminister (weil sie ja irgendwas mit Staatsrecht hat) oder ein multifunktionales Umweltministerium dürften ihr vorschweben. Aber beides kann Scholz ihr nicht bieten. Baerbock im Auswärtigen Amt? Das würde sogar die Krönung der Fehlbesetzungen namens Heiko Maas noch toppen. Außerdem braucht Scholz diesen Job, um einen sperrigen Lindner ins Boot zu holen. Also Baerbock im Umweltministerium? Unabhängig davon, ob dieser Unsinn im Koalitionsvertrag festgeschrieben wird oder nicht – sie würde in jede Entscheidung, gleich ob bei Ministerkollegen oder dem Kanzler selbst, dazwischen schnattern und laut Klimadiktat rufen. Also muss Scholz, der Widerspruch in seinem Kabinett weder ertragen noch dulden kann, sich etwas einfallen lassen. Und was bietet sich da an?
Baerbock nach Schloss Bellevue
Die Antwort ist ebenso überzeugend wie sinnfällig. Denn es gibt da ein Amt, das Baerbock gleich einer Wanne voller Honig alle Träume erfüllt und ihrem dringenden Bedürfnis, einen in jeder Hinsicht geschönten Lebenslauf vorzuweisen, wie kein anderes entsprechen würde. Am 13. Februar 2022 steht die Wahl des Bundespräsidenten an. Frank-Walter Steinmeier ist verzichtbar auch dann, wenn er sich weiterhin wünschen sollte, das Schloss Bellevue besetzt zu halten.
Ein stimmiges Tableau
So stimmt das Tableau. Scholz Kanzler. Heil und Klingbeil gesetzt für die SPD. Dann zwei oder drei weitere SPD-Jobs für Parteifrauen. Macht fünf plus Eins. Die Grünen bekommen eher drei als vier Ministerjobs plus Präsidentenamt. Die FDP wird mit dem Außen- und dem Finanz- oder Justizministerium ruhig gestellt. Plus eine Frau für irgendetwas Unbedeutendes. Macht insgesamt 12 Ministerämter plus Kanzler. Wer sonst noch mit den Hufen scharrt, wird mit Staatssekretärs- oder Staatsministerposten eingebunden. Der Kevin Kühnert beispielsweise.
Mit einem solchen Tableau könnte Scholz regieren – und in seiner gewohnten Manier dieses sogar weitgehend geräuschlos. Wobei – Probleme wird er dennoch bekommen. Sei es, dass die grünen Klima-Triebtäter versuchen werden, Deutschland als Industriestandort zu vernichten. Sei es, dass die FDP irgendwie dazu gebracht werden muss, die Staatsverschuldung zu akzeptieren. Aber das wird schon, wenn die richtigen Ämter locken. Wie das aussehen kann, wurde hier beschrieben.