„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern (…) Eine Zensur findet nicht statt.“ Das Grundgesetz Artikel 5.1 eröffnet der Meinungsfreiheit einen großherzigen und weiten Raum. Allerdings wird in der Gegenwart dieser Raum immer enger eingezäunt und zudem noch durch unzählige Hürden fragmentiert, indem der einschränkende Absatz 5.2 immer größeres Gewicht bekommt: „Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze“. Allgemeine, eigentlich untergeordnete Gesetze werden instrumentalisiert, um das Grundrecht auf Meinungsfreiheit auszuhebeln.
- Mit der „Majestätsbeleidigung“ (StGB 188) schufen sich Politiker ihre eigene privilegierte Strafverfolgung. Bei der Kaste der Politiker wird eine Beleidung schneller zugebilligt und härter bestraft, als wenn etwa ein Müllmann beleidigt wird. Schon George Orwell wusste, dass manche Schweine in der „Animal Farm“ gleicher sind als andere. Die Justitia hat ihre Augen nicht mehr verbunden, sondern sieht bei ihrer Rechtsprechung sehr wohl die Person an.
- Politiker dürfen unbescholtene Bürger ungestraft als „Treiber der Pandemie“, „Ratten“ oder „gefallene Engel, die aus der Hölle kommen“ beschimpfen. Ein Rentner dagegen darf einen schwachen Kopf an der Spitze des Wirtschaftsministeriums nicht ungestraft als „Schwachkopf“ bezeichnen.
- Gummiphrasen in der Gesetzgebung sorgen dafür, dass die Rechtsprechung willkürlich wird. So wird gefordert, dass die Beleidigung des Politikers geeignet sein muss, „sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren“ (StGB 188.1). Ja ab wann ist denn das öffentliche Wirken eines Politikers durch die Aussage eines anderen Menschen „erheblich“ erschwert und wie will man das nachweisen?
- Manche behaupten sogar, dass der gesamte Volksverhetzungsparagraph (130 StGB) mit dem schwammigen Begriff der „Volksverhetzung“ ein Gummiparagraph sei, mit dem man letztlich jedwede Kritik als vermeintliche „Hetze“ uminterpretieren und zur Straftat hochjazzen kann.
- Wenn Staatsanwälte dem Vorgesetzten und damit letztlich dem Justizminister gegenüber weisungsgebunden sind, können wir dann noch von einer Gewaltenteilung in Deutschland sprechen oder haben sich die Parteien den Staat inklusive der Judikative zur Beute gemacht? Wenn der Justizminister will, dass mehr gegen „Hass und Hetze von rechts“ vorgegangen wird, dann könnte sich das schon bald bei karrierebewussten Staatsanwälten und den von ihnen eingeleiteten Ermittlungsverfahren statistisch bemerkbar machen.
- Es gibt Paragraphen, die bewiesen haben, dass sie in der Praxis zum Anzeigen- und Verfahrensmissbrauch führen. Vergleiche mit dem Dritten Reich sind oft unglücklich und dumm; aber es ist nicht hilfreich für die Meinungsfreiheit, wenn Nazivergleiche von rechts gegen links als Holocaustverharmlosung (vgl. StGB 130.3) vor Gericht gezerrt werden, während Nazivergleiche von links gegen rechts nicht nur akzeptiert, sondern geradezu inflationär gewollt sind.
- Es ist eine staatsautoritäre Gefügigmachung von Beamten, wenn seit dem 1.4.2024 der Bundesbeamte durch eine falsche Bemerkung seine Stelle verlieren kann durch einfache Entlassungsverfügung ohne disziplinargerichtliche Entscheidung (vgl. Gesetz zur Reform des Bundesdisziplinargesetzes). Kann der Staat nach 1945 und 1989 wirklich ein Interesse an unkritischen und nur gehorsamen Beamten haben?
- Darf sich die Judikative die Zensur von unrechtmäßigen Meinungsäußerungen von der Politik aus der Hand nehmen lassen, so dass diese im Internet auf Anordnung der Politik jetzt von „trusted flaggers“ und Plattformbetreibern durchgeführt wird, die jeweils eigene parteiische oder kommerzielle Interessen verfolgen?
Die Einengung der Meinungsfreiheit verläuft in Deutschland wie bei dem Frosch, dessen Wassertemperatur im Topf so schleichend erhöht wird, dass es der Frosch gar nicht recht bemerkt, bis er scheinbar plötzlich den Hitzetod erleidet.
Damit werden bürgerliche Existenzen zerstört. Selbst eine Aussetzung des Verfahrens oder ein Freispruch ändern daran nicht viel. „Bestrafung allein schon durch das Verfahren“ wird diese Form der Einschüchterung und Zersetzung genannt.
Je stärker die rechtliche Zerbröselung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit um sich greift, desto stärker kommt mir ins Bewusstsein, dass die Adventszeit eine Zeit der Sehnsucht nach Gerechtigkeit ist. Juden und Christen warten auf die Erfüllung von Gottes Zusage:
„Siehe, das ist mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat.
Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt, er wird das RECHT zu den Nationen hinausbringen (…)
Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. In Treue bringt er das RECHT hinaus.
Er wird nicht verzagen noch zusammenbrechen, bis er das RECHT auf Erden aufgerichtet hat“ (Jesaja 42,1-4).
Der Messias wird hier ausdrücklich dreimal als Diener des Rechts vor Augen gemalt. In der Nachfolge des Messias will ich treu und verbindlich meine Stimme für den Rechtsstaat erheben. „Lassen sie uns allem widerstehen, was den Raum der Freiheit einengt, den Rechtsstaat aushöhlt und Menschen davon abhält, von ihren Freiheitsrechten Gebrauch zu machen“ (Gustav Heinemann).
„Macht Hoch die Tür, die Tor macht weit, es kommt der Herr der Herrlichkeit
(…)
Er ist GERECHT, ein Helfer wert. Sanftmütigkeit ist sein Gefährt
(…)
O wohl dem Land, o wohl der Stadt, so diesen König bei sich hat.“
(Georg Weissel 1642)