Glaube ist niemals Mittel zum Zweck.
Glaube ist nicht Mittel zu moralischen oder politischen Zwecken.
Glaube ist nicht Mittel zu gefühlserhebend-psychologischen, gruppendynamischen oder kirchlichen Zwecken.
Glaube an den 30- bis 35-jährigen Gekreuzigten kann nicht einmal für ein gelingendes irdisches Leben instrumentalisiert werden.
Glaube ist Offenheit.
Glaube ist Offenheit für Gottes Nähe, die mir ewige Geborgenheit schenkt.
Glaube ist Offenheit für Gottes gnädiges Gericht, das mich in Liebe und Schmerz herrichtet.
Glaube ist Offenheit für Gottes Wort.
Glaube ist Offenheit für vernünftige Weltbetrachtung unterhalb der Sonne.
Glaube ist Offenheit für menschlich-ethische Abwägungsdiskussionen.
Glaube ist Offenheit für die Menschen an meiner Seite.
Glaube ist Veränderung.
Glaube verändert moralisch, politisch, kirchlich und psychologisch.
Glaube verändert überraschend, individuell, unkonformistisch, vielfältig.
Glaube verändert sogar dahin, dass ich mich wertschätzen kann, selbst wenn ich es nicht schaffe, mich zu verändern.
Das ist die großartigste Veränderung, dass ich in Gottes Gnade genug habe.
Glaube bringt Früchte.
Glaube bringt Früchte, deren Art weder die Christen noch die Kirchen noch irgendeine irdische Macht kontrollierbar in ihrer Hand haben.
Wenn ich unbedingt Äpfel als Glaubensfrucht erwarte, dann kann ich vom Glauben bitter enttäuscht werden, weil der Glaube mir vielleicht Birnen als Glaubensfrüchte schenkt.
Glaube enttäuscht.
Glaube bringt Täuschungen an ihr Ende.
Glaube end-täuscht meine Wunscherfüllungs-Sehnsüchte.
Glaube end-täuscht meine Hochleistungs-Sinnstiftungs-Weltrettungs-Bemühungen.
Glaube end-täuscht meinen religiösen oder säkularen Götzenglauben.
Glaube end-täuscht meine Rede vom „lieben Gott“, die die Kreuzseite des Glaubens verdrängt.
Glaube end-täuscht, damit ich durch allzumenschliche Täuschungen hindurch zurück zu Gott finde, der mich in Kreuz und Auferstehung Jesu Christi aufsucht und heimsucht, nach Hause sucht.
Glaube ist getröstete Enttäuschung.
Ich bin Bettler.
Das ist wahr.
Aber ich bin Bettler,
der zuversichtlich um den wissen darf,
der in einer irren und schönen Welt meine unruhige Bettlerseele beschenkt
mit Herkunft, Unterkunft und Zukunft.