Tichys Einblick
Religion der Klimaapokalyptik

Eine neue Kirche, ein neuer Glauben, ein neues Volk

Kirche passt sich dem Zeitgeist an. Nun hat sie sich nicht nur angepasst, sondern vollständig der neuheidnischen Klimareligion unterworfen. Stets und ständig das Klima anzubeten, bei allem, was man tut, an das Klima zu denken, steht sozusagen als Präambel vor dem neuen Katechismus der Klimakirche.

IMAGO / Mike Schmidt

Die christlichen Kirchen haben sich vom Christentum verabschiedet. Das patriarchalische und familistische Christentum, die verschwörungstheoretische Vorstellung der Trinität und die reaktionäre Doktrin des Reiches nicht von dieser Welt erachten sie als aus der Zeit gefallen. Sie ersetzen die Trinität von Gottvater, Sohn und heiligem Geist durch die Trias Klimaapokalyptik, Genderismus und Identitätspolitik. Nicht das Kreuz, sondern der Verzicht aus Gründen der Klimagerechtigkeit ebnet den Weg in das Paradies, das strikt innerweltlich als klimaneutrale Gesellschaft gepriesen wird. Die Kirchen haben als ihren neuen Gott das Klima gewählt, das sie nun ekstatisch anbeten.

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Jedes Jahrhundert besitzt seinen eigenen Irrationalismus, der immer totalitär ist, weil er keine Rationalität kennt. Der neue Irrationalismus des 21. Jahrhunderts besteht in der Anbetung des Klimas. „Das Thema Klima ist ja auch gerade eines, was uns auf allen Ebenen unserer Kirche beschäftigt, von der Gemeinde bis zur EKD“, dekretiert die sechsundzwanzigjährige Anna-Nicole Heinrich, Präses der EKD. Heinrich schätzt richtiger, als ihr wahrscheinlich bewusst ist, ein: „Wir sind eine Kirche, eine Gemeinschaft, die sich schon immer wandelt, die sich schon immer anpasst …“ An den Zeitgeist eben. Nun hat sich die Kirche nicht nur angepasst, sondern sich vollständig der neuheidnischen Klimareligion unterworfen. Stets und ständig das Klima anzubeten, bei allem, was man tut, an das Klima zu denken, dass man ja nicht dem Klima schadet, steht sozusagen als Präambel vor dem neuen Katechismus der Klimakirche.

Natürlich werden „die Falter und Insekten“ nicht rar, und „verschwinden die Vögel“ nicht wegen der Rotoren der Windparks, sondern wegen der metaphysischen Wesenheiten von „Sommerherrlichkeit mit Hitzewellen und ausbleibenden Niederschlägen“, wie die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Annette Kurschus, so tapfer wie kenntnislos, jedoch klimaglaubensstark behauptet. Denn das Klima zürnt mächtig über unsere Schuld, über die großen Sünden der Frevler und Sünder des globalen Nordens, die sich an den Klimagotteskindern des globalen Südens so greulich vergangen haben. Die Klimaschamanin der EKD, Kühnbaum-Schmidt, sekundiert der Ratsvorsitzenden mit dem neuen Dogma: Dabei spiele auch die weltweite Klimagerechtigkeit eine Rolle.

Ein sehr großer Teil der weltweiten Treibhausgasemissionen werden von einer wohlhabenden Minderheit der Weltbevölkerung verursacht. „Die, die unter den Folgen des Klimawandels am meisten leiden, sind dafür am wenigsten verantwortlich – aktuell dramatisch sichtbar in Bangladesch und Indien.“ Kühnbaum-Schmidt definiert an dieser Stelle den Glauben neu als die Haltung, die einzunehmen ist, nachdem man erfolgreich das Wissen verweigert hat. Denn in der Realität, also außerhalb der Klimakirche verursachen China und das von Kühnbaum-Schmidt benannte Indien 2019 30,3 Prozent bzw. 6,8 Prozent des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen, während das hochindustrialisierte Deutschland nur 1,8 Prozent der Emissionen verursacht. Damit liegt Deutschland hinter China, den USA, Indien, Russland und Japan. Dass also China und Indien, die zusammen fast 40 Prozent der Emissionen ausmachen, am wenigsten für den Klimawandel „verantwortlich“ sind, muss man wider besseren Wissens eben glauben. Die Überschwemmungen in Bangladesch, auf die die Klimaschamanin anspielt, stellen sogar das Gegenteil des Klimawandels dar, nämlich Klimakonstanz.

Kehrtwende um 180 Grad
Die evangelische Kirche beim Tanz um den goldenen Zeitgeist
Mit dem Übertritt zur Klimakirche haben die Kirchen auch den Anspruch auf Transzendenz aufgegeben. Statt die Perspektive des Reiches nicht von dieser Welt im Blick zu haben, kämpfen sie wie eine politische Partei, wie eine ideologische pressure group für eine innerweltliche Erlösung. Ihre neue Erlösung heißt nun Klimagerechtigkeit, ihr Paradies klimaneutrale Gesellschaft. So verkündet die Synode der Nordkirche: „Gemeinsam mit dem Bündnis „Churches for Future“ ruft auch das ZMÖ kirchliche Akteure dringend dazu auf, Klimaschutz und Klimagerechtigkeit noch stärker als bisher zum Thema zu machen. „Die kirchlichen Klimaschutzmaßnahmen reichen derzeit bei weitem nicht aus. Die Zeit ist da, dass wir als Kirchen vorangehen und unseren Teil der Verantwortung übernehmen“, heißt es in einem gemeinsamen Appell.

Und Anna-Nicole Heinrich gibt schon mal die Richtung vor: „Eigentlich müssen wir eine neue Rolle finden in dem, wie wir diese Gesamtbewegung unterstützen, dieses Streben nach Klimaschutz, dieses Streben nach weltweiter Klimagerechtigkeit. Und da freue ich mich darauf, in den nächsten Jahren auch gemeinsam in der EKD, gemeinsam mit den Gliedkirchen, gemeinsam mit ganz vielen Christ*innen nachzudenken, was die Rolle von Kirche sein kann und wo Kirche Ermöglicherin sein kann dafür, dass wir diesen Weg gut miteinander beschreiten.“ Den Weg zu Klimakirche hin, den Weg weg von Christus.

Den Abschied von Christus und dem Christentum will Anne-Nicole Heinrich den Christen leicht machen: „Und wichtig ist, dass wir einfach Lust haben auf diese Veränderung. Und wirklich mit einer unverzagten Haltung da reingehen, nicht zu sehr klammern und festhalten an den Sachen, die nicht mehr sind, sondern eher unseren Fokus darauf richten, was wir alles Neues, anders machen können. Und daran unseren Spaß haben und den Blick nach vorne richten und nicht so oft zurück.“ Bloß nicht an der Trinität, an der Vorstellung der Transzendenz festhalten. Weg mit unserem Glauben, weg mit unserem Leben, und dafür endlich Spaß haben an – ja, an was eigentlich? Welchen Spaß – außer einem masochistischen – kann man in einem Büßergewand haben?

Neben den christlichen Kirchen existieren zahlreiche Sekten, wie Fridays for Future oder die an Savonarolas Kinderpolizei erinnernde Sekte „Letzte Generation“. Erschütternd wie die Furcht vor einem grausam strafenden Gott, den wir in der Aufklärung überwunden haben, nun auf die Klimareligion übergangen ist, dass wir Wohlstand, Glück, Zukunft opfern müssen. Früher begrenzte die Kirche Fanatiker, die sich für erweckt und auserwählt dünkten, heute unterstützt sie diese. Sie unterstützt damit auch eine Hysterie, die Kinder fanatisiert, unglücklich macht und das Kindeswohl gefährdet:

Heerscharen von Bußpredigern schickt die Klimakirche aus. Die neuen Glaubensformeln, die Anathemen gegen die Häretiker und Glaubensfeinde, kurz Klimaleugner genannt, werden unermüdlich von gut finanzierten Politikwissenschaftlern, Theologen und Klimamystikern kreiert. Es geht um Transformation, um Umverteilung im großen Stil. Eine „klimagerechtere Umverteilung“ kann nur bedeuten, dass den Familien des „globalen Nordens“ genommen wird, um es im globalen Süden oder an Menschen des globalen Südens zu verteilen. So laufen im Kern die Politik der Grünen und die neue Verkündigung ihrer Klimakirche darauf hinaus, die deutschen Familien, die Familien des „globalen Nordens“ auszuplündern, dreist, ihnen Ablass zu erpressen. In einem Tweet verriet Göring-Eckardt durch einen Freudschen Verschreiber, worum es eigentlich geht: „Wir brauchen #Umverteilung von unten nach oben und nicht umgekehrt.“

Sie hat später die wahre Aussage, die ihr entfleuchte, korrigiert und umgewandelt in: Wir brauchen #Umverteilung von oben nach unten und nicht umgekehrt.“ Aber eigentlich ist ihr unten und oben vollkommen egal, wo es ihr eher um Norden und Süden geht.

Wenn Irrationalismus Regierungspolitik wird
Cheftheologin der Ampel oder Bußpredigerin grüner Religion?
Im Stile mittelalterlicher Bußprediger tönt Göring-Eckardt: „Die fossile Sucht hat uns abhängig gemacht von Diktatoren, wir sind gerade nicht resilient, die Globalität der Abhängigkeiten hat uns zu Gefangenen des Wohlstands gemacht.“ Von der Gefangenschaft des Wohlstandes will Göring-Eckardt die Deutschen gern befreien. Und weil sie ihre irrationale Behauptung nicht belegen kann, predigt sie in talmihaftem Moses-Ton und dazu noch kontrafaktisch: „Die Menschheit spürt die Folgen dessen, was sie selbst verursacht hat: Verwüstung, Versteppung, Überflutung. Wir sollten uns klar machen: Die Folgen unseres Lebens, Wirtschaftens, Handelns in den reichen Industrieländern laden wir anderen auf – der Natur, den Menschen des globalen Südens, den Arten, die unwiederbringlich verschwinden. Weg. Für immer. Unsere heutige Lebensart macht die Erde wüst und leer, bringt auf Dauer unseren Planeten zum Kollabieren.“

Das Problem besteht natürlich nicht darin, dass unsere Lebensart den Planeten leer macht, sondern im Gegenteil darin, dass unsere Lebensart ihn in Anbetracht der Ressourcen zu voll macht. Doch diese Erkenntnis scheut Göring-Eckardt und die Klimakirche wie der Teufel das Weihwasser. Das zu denken, hieße, sich den wirklichen Problemen der Welt zu stellen. Stattdessen fordert Göring-Eckardt, „dass wir unser Einwanderungsrecht darauf einstellen … Wir sollten die Idee eines Klimapasses für Klimavertriebene international vorantreiben … Wir sollten auch prüfen, Katastrophenvertriebene unter subsidiären Schutz zu stellen.“ Von wie viel Klimavertriebenen spricht Göring-Eckardt? Von Millionen? Von Milliarden? Weiß sie überhaupt, wovon sie spricht? Müssen Klima-Erleuchtete wissen, wovon sie sprechen? Sie müssen doch nur fühlen, dass sie richtig liegen. Die Migration von immer mehr Menschen in das deutsche Sozialsystem treibt die EKD auch durch die Unterstützung der sogenannten Seenotrettung tatkräftig voran.

So schafft man durch die Religion der Klimaapokalyptik eine neue Kirche mit einem neuen Glauben – und so ganz nebenbei auch ein neues Volk.


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