Der „Gottesdienst der Diversität“ wurde zu einer pompösen Demonstration der neuen Kultur einer freiheitsfeindlichen und ideologiebesessenen Unkultur. Die rot-grünen Eliten verfolgen eine anti-individualistische Politik: Die Roten werten das Individuum ab mit der Überbetonung eines vermeintlichen Gemeinwohls. Der Einzelne hat sich in verpflichtender Solidarität dem „Wir“ unterzuordnen.
Die Grünen mit ihrer Fixierung auf das Klima haben sogar anti-humanistische Tendenzen, indem sie den Menschen als den großen Störenfried von Natur und Klima abwerten. Selbst die FDP definiert „Freiheit“ nicht mehr vom Menschen her, wenn sie bei Wind- und Sonnenenergie von „Freiheitsenergien“ spricht. Die rot-grüne Weltanschauung reicht weit in die FDP und Merkel-Polenz-CDU hinein. Durch die künstliche Intelligenz bekommt der Abwertung des einzelnen Menschen noch zusätzliche Schubkraft von technischer Seite.
Damit gerät die gegenwärtig dominante Geisteshaltung in Konflikt mit dem Grundgesetz, das als Reaktion auf die Erfahrung des Nazi-Totalitarismus eine menschenfreundliche „Zivilreligion“ in Deutschland mitgeprägt hat. Das Grundgesetz stellt das Individuum in den Mittelpunkt, vergewissert es seiner Grundrechte und schützt damit die Bürger vor den Übergriffen des Staates. Das Grundgesetz steht kollektivistisch-autoritären Bewegungen und damit Rot-Grün im Kern entgegen. Der Beat des Grundgesetzes ist nicht ein einfältiges „Vielfalts-Wir“, sondern das fruchtbare Zusammenspiel von vielfältigen „Ichs“. „Nur wenn man den Staat vom Einzelnen her denkt, kann er freiheitlich sein. Die Würde des Menschen ist unantastbar, nicht die des Kollektivs“ (Prof. Franz Lindner).
Es ist darum leider folgerichtig, dass im rot-grünen Zeitgeist das Grundgesetz durch Netzwerkdurchsetzungsgesetz, Infektionsschutzgesetz, unkontrollierte Einwanderung, Klimagrundsatzbeschluss etc. immer weiter zugunsten vermeintlich höherer Güter ausgehöhlt wird. Das symbolische Bild dafür ist für mich der einsame Demonstrant in der Coronazeit auf dem Marktplatz mit dem Grundgesetz in der Hand, der von der Polizei als Repräsentant der Exikutive rabiat zu Boden gerissen wurde. „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann“ (Prof. Ernst-Wolfgang Böckenförde). Der rot-grüne Zeitgeist zerstört mit seiner anti-individualistischen Ausrichtung die Voraussetzung des freiheitlich-säkularen Staates.
Doch wenn die geniale Konzeption des alten Grundgesetzes nicht mehr verstanden werden will und entsorgt werden soll, dann braucht der Zusammenhalt der Gesellschaft ein neues Bindemittel, ein Surrogat, eine neue rot-grüne „Zivilreligion“. Da hat sich in den letzten Jahren ein Konglomerat ideologisch gesteuerter Setzungen mit den Dogmen Migration-Klima-Pandemie-Gender-AntiRechts herausgebildet. All diese eher machtsichernden als staatstragenden Dogmen haben universalistische und anti-individualistische Tendenzen:
- Migration zielt auf ein imaginiertes Weltwohl zu Lasten des einzelnen Bürgers; der muss das „nur“ finanzieren, die damit einhergehende Kriminalität schlucken und die Veränderung seiner Kultur hinnehmen; bei kritischen Rückfragen wird er als „Ausländerfeind“ und „Nazi“ diffamiert.
- Die Pandemie ging auf Kosten der individuellen Freiheitsrechte, die zugunsten einer behaupteten Volksgesundheit und für das vermeintliche Funktionieren des Gesundheitswesens rabiat eingeschränkt wurden.
- Der „Kampf gegen Rechts“ beschneidet die politische Freiheit des Individuums im Links-Rechts-Spektrum einfach mal um 50 Prozent.
- Klima sieht den Menschen sowieso nur als Übeltäter.
- Und selbst die Genderideologie ist im Grunde anti-individualistisch; zwar kann ein einzelner Mensch ein beliebiges Geschlecht nach seinem Willen beanspruchen, aber das hat auf der anderen Seite einen hohen anti-individualistischen Preis: Dritte sind unter Strafandrohung gezwungen, jede Person, die per Sprechakt ihr Geschlecht wechselt, in ihrem neuen Geschlecht zu akzeptieren, selbst wenn es der empirischen Wahrnehmung widerspricht und dadurch eigene Empfindungen und Schutzräume für null und nichtig erklärt werden. Die Genderideologie ist also nur auf den ersten Blick eine liberale Bewegung. Auf den zweiten Blick ist sie höchst antiliberal, denn die Durchsetzung ihrer Herrschaft baut auf Autoritarismus und Zwang.
In dem Konglomerat der neuen „Zivilreligion“ spielt die Genderideologie eine wichtige Rolle. Sie hat eine Flagge, die Regenbogenflagge. Diese hat man sich vom jüdisch-christlichen Glauben (Genesis 9,16) unter den Nagel gerissen. Eine anerkannte Fahne ist nicht zu unterschätzen, denn sie hat einen hohen symbolischen Wert und war häufig für Zivilreligionen von immenser Bedeutung. Fahnen prägen nonverbal das Unterbewusstsein und sie stecken Herrschaftsgebiete ab. Selbst auf dem Reichstag kann Schwarz-Rot-Gold, gemäß GG Art. 22 die Flagge der alten „Zivilreligion“,
abgenommen werden und durch die Regenbogenfahne ersetzt werden. Vor Kirchen und Sportstätten, in Unternehmen und Kultureinrichtungen – in allen gesellschaftlichen Bereichen wird die neue „Zivilreglion“ mit ihrer Flagge promotet. Selbst das Verkehrszeichen „Zebrastreifen“ wird mithilfe der Regenbogenflagge zu einem Propagandamittel.
Bei Olympia kam eine weitere Nuance dazu. Hier wurde etwas inszeniert, das von vielen als Kitsch oder Verballhornung des christlichen Glaubens empfunden wurde. Das greift meines Erachtens zu kurz. Ein „Gottesdienst der Diversität“ wurde gefeiert, der in einer doppelten Symbolik eine antike götterfestlich-bacchisch-dionysische Szene mit der Form des Abendmahlsgemäldes von Leonardo da Vinci vereinigte. Dabei dominierten „Götter“ das Geschehen, die in ihrer Aufmachung der LGBTQ-Community entsprechen. Die Genderideologie wurde mithilfe von christlichen und antiken Versatzstücken pseudo-mythisch und schein-spirituell zum Genderkult überhöht.
Das Sportfest Olympia wurde vor weltweit einer Milliarde Zuschauern zu einer fundamentalthologischen und missionarischen Gelegenheit für die neue „Zivilreligion“ des Westens benutzt. Frankreich ist nur äußerlich ein säkularer Staat. Die verwaisten jüdisch-christlichen Altäre sind mittlerweile fest in der Hand von neuen zivilen Göttern, die wie bei allen Religionswechseln sich gern mit den abgebrochenen Federn der alten verachteten Religion schmücken. Es ist die Frage, ob solche aufgeblasenen Inszenierungen lediglich Hohlheit überspielen und letztlich so unfruchtbar sind wie Kastraten.
Die bundesdeutsche „Zivilreligion“ des Grundgesetzes stand für höchste innere geistige Kompatibilität mit der Klugheit der antiken Philosophie, des römischen Rechts und des Christentums. Sie bewährte sich gesellschaftlich in einer zuverlässigen und befriedenden Alltagstauglichkeit. Sie stand für das Ausbalancieren von weitherziger Vielfalt und nicht für eine alternativlose Einfalt im Namen der Vielfalt.
Die neue „Zivilreligion“ dagegen steckt in sich voller Ungereimtheiten. Sie will alle einschließen, schließt aber de facto Andersdenkende und gewachsene Traditionen aus. Damit ist sie im Kern totalitär unter dem Lippenstift der Vielfalt. Echte Inklusion gibt es nur über prozessorientierte Vielfaltsregulatoren, so wie es das Grundgesetz ist.
Es darf bezweifelt werden, dass die totalitäre Regenbogen-Vielfaltsideologie die Kraft hat, eine gespaltene Gesellschaft in ein fruchtbares Miteinander der vielfältigen gesellschaftlichen Interessengruppen zu führen. Da helfen dann auch keine 100 Millionen Euro teuren Disneyland-Paris-Inszenierungen, mit denen der Westen bei einem Sportfest seinen Bruch mit seinen gewachsenen und bewährten Traditionen aller Welt pompös vor Augen geführt hat.