Tichys Einblick
Vergifteter alter Wein in neuen Schläuchen

„Du bist nichts, Solidarität ist alles“

"Er ist ein Mensch in Gottes Hand, und wird ein Beispiel der Hoffnung sein für viele, die für sich und diese Welt nichts mehr erwarten.“

IMAGO / Jochen Eckel

Deine Grundrechte sind nichts – die Besiegung des Corona-Virus ist alles.

Deine Meinung ist nichts – die Community-Richtlinien von Youtube sind alles.

Dein Eigentum ist nichts – soziale Gerechtigkeit ist alles.

Dein Urlaubswunsch nach Mallorca ist nichts – die Klimarettung ist alles.

Deine Sorge um den Sozialstaat ist nichts – die unbegrenzte Willkommenskultur ist alles.

Deine freie Impfentscheidung ist nichts – eine hohe Impfquote ist alles.

Deine Liebe zur deutschen Sprache ist nichts – gendergerechte Ausdrucksweise ist alles.

Deine finanziellen Verluste wegen Niedrigzinsen sind nichts – das zinslose Schuldenmachenkönnen der Staaten ist alles.

Dein vielstimmiges Abwägen ist nichts – moralisierende Schwarz-Grünweiß-Denke ist alles.

Dein Beharren auf wissenschaftlichen Diskurs und Falsifikation ist nichts – „die Wissenschaft“ ist alles.

Im Wahlkampf lächelt mir „RESPEKT FÜR DICH“ von den Plakaten entgegen.
Doch von Respekt gegenüber Querdenkern, Andersdenkenden, Nachdenkenden, Vordenkenden und Freidenkern spüre ich in unserem Land leider nicht viel.
Gilt der Respekt nur den eigenen Gesinnungsgenossen, mit denen man per Du ist?

Respekt vor Individualität war gestern.
Heute soll es wieder so sein wie vorgestern: Hoch lebe das „Individuum“, sofern es freiheitlich in das geschichtlich Notwendige einstimmt und im solidarischen Du-Kollektiv aufgeht!

Doch wie immer in einfältigen Gesellschaften merken die Menschen in der Mitte nicht, wie es an den Rändern bröckelt. Bei der kommenden Bundestagswahl wählt wahrscheinlich jeder fünfte Wähler eine Partei jenseits der etablierten Parteien. Der heute verengte Meinungskorridor der ehemals erfreulich breit aufgestellten Volksparteien ist für viele zu stickig geworden. Sie haben Sehnsucht nach neuem Wein in neuen Schläuchen.

„Ein Gruß dem Menschen,
der den Widerspruch wagt
und nicht längst verschlissene Phrasen wiederholt,
sondern seine Ohren öffnet für neue Worte.

Ein Gruß dem Menschen,
der aus der Reihe tanzt
und nicht dem Trend der Mehrheitsmeinung folgt,
sondern täglich nach Gottes Willen fragt.

Ein Gruß dem Menschen,
der in guter Hoffnung lebt
und nicht im Kreise müde grinsender Leute sitzt,
sondern von Gott Überraschungen erwartet.

Er ist wie ein Baum am Bachufer,
wird unter grünen Blättern Frucht bringen,
und seine Spuren wird der Wind nicht verwehen.

Er ist ein Mensch in Gottes Hand,
und wird ein Beispiel der Hoffnung sein für viele,
die für sich und diese Welt nichts mehr erwarten.“

(Die Bibel, Psalm 1 nach einer Übertragung von Johannes Hansen)

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