Tichys Einblick
Vorwort zum Sonntag

Die deutsche Nationalhymne als Bollwerk gegen Ideologie

„Vielfalt“ ist in aller Munde. „Vielfalt schießt Tore“ heißt es zu den bisherigen EM-Siegen der Deutschen. „Kirche der Vielfalt“ ist der Slogan einer Kirchengemeinde, die einen professionellen Boxkampf vor Zuschauern in ihrer Kirche stattfinden lässt. Bei näherem Hinsehen werden allerdings die Tücken dieser modernen Ideologie deutlich.

IMAGO

In Deutschland leben 84 Millionen Menschen, die alle unterschiedlich sind. Jeder hat einzigartige Wurzeln und Prägungen. Jeder hat eine einzigartige Persönlichkeit mit vielfältigen Licht- und Schattenseiten. Jeder hat sein einzigartiges Meinungsmosaik. Deutschland IST durch und durch vielfältig. Vielfalt ist kein Ziel, sondern immer bereits Vorfindlichkeit. Und je mehr Freiraum der Staat und die Gesellschaft den einzelnen Menschen erlauben, desto entspannter und kraftvoller kann sich dieser 84-Millionen-Vielfalts-Schatz entfalten. Freiheit ist der Dünger, der Vielfalt zum Wachsen bringt. Darum heißt es in der deutschen Nationalhymne: „Einheit, Recht und FREIHEIT für das Deutsche Vaterland“. Vielfalt ist eine Nebenwirkung von Freiheit.

Fatalerweise versuchen linksgrüne Vielfaltsmissionare unser Land „vielfältiger“ zu machen, indem sie Freiheit abbauen. Die Freiheit „rechts“ zu sein, wird bekämpft, wobei nicht klar definiert wird, was „rechts“ ist. Undefinierte Gummi-Begriffe sind besonders einschüchternd und erstickend. „Vielfalt fördern“ durch „Vielfalt bekämpfen“, auf so eine Idee muss man erst mal kommen.

Statt Freiheit als Vielfältigkeitsturbo betrachten die Vielfaltsmissionare heute vor allem die Vielfalt an Hautfarben als entscheidendes Kriterium für Vielfalt. Vielfalt scheint mehr mit körperlichen Merkmalen zu tun haben als mit Offenheit und Weite in Vernunft- und Debattenkultur.

Eigentlich können die linksgrünen Vielfaltsmissionare die Vielfalt sehr leicht steigern. Sie brauchen sich nur eine Obstschale mit unterschiedlichen Früchten hinstellen und diese dann über einige Wochen nicht berühren. Das wird garantiert vielfältig. Nicht nur die Obstfrüchte werden vielfältige Formen annehmen. Auch das Tierleben der Obstschale wird erstaunlich vielfältig werden.

Ich persönlich mag solche vielfältig gährenden Obstschalen nicht. Nicht jede Vielfalt finde ich erstrebenswert. Gut wenn wir einen Rechtsrahmen haben, der eine gute Vielfalt bewahren will. Mafia, arabische Clans, rechtsextremistische Ewiggestrige, kalifatsfordernde Muslime und linksgrüne Antisemiten sind gewiss vielfältig. Aber dagegen bevorzuge ich den liberalen Rechtsstaat. Und so betont die deutsche Nationalhymne, die eine gute Vielfalt bewahren will: „Einigkeit und RECHT und Freiheit für das deutsche Vaterland.“

Mit Freiheit und Recht kann gute Vielfalt entstehen und gedeihen. Da braucht man keine Propaganda für Vielfältigkeit an Zebrastreifen, vor Kirchen oder Sportstadien. Gleichschaltung lässt sich nur mit staatlicher und propagandistischer Macht durchsetzen und regulieren. Vielfalt dagegen lebt davon, dass der Staat sich zurücknimmt und seinen Bürgern Raum gibt.

Doch wenn man vor lauter vielfältigen Bäumen den Wald nicht mehr sieht, dann ist es gut, wenn ein Land in aller Freiheit und Vielfalt einigkeitsstiftende Bindungen hat. „EINIGKEIT und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland.“ In einem gesunden Land gibt es gesunde Institutionen, die als verbindendes Drittes oberhalb aller Vielfalt dafür sorgen, dass ein Land nicht vor lauter Vielfalt und zentrifugalen Kräften auseinanderfliegt. Solche verbindenden Institutionen sind das Grundgesetz als vielfaltsregulierende Basis-Spielregel. Da ist die deutsche Sprache als Bindemittel. Da sind einige grundlegende gemeinsame kulturelle Eckpunkte. Das ist der Sport, wenn er sich nicht politisch instrumentalisieren lässt. Da ist ein Bundespräsident oberhalb aller Parteiungen, sofern er sich nicht als einseitiger Polit-Aktivist selber delegitimiert.

Eine gemeinschaftsförderliche Vielfalt gibt es nur eingebettet in die grundlegenden Aussagen unserer Nationalhymne: „Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland“. Wer Vielfalt pentrant betont und mit privilegierten Fahnen den Menschen politisch einäugig an allen Ecken aufdrängt, der darf sich nicht wundern, wenn er in einer Gesellschaftsform landet, die an der Außenfassade vor Vielfalt nur so strotzt, die jedoch in ihrer Substanz erschreckend einfältig ist.

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