„Dieses Jahr ist mir gar nicht nach Weihnachten zumute. Meine Stimmung ist am Boden“, so klagt mir eine Frau weinend am Telefon. Und so geht es wohl vielen in unserem Land. Ich habe noch nie so viele Menschen in meinem Umkreis erleben müssen, die bis in schlaflose Nächte hinein existentielle Ängste haben. Seien es Ängste persönlicher Natur. Oder seien es Ängste gesellschaftlicher Natur, weil die rechtsstaatlichen und wirtschaftlichen Fundamente unseres Landes unter dem Beifall einer vermeintlichen Mehrheit vor unseren Augen zerstört werden. „Für meine Regierung gibt es keine roten Linien mehr.“ Wenn das der neue Kanzler sagt, dann sehe ich schwarz, selbst wenn wir eine weiße Weihnacht bekommen sollten.
In den letzten drei Jahre ist mir Gottes Licht noch wichtiger geworden; wenn mich meine Kirche schwer enttäuscht hat; wenn ich darunter leide, dass manche Mitmenschen mehr von Exkommunikation als von Kommunikation halten; wenn Gutmenschen genau zu wissen meinen, was das einzige Richtige ist und mir das mit mehr oder weniger Gewalt überstülpen wollen.
In all dem habe ich Gottes Licht neu lieben gelernt, das sich mir in dem kleinen Baby von Nazareth nicht gewaltsam aufdrängt. Und das Licht Gottes scheint erstaunlicherweise nicht in den Regierungsbezirken von Jerusalem, sondern im kleinen Stall von Bethlehem; in Gottes Licht wird das Kleine ganz groß.
Mitten in der Nacht. Die WeihNACHT. Das Fest für alle, die im Dunkeln sitzen.
Was für ein Trost! Ein göttliches Licht, das außerhalb von mir leuchtet, selbst wenn meine Batterien am Ende sind.
Mit einem stärkenden Bibelwort, das ich in stiller Zeit meditiere.
Mit geistlicher Musik, die mich vor Freude singen und tanzen lässt.
Mit einem offenen und ehrlichen Gespräch in echter Gemeinschaft.
Mit dem Betrachten der Adventskerzen, die mich wieder an das Licht glauben lassen.
Mit einem kleinen Festessen, das mir im Genuss Genesung schenkt.
Anders könnte ich all das Dunkel kaum ertragen.
Und ich bete die Worte Dietrich Bonhoeffers, die ihm im Gefängnis geschenkt wurden:
„Gott, zu dir rufe ich:
In mir ist es finster, aber bei dir ist das Licht.
Ich bin einsam, aber du verlässt mich nicht.
Ich bin kleinmütig, aber bei dir ist die Hilfe.
Ich bin unruhig, aber bei dir ist der Friede.
In mir ist Bitterkeit, aber bei dir ist die Geduld.
Ich verstehe deine Wege nicht, aber du weißt den Weg für mich.“