Bilder können wunderbar lügen. Das Titelbild auf einer Spiegel-Ausgabe aus dem Jahr 1986: Dem Kölner Dom steht die Nordsee bis zum Halse. Ein einziges Bild, mit dem die Medienkarriere der „Klimakatastrophe“ durchgestartet ist. Ein einziges Bild, das im Andocken an das archetypische Bild der Sintflut die Menschen hineintreibt in Angst und Schrecken über den Weltuntergang. Ein einziges Bild, das mit all seinen Zwillingsbildern von schrecklichen Überschwemmungs- und Dürrekatastrophen die Klima-Kulturherrschaft übernommen hat.
Das Titelbild des Spiegels macht nicht deutlich, dass bei einem jährlichen Anstieg der Nordsee von 2 bis 3 mm die Dom-Fotomontage das Jahr 24.000 (!) n.Chr. widerspiegelt; falls nichts dazwischenkommt. Doch es geht nicht um Vernunft und Nüchternheit. Es geht um ganz großes politisches Kino mit einem einzigen Bild.
Im dazugehörigen Wortbeitrag prognostiziert der Spiegel 1986 hellseherisch und punktgenau die Zukunft: „Jetzt, im Sommer 2040 (!), ragen die Wolkenkratzer New Yorks weit vor der Küste wie Riffs aus der See. Überflutet, vom Meer verschluckt, sind auch Hamburg und Hongkong, London, Kairo, Kopenhagen und Rom.“ Die Realität hat diese hochdramatischen Worte schon schnell als sektiererische Endzeit-Panikmache entlarvt; Spiegel-Journalismus auf Wachtturm-Niveau.
Der Text ist, Gott sei Dank, vergessen. Aber das Bild vom Kölner Dom in der Nordsee ist in den Köpfen und Herzen hängen geblieben: „Alarmstufe rot! Schon bald steht uns das Wasser bis zum Halse.“
Keine Frage, auch mit Worten kann man wunderbar lügen. Aber eine ganze Gesellschaft mit nur einem Text in große Emotionen zu versetzen, das ist ungleich schwieriger.
- Bilder lügen besser, einfacher, schneller, emotionaler, tiefgehender, beschlagnahmender.
- Bilder gehen direkt unter die Haut; subkutan, mitten hinein in emotionale Tiefenschichten.
- Bilder können mich unter Umgehung des Kopfes in Besitz nehmen, können mich zu einem Besessenen machen.
- Bilder können gigantische Scheinwirklichkeiten errichten, können Massen elektrisieren und manipulieren; viel unabhängiger von der Bildung und vom Alter, als Worte es können.
Ein kleiner Film von einer Intensivstation, wo sich in Nahaufnahme ein 15-jähriger Covid-Patient zu Tode quält, künstlich beatmet, neben einer in Tränen aufgelösten und überarbeiteten Krankenschwester – dagegen haben differenzierte und ausgewogene Wortartikel über die Covid-Gefahr für 15-Jährige keine Chance. Mit den Horrorbildern von der Intensivstation wird ein Teil der Realität zum Zentrum der Realität gemacht, ja emotional festgezurrt, sodass sich vermeintlich jede weitere Diskussion von selbst verbietet.
Das biblische Bilderverbot ist für mich darum ein wichtiges Korrektiv in einer Zeit, wo Kameratechnik und Fotomontage die Wahrheit bestimmen. „Lass dir deine Freiheit nicht rauben, indem du dich von fixierenden Bildern beschlagnahmen lässt“, so möchte ich das zweite Gebot der Zehn Gebote modern übersetzen. Und was für mein Gottesbild gilt, das möchte ich weit darüber hinaus in meinem Alltag groß werden lassen; gerade auch im Umgang mit modernen visuellen Medien.
Denken darf nicht durch ein Bild ersetzt werden.
Wahrheit darf nicht durch Buntheit zerstört werden.
Diskussion darf nicht durch Inszenierung verdrängt werden.
Lösungssuche darf nicht durch fertige Bilder abgewürgt werden.
„Am Anfang war das Wort. Und das Wort war bei Gott. Und Gott war das Wort“ (Johannesevangelium 1,1).
Bilder sind nachrangig.
Aus gutem Grund.
Im Namen des offenen Diskurses.
Im Namen der Freiheit.