Tichys Einblick
Biblische Anregungen

Der Hass ist besser als sein Ruf

„Alles hat seine Zeit. Lieben hat seine Zeit; hassen hat seine Zeit“ (Prediger 3,8). Während der gutmenschliche Staat den Hass bekämpft, geht die Bibel erstaunlich wertschätzend und konstruktiv mit dem Hass um.

CDU/CSU und SPD haben in Deutschland 2017 die Zensur gesetzlich eingeführt. Allerdings haben sie ihr „Zensurgesetz“ nicht klar beim Namen genannt. Die Parteien, die die Demokratie für sich beanspruchen, wissen, dass man es hübsch verpacken muss, wenn man das Grundgesetz mit Füßen tritt. Darum heißt das deutsche Zensurgesetz offiziell „Regeln gegen Hass im Netz – Netzwerkdurchsetzungsgesetz“.

„Hass ist keine Meinung“. Richtig, Hass ist ein Gefühl. Und da gibt es tatsächlich Parteien, die die Gefühle ihrer Bürger regulieren wollen.

Damit hat sich der Staat in Teufels Küche manövriert. Der Hass als „starkes Gefühl der Ablehung und der Feindschaft“ ist nicht nur menschlich, sondern darüber hinaus wichtig und wertvoll. Hass ist die Kehrseite der Liebe:

„Alles hat seine Zeit: Lieben hat seine Zeit; hassen hat seine Zeit“ (Prediger Salomo 3,8). So offen geht die Bibel mit den antagonistischen Gefühlen Liebe und Hass um. Beides hat seine Zeit. Beides hat seine Berechtigung.

Wer etwas von Herzen liebt, der kann gar nicht anders, als das zu hassen, was das zerstören möchte, was er liebt. „Sollte ich nicht hassen, Herr, die dich hassen (…) Ich hasse sie mit ganzem Ernst“ (Psalm 139,21 f.).

Wo Liebe ist, da ist Hass. Wer den Hass verbietet, der beschneidet damit auch die Liebe.

„Gott ist die Liebe“ (1. Johannes 4,16). Darum ist selbstverständlich auch der Hass in Gott. „Ich, Jahwe, hasse die Habgier“ (Jesaja 61,8). „Ich hasse eure Feste“, das muss der Prophet Amos in Gottes Namen dem Volk Israel mitteilen, als dieses zwar große religiöse Feste feiert, sich aber ansonsten wenig um Gottes Weisung kümmert (Amos 5,21).

Jesus, der im christlichen Glauben als wahrer Gott und wahrer Mensch den Gott der Liebe repräsentiert, kann mit Fug und Recht „Hassprediger“ genannt werden. Jesus ruft seine Jünger dazu auf, um des Himmelreichs willen, „Vater und Mutter zu hassen“, sofern diese der Liebe zu Gott im Wege stehen (Lukas 14,26). Das sagt Jesus, der noch am Kreuz seiner Mutter einen Stiefsohn schenkt, damit sie irdisch auch ohne ihn gut versorgt bleibt. Aber gegen eine übermäßige Familienliebe betont Jesus: Wer Gott liebt, der wird in bestimmten Fällen nicht umhinkommen, selbst die Familie als eines der wichtigsten und schönsten irdischen Geschenke ins zweite Glied zu rücken, damit sich die familiäre Bindung nicht hinderlich zwischen Gott und Mensch stellt. Der Glaube schenkt Freiheit von familiären Überbetonungen.

Liebe und Hass sind wertvolle und wichtige Gefühle. Sie machen wichtige Bedürfnisse sichtbar. Sie können nicht verboten werden. Sie können nicht verhindert werden.

Wer sie verbietet, verstärkt sie nur. Wenn ich meiner Tochter verbiete, Tomaten zu hassen, dann wird sie nicht nur Tomaten hassen, sondern auch noch mich, der ich ihre Gefühle verbiete. Aber ich kann den Hass meiner Tochter kanalisieren und seine Energie fruchtbar machen, indem ich mit ihr andere Gemüsesorten suche, die sie gerne isst und die für eine gute Ernährung sorgen.

Ein Staat, der Hass und Hetze verbieten möchte, was ihm natürlich niemals gelingen kann, ist Gift für die Menschen und ihr Zusammenleben. Nichts macht den Hass stärker, destruktiver und unberechenbarer als ein Verbot des Hasses.

Da freue ich mich über Gottes Wort. Was für eine erfrischende Korrektur gegenüber zeitgeistigen Anmaßungen. Hier werden Liebe und Hass in ihrer Dialektik ernst genommen. Diese Spannung gilt es zu akzeptieren und dann in eine lebens- und gemeinschaftsförderliche Ausdrucksweise zu bringen.

Ein unkontrolliert ausgelebter Hass kann natürlich Angst machen. Aber ein Verbot des Hasses würde diese dunkle Seite noch verstärken. Eine realistische und liebesorientierte Bibel befreit aus solchen Engführungen.

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