Wer gedacht hat, dass nach einer Physikerin, die NOX und Feinstaub aus einem modernen Dieselauto für tödlich hält und deshalb die Autoindustrie abwrackt, die aus Angst vor einem Tsunami die sichersten AKW der Welt abschaltete und die in kindlichem Zorn einen ihr widersprechenden Spitzenbeamten feuern ließ, das Schlimmste überstanden sein könnte, sollte sich nicht zu früh freuen. Merkels Verhalten, irgendwo zwischen spät-kindisch und früh-diktatorisch, steht für einen Zeitgeist, der sich mit Infantilisierung der Politik ganz gut beschreiben lässt. Da gehören dann Kuscheltiere zur Begrüßung von Männerhorden mit Klappmessern in der Tasche genauso dazu wie das Aufstellen eines Flüchtlingsbootes unter Gebimmel und Weihrauchschwenken im Kölner Dom.
Wie hat das alles angefangen? Die einen meinen mit Claudia Roth und ihrem Sonne-Mond-und-Sterne-Börek-ess-ich-gerne Geplapper, und ja, das Synonym-Lexikon bietet für „infantil“ die Worte „kindisch“ und „grün“ an. Wenigstens wissen wir schon, wie es weiter geht.
Höhepunkte der letzten Tage: Klein Greta aus Schweden entzückt das politisch höhenkranke Davos mit ihrer Klima-Angst und Annegret, Andrea, Annalena und Robert – immerhin die Spitzen unserer amtierenden und womöglich der folgenden Regierung – schickten einen Brief an „die Briten“, sie mögen doch bitte, bitte in der EU bleiben, weil sie sie sonst ganz schrecklich vermissen würden. Die peinlichen Vier würden „den englischen Tee“ vermissen, und den „schwarzen Humor“, und „wie ihr immer ein Feierabend-Ale im Pub trinkt“ und „wie ihr immer auf der linken Seite Auto fahrt“ und noch ganz viel mehr. Also, bitte, bitte bleibt doch, schließlich „ist keine Wahl irreversibel“, auch der Brexit nicht, „unsere Tür bleibt jedenfalls immer offen“. Den offenen Brief in der Times unterschrieben nicht nur Kramp-Karrenbauer, Nahles, Baerbock und Habeck, sondern auch der BDI-Präsident, der DGB-Vorsitzende, Betbruder Bedford-Strohm, der Daimler-Chef und die Tote-Hose Campino. Und Norbert Röttgen.
Nun sind englische Politiker seit Jahrhunderten für ihre Narreteien und Spleens wohlbekannt, aber eine Antwort auf diesen Unfug wäre selbst denen zu dumm gewesen. Deshalb hat die Boulevardzeitung „The Sun“ die Aufgabe übernommen, Gleiches mit Gleichem zu vergelten.
„Liebes Deutschland
Wir dachten immer, ihr hieltet uns für eine ineffiziente Insel voller betrunkener Dummköpfe, umso gerührter waren wir, als wir lasen, wie lieb ihr uns in Wahrheit habt.
Aber keine Sorge, wir vermissen an euch gar nichts, weil wir nämlich gar nicht weggehen. Schließlich verlassen wir nicht Euch, sondern nur die EU.
Auf unseren Straßen ginge es nur halb so schnell und doppelt so unzuverlässig zu ohne eure brillanten BMW, Audi, Mercedes und Porsche. Unser Radio wäre arm dran ohne eure großen B – Bach, Beethoven und Brahms. Was wären unsere Britischen Backwettbewerbe ohne deutsche Öfen von Neff?
Nein, nein, wir werden auch weiterhin im Sommer neben euch bruzzeln und uns um die Liegestühle am Pool streiten, die ihr frecherweise um fünf Uhr Morgens mit einem Handtuch vorreserviert habt. Wir werden uns weiterhin kistenweise euer feines Beck‘s Bier reinziehen und niemals eine Bratwurst ablehnen. Nie hören wir auf, eure Claudia Schiffer und Heidi Klum anzuhimmeln. Und seit Fußball-Legenden wie Beckenbauer wird jedes Match zwischen unseren Nationen mit der gleichen Hysterie begleitet werden und kein Sieg freut uns mehr als der über euch. Call it schadenfreude, if you like.“
Dann rühmt die „Sun“ Bosch-Geschirrspüler, Miele-Staubsauger, DeWalt-Bohrer, Jurgen Klopp, Leroy Sane, Aldi and Lidl, und oh ja, „unsere Queen ist ein kleines bisschen deutsch“.
„So leicht werdet ihr uns nicht los. Wir werden uns weiterhin über eure völlige Humorlosigkeit und eure komischen Lederhosen amüsieren, und wir werden euch auch in Zukunft auf dem Oktoberfest unter den Tisch trinken.
Im Gegenzug könnt ihr weiter mit eurer famosen Leistungsfähigkeit angeben und eure Türsteher können unsere Junggesellenabschieds-Parties vom Berliner Berghain, „the world’s coolest club“ (wie ihr meint), fernhalten.
Wie Queen Victoria und ihr deutscher Prinz Albert sind wir füreinander gemacht. Ihr gabt uns Kraftwerk, wir euch die Beatles, die sich in Hamburg die Hörner abstießen, und Bowie, dessen zweite Heimat Berlin wurde. Ihr seht gut aus in Adidas, Puma oder Boss, und wir wissen, dass euch Burberry und Topshop gefällt.
Und mal ehrlich, jedes Jahr zieht ihr euch die olle Klamotte Dinner for One rein? Wenn das nicht Liebe ist, dann wissen wir‘s auch nicht…“
(…)
„So let’s not allow Brexit to come between us. If we can put two World Wars and five World Cups behind us, we can certainly manage a little regulatory divergence and the odd new treaty (Geben wir dem Brexit keinen Raum zwischen uns. Wenn wir zwei Weltkriege und fünf Wolrld Cups hinter uns bringen konnten, können wir auch kleine Regulierungsstörungen managen und den kuriosen neuen Vertrag.)
It’s not auf wiedersehen, yet.
Lots of love, your British friends“