Tichys Einblick
The Irony Man

Geschichte: Und sie wiederholt sich doch

Man könnte sagen: Es war nur eine Bierzelt-Rede. Es war heiß. Nicht ganz ernst gemeint. Oder wir tun mal so, als ob Angela Merkel meint, was sie sagt.

Leider werden in Europa zu viele Sprachen gesprochen, so dass wir vieles nicht selber lesen können, was die Mit-Europäer über Merkels Bierzelt-Rede geschrieben haben – bei den meisten werden wohl dieselben Jubelarien verfasst worden sein wie bei uns, schließlich gehören viele Blätter zu irgendeinem deutschen Medienkonzern.

Merkels hiesige Hofberichterstatter jedenfalls folgen ihr, wohin sie auch gehen will, auch wenn sie selber nicht weiß, wo das ist. Vielleicht sind die Journos in die Gender-Falle getappt? Stellen wir uns mal nur kurz vor, nicht der Typ „Mutti“ habe gesagt, nun müsse Deutschland seinen (Schicksals ;-)-Weg ohne Groß-Britannien und die USA gehen, sondern ein männlicher Unsympath wie Schulz (er hat das gleiche gesagt, aber das ist von seiner derzeitigen Bedeutung so, als habe es bei Facebook ein unbekannter HatePoster hinter sich gelassen). Da würde den „Europäern“ wohl leicht der „Arsch auf Grundeis“ gehen (in fast ganz Europa altbekannte Landsersprache).

Bei einer Mutti in den besten Jahren klingt das eher nach: Alles muss man selber machen, kochen, putzen, aufräumen! Das wird – und da beisst die Gender-Maus keinen Faden ab – nicht so richtig ernst genommen. Zudem spricht Merkel auch nicht krawallig (Schulz), sondern larmoyant verschwurbelt im Ungefähren („Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei.“).

Muss man davon ausgehen, dass sie nicht mal weiß, wovon sie ein Stück weit gesprochen hat? Wenn sie sich militärisch nicht mehr auf die Amis verlassen kann, und das „jetzt selber in die Hand nehmen will“, muss die Frage erlaubt sein, wie sie das machen will, mit der Möchtegern-Amazone und Bilderstürmerin Ursula Gertrud und ihrer abgewrackten Armee. Angies tapferer Parlamentarier-Haufen kann nicht mal ein Besuchsrecht bei den eigenen Soldaten im „Partner“-Land Türkei durchsetzen. Und ohne logistische Unterstützung der USA müssten Angies Afghanistan-Soldaten zu Fuß nach Hause laufen wie Rudolf Augstein am Ende von WK II aus Russland. Würde sie also wirklich eine Art Schutzmacht aufbauen wollen, dürften die Kosten die Forderungen Trumps nach den abgemachten 2% um ein Zigfaches übersteigen.

Natürlich will sie das alles „nicht alleine“ machen, sondern „mit Europa“. Also gucken wir uns „ihr Europa“ mal an. Frankreich will Geld, viel Geld, wir wollen nicht dran denken, wo Frankreich steht, wenn sie nicht zahlt. Italien hängt schon am Tropf. Die Politiker beider Länder werden zum Schein mitspielen, wie die in Spanien, Portugal und Griechenland auch, solange der Euro rollt. Die Nordländer spielen mit, was aber egal ist, erstens haben sie genug mit der gescheiterten Integration zu tun, und zweitens haben sie es seit Gustav Adolf nicht mehr so mit dem Militärischen. Im Osten sieht’s noch trüber aus. Polen wird wieder einmal Englands Brechstange in Europa sein, ausgestattet mit allen denkbaren Beistandsversprechen von der Insel. Und sein Feindbild ist unverändert Russland – und Deutschland. Blöde Geschichte, blöde.

Wir haben bis jetzt nur von den sich selbst als „Eliten“ empfindenden EU-Nutznießern gesprochen. Bei den „normalen Europäern“ ergibt sich ein sehr viel deutlicheres Bild. Zitieren wir mal den Merkel-Spiegel:

„Bislang waren es vor allem die Deutschen, die unermüdlich auf die Nazi-Vergangenheit zurückblickten. Seit Kurzem machen das auch andere Völker in Europa. Angela Merkel mit Hitler-Bärtchen, deutsche Panzer auf dem Weg in den Süden – es gibt eine Flut von Karikaturen mit diesen Motiven, in Griechenland, Spanien, Großbritannien, Polen, Italien, Portugal. Wird gegen die Europolitik demonstriert, taucht garantiert ein Nazi-Symbol auf.“ Der einfache Europäer weiß anscheinend „woher der braune Wind weht“. Googeln Sie mal „Viertes Reich“.

Warum lesen wir nichts bis gar nichts Kritisches über Merkels Abschied von der West-Politik? Unsere Salon-Journalisten verwechseln Weltpolitik wohl mit einer nicht endenden Kette von fröhlichen Motto-Partys (Klima, Migranten), die sie forsch kommentieren können: Trump, schlechte Frisur, schlechtes Benehmen, den wollen wir nicht mehr sehen.

Es ist schon eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet eine Raute im Hosenanzug den alten Churchill und sein Bild von den Deutschen bestätigt: „The Hun is always either at your throat or at your feet.“ Und selbst Putins Urgroßvater bekommt so langsam sein Wunschdeutschland verwirklicht. „Neutral“, also ohne die anderen Siegermächte England und Amerika.

Ich war schon lange nicht mehr in Berlin. Gibt´s eigentlich den Sportpalast noch?

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