Tichys Einblick
Ehrlich?

Europawahl: Schulz will wieder mitspielen!

Martin Schulz ist aus seinem Hinterbänklerschlaf erwacht und möchte wieder ganz vorne mitmischen. Beim Europa-Wahlkampf.

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Haben Sie es auch übersehen? „Martin Schulz soll führende Rolle im Europawahlkampf einnehmen“, verbreitete am zweiten Weihnachtstag Focus Online, wo wiederum ein „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ als Ursprung zitiert wird. Solche Redaktionsnetzwerke sind beliebte Personal-Sparmodelle für Verlage – eine Journalistentruppe beliefert alle Medien eines Hauses und verdient sich selbst bei der Konkurrenz noch einen Euro dazu. Jedenfalls hatte Schulz wohl Stallwache über die Feiertage und stand gerne für eine Befragung zur Verfügung.

Manch einer mag sich gewundert haben, dass der Genosse Martin im Europawahlkampf eine führende Rolle spielen soll. Schulz wollte ja auch schon mal eine führende Rolle in der Bundesrepublik Deutschland spielen, bis ihm erst die Wähler und dann die Partei sagten: Besser nicht.

Außerdem setzt die Parteiführung gerade zu 99% auf Katharina Barley, die nicht nur aus einer, früher hätte man gesagt, „grenznahen“ Gegend stammt, von wo man mit dem Fahrrad ratzfatz in Frankreich …, und andererseits hat sie einen niederländischen Lover und wahrscheinlich eine polnische Putzfrau. Europa pur. Außerdem wird Barley als Justizministerin eigentlich nicht mehr gebraucht, Heiko Maas hat dermaßen viel vorgearbeitet, dass so gut wie nichts zu tun ist. Barleys englischen Vater wollen wir nur dezent erwähnen, denn womöglich gehören die Briten schon nicht mehr dazu, wenn der EU-Wahlkampf beginnt, was hoffentlich kein Malus für Katharina bedeutet. Ansonsten stehen dem Sieg der Sozialdemokratin nur noch die Demoskopen im Wege.

Vielleicht wird Schulz ja deswegen ins Spiel gebracht. Oder er bringt sich selber ins Spiel, darauf deutet die ungewohnte Bescheidenheit des Großkotz (wie ihn Helmut Markwort in einer Talkshow nannte) hin: „Ich biete meine Arbeit an und dieses Angebot wird von der SPD auch angenommen. Ich bin Teil der Europakampagne im kommenden Jahr.“ Das macht einerseits durchaus Sinn, keiner kennt den EU-Spesenbetrieb besser als 100%- Schulz. Andererseits geht in der EU die Zeit der gefühlten Napoleons unerbittlich ihrem Ende entgegen. Nach Schulzens europaweit unbeweintem Abgang gehören auch Junckers bizarre Auftritte als schwankender Kommissionspräsident schon bald der Vergangenheit an.

Inhaltlich hat Wahlkämpfer Schulz nichts zu bieten. Seine Vorträge, für die Schulz bereits „eine Fülle von Einladungen“ auf dem Tisch zu haben vorgibt, kreisen in der sattsam bekannten Dauerschleife von „Macron“ bis Sondersteuern für Google und Co. und wieder zurück. Ob es Katharina Barley beruhigt hat, dass Schulz sagte „ein Amt strebe er nicht an“? Sie dürfte sich ja noch an die Haltbarkeit des Schulz-Satzes „Ich werde kein Ministeramt unter Angela Merkel annehmen“ erinnern. Aber Sorgen muss sie sich trotzdem keine machen.

Denn Schulz erregte bei dem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk noch mehr Aufmerksamkeit mit seinem Vorschlag „Wir in der SPD sollten deshalb nicht verzagt sein und spätestens zur nächsten Bundestagswahl in einer Urwahl den Spitzenkandidaten bestimmen.“ Na klar, Andrea Nahles und ihre ungefähr 400 stellvertretenden Vorsitzenden werden den Kanzlerkandidaten nicht wie üblich auskungeln, sondern ihre 449.870 Mitglieder darüber befinden lassen. Ach, Schulz! Erstens fehlt der Partei momentan der Cash Flow, um auch noch einen zersetzenden internen Wahlkampf zu finanzieren, und zweitens: auf keinen Fall.

Fakt ist: Martin Schulz ist aus seinem Hinterbänkler-Schläfchen aufgewacht und will wieder was machen. So wie damals, als er „gerne geholfen (hätte), die Europapolitik der SPD umzusetzen. Das hatte ich mir vorgenommen.“ Als Außenminister, Sie erinnern sich. Aber wenn Schulz Schulz sagt, muss er auch Gabriel sagen, denn die Entzweiung der Parteifreunde hat den harmoniebedürftigen Spezialdemokraten doch schwer erschüttert. Vorbei! „Sigmar und mir ist das gelungen. Die Krise ist überwunden.“ Der Siggi ist nämlich „nicht nur emotional sondern auch sehr ehrlich“, weiß Schulz. Was hatte der ehrliche Siggi damals noch über Schulz gesagt?


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