Tichys Einblick
Karneval

Der Humor in Zeiten von Dr. Angela Merkel

Karneval braucht Haltung (der Rote Müller), und die politische Korrektheit kennt keine Fünfte Jahreszeit (die grüne Baerbock), das sind die neuen Regeln. Bei Verstoß droht Fegefeuer!

imago/Eibner

Es gehört zu den beschämenden Mängeln der Regierung Merkel, dass immer noch kein Ministerium für Frohsinn und Heiterkeit geschaffen wurde, wobei die Kanzlerin persönlich noch nicht einmal die Schuld trifft. Zu ihrer Jugendzeit war die Kontrolle des Frohsinns bei der Staatssicherheit angegliedert. Aber die Genossen der West-SPD, und die, die zu den Grünen ‘rübergemacht sind, hätten hier nachdrücklicher fordern müssen, wie sie es bei Klima und Rente ja auch tun.

Stattdessen wird die Kontrolle des Frohsinns quasi teilprivatisiert und von Leuten übernommen, die genauso wie die Vorgänger damals wissen, dass »jede Büttenrede, jeder Gesangsbeitrag, jedes Wagenbild des Umzugs vom Feind für „Störungen der staatlichen Sicherheit und öffentlichen Ordnung missbraucht werden”« kann (Meininger Kreisdienststelle des MfS 1986 in einer Dienstanweisung).

So wurden dem Karnevalisierenden (m/w/d) gerade erst wieder (wenn auch zu spät!) folgende Grundregeln ins Witzebuch geschrieben:

„Fasching und Karneval sind Feste der Toleranz und Lebensfreude; Feste, bei denen alle Menschen zusammen kommen können, um friedlich und unter Gleichen miteinander zu feiern“, so der grüne MdB Sven Lehmann aus dem lustigen Troisdorf.
Der grüne Sven fügte auch gleich wie bei Kohle und Abgas Todesraten dazu: „Die Suizidrate von Intersexuellen und auch Transsexuellen und nicht-binären Menschen sei mehr als doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Bevölkerung.“

Da dürfte Annegret Kramp-Karrenbauer (ihr Vater war ein Kramp) ihr zugegeben magerer Büttenreden-Scherz noch nachträglich übel aufstoßen, den wir aus dokumentarischen Gründen wiederholen müssen:

„Wer war denn von euch vor kurzem mal in Berlin, da seht ihr doch die Latte-Macchiato-Fraktion, die die Toiletten für das dritte Geschlecht einführen.” Der Tagesspiegel notiert lautes Gejohle im Publikum. „Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen. Dafür – dazwischen – ist diese Toilette.”

Bild hat sofort eine Umfrage gestartet, derzufolge 76% den Scherz in Ordnung finden, die anderen haben ihn nicht verstanden. Aber so leicht wird Annegret nicht davonkommen. Denn, so der tadellose Müller-Berlin (Resignierender Bürgermeister), „auch hinter Humor steht immer eine Haltung“. Klar ist der Fall auch für den Humorbeauftragten der SPD, Ralf Stegner, wie für den lustigen Lars (Klingbeil), die selber nur noch lachen, wenn ihre Vorsitzende Andrea sie dazu auffordert – sicher ist sicher.

Für die Grünen ist der Spaß an Karneval schon seit 2017 vorbei, als der berühmte Kölsche „Schutzmann Jupp“ den Claudia-Roth-Witz riss: „Zur Paarungszeit wird die sogar von Buntspechten angeflogen. Obwohl sie rein ornithologisch vom Vögeln keine Ahnung hat.“ Jupp musste in Rente und seither gilt die politische Korrektheit „365 Tage im Jahr, und auch zu Karneval“. (Vorsitzende Baerbock).

Die Staatsratsvorsitzende Merkel hält allerdings weniger von Verboten, weiß sie doch, dass ansonsten der geflüsterte Witz die Stammtische übernimmt, und der wäre nun wirklich lehrkraftzersetzend. (Schönstes Beispiel: „Der Sozialismus siecht!“). Sie
setzt auf klärende Orientierungsgespräche im Vorfeld der tollen Tage, wo sie dem Bund Deutscher Karneval und Abordnungen mit Prinzenpaaren aus den Bundesländern ihre Sicht der Dinge mit auf den Weg gab. Man brauche einen Kulturschatz wie den Karneval, der mehr Farbe in den Alltag bringe. Der Karneval verbinde Tradition und Innovation, weil er sich quasi jedes Jahr neu erfinde mit neuen Musikstücken und Umzugswagen.

Hmm. Tja. Hilft jetzt auch nicht wirklich weiter. Und das Nichtausschöpfen der kanzlerischen Richtlinienkompetenz ist ein Problem, denn so entblöden sich spezialdemokratische Karnevalisten nicht, den amerikanischen Präsidenten als „Kanalratte” zu bezeichnen, die es zu ersäufen gilt, was gemessen an der Reaktion von Altmaier, Nahles und Dreyer als total lustig aufgefasst werden muss.

Trotzdem scheint regierungsparteiübergreifend ausgemacht, die Bütt‘ in Zukunft nicht mehr den Fachkräften des Humors zu überlassen, sondern Spaßkanonen der Parteien direkt zu überantworten. Warmgelaufen haben sich in diesem Jahr etwa die Kalauernde Katharina (Barley) von der SPD.

Wenn auch nicht wegen wohlgesetzter Pointen, so darf doch vom Gesamtauftritt
die Kanzlerin jetzt schon als „Prima Inter Pares Carnivalis“ bezeichnet werden. Ihr Gesichtsausdruck, während sie sagt „Wir tragen und ertragen es mit Humor. Und das fällt uns – ich kann auch sagen mir – relativ leicht“, ist ganz große Karnevalskino.

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